„Während das Machtgefüge zwischen Männern und Männern oder Männern und deren Frauen grundlegend untersucht wurde, ist über reine Frauennetzwerke deutlich weniger bekannt“, sagt Dr. Emma Bérat, die zusammen mit Prof. Dr. Irina Dumitrescu den Workshop veranstaltet. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht, wie sich die weiblichen Netzwerke im politischen Kontext zueinander gestalteten und wie sich ihre privaten und öffentlichen Beziehungen auf die politische Sphäre auswirkten. So waren die Verbindungen zwischen Schwestern, Töchtern und Müttern, Tanten und Nichten oft relevant für die Herausbildung internationaler Diplomatie und dem Aufbau von Macht und Herrschaft.
„Frauen waren teils die Mächtigen der Welt“, sagt Prof. Dumitrescu. Anhand von Briefen, Geschenken, Bildern und literarischen Werken lässt sich ihr Einfluss und ihre Verbindung zueinander nachvollziehen. Ein bekanntes Beispiel ist Eleonore von Aquitanien (um 1122-1204), sie war Herzogin von Aquitanien im französischen Südwesten, durch Heirat Königin von Frankreich, dann von England und eine der einflussreichsten Frauen des Mittelalters. Ein weiteres Beispiel ist die Herrscherin Mathilde (um 1102-1167), die Tochter des englischen Königs Heinrich I. Sie war durch ihre Heirat mit Heinrich V. Kaiserin des römisch-deutschen Reiches. Später war sie für einige Monate die erste weibliche Regentin des Königreichs England - wurde aber nicht gekrönt.
Der Workshop thematisiert ein breites Spektrum unterschiedlicher Quellen aus transkultureller Perspektive. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren über historische Frauen aus West-Europa, Äthiopien, Persien, genauso wie die sagenhaften Amazonen, die Männern gleich in den Kampf zogen. Lucy Pick (University of Chicago) beleuchtet zum Beispiel das Netzwerken von Frauen im elften Jahrhundert, Rebecca Hardie (Göttingen) die Beziehungen von angelsächsischen Schwestern, Alyssa Gabbay (University of North Carolina at Greensboro) fokussiert den vormodernen Iran und Zentralasien. Margaux Herman (CEFF-Addis Ababa/IMAF-Paris) berichtet, wie im 16. Jahrhundert in Äthiopien durch die Verheiratung von Königinnen und Prinzessinnen die besten Allianzen geschmiedet wurden.
Sonderforschungsbereich „Macht und Herrschaft“
Der Sonderforschungsbereich „Macht und Herrschaft – Vormoderne Konfigurationen in transkultureller Perspektive“ erarbeitet mit seinen etwa 70 Mitgliedern ein weites Spektrum von Macht und Herrschaft in vormodernen Ordnungen. Die mannigfache Expertise der beteiligten Projekte speist sich auch und vor allem aus den sogenannten „kleineren Fächern“ der Geisteswissenschaften: Ägyptologie, Anglistik, Archäologie, Germanistik, Geschichte, Indologie, Islamwissenschaft, Japanologie, Kunstgeschichte, Romanistik, Sinologie und Tibetologie. Die Fülle an möglichen Erkenntnissen des SFB 1167 zeigt sich jedoch nicht nur an seiner disziplinären Vielfalt, sondern auch an den zu entdeckenden materiellen Zeugnissen – von altägyptischen steinernen Prunkreliefs über mittelalterliche Baudenkmäler und Wandmalereien bis hin zur tibetischen Königschronik des 17. Jahrhunderts.
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Irina Dumitrescu
Universität Bonn
Tel. 0228/73 7841
E-Mail: idumitre@uni-bonn.de