16. Dezember 2024

Maria als „Gottesgebärerin“? Maria als „Gottesgebärerin“?

+++FORSCHUNGSTICKER UNI BONN: Evangelische Theologie+++

Ist es mit dem rechten Glauben vereinbar, Maria, die Mutter Jesu, als „Gottesgebärerin“ zu bezeichnen? Um diese Frage entbrannten im 5. Jahrhundert christologische Streitigkeiten. Die Akten des III. Ökumenischen Konzils von Ephesus aus dem Jahr 431 bilden die wichtigste Quellengrundlage für Untersuchungen dieser Streitigkeiten. Im Rahmen des DFG-geförderten Langfristvorhabens „Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar und Register“ machen die Herausgeber Prof. Dr. Wolfram Kinzig und Dr. Thomas Brüggemann vom Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn die Dokumente in einer modernen Sprache und kommentiert der Öffentlichkeit zugänglich.

Darstellung des Konzils von Ephesus
Darstellung des Konzils von Ephesus © Philippe Alès - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19987152;
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UM WAS GEHT ES?

Im April des Jahres 428 wurde der Mönch Nestorius zum neuen Bischof von Konstantinopel gewählt. Er hing einer Zwei-Naturen-Lehre an, betrachtete das Göttliche und das Menschliche in Jesus Christus also als zwei Elemente, die zwar fest miteinander verbunden, aber gedanklich stets voneinander zu trennen seien. Daher geriet der traditionelle Marientitel „Gottesgebärerin“ in seine Kritik. Schließlich könne ein Mensch wie Maria unmöglich einen außerhalb von Zeit und Schöpfung stehenden Gott geboren haben. Die Kritik löste in Teilen der Christenheit heftige Empörung aus. Der Wortführer der gegnerischen Partei Kyrill von Alexandria erkannte zwar an, dass es in Christus zwei Naturen gebe, die auf theoretischer Ebene unterschieden werden könnten, sein Blick richtete sich jedoch auf die ‚Einung‘ dieser beiden Naturen. Diese ist seiner Ansicht nach so stark, dass man nach ihrem Vollzug nur noch von dem einen Herrn Jesus Christus sprechen dürfe. Ohne einen solch engen Zusammenschluss war es für Kyrill nicht vorstellbar, dass die gefallene menschliche Natur dadurch, dass sie von der göttlichen angenommen wird, erlöst werden könne, wie es für ihn unwiderleglich aus den heiligen Schriften hervorging. Der Streit zwischen den beiden Lagern eskalierte schließlich, so dass Kaiser Theodosius II. das Konzil von Ephesus einberief, um eine Schlichtung herbeizuführen und die Frage nach der inneren Beschaffenheit Christi zu klären.

Weitere Informationen zu den Hintergründen gibt es in der Pressemeldung zum Projektstart: https://www.uni-bonn.de/de/universitaet/presse-kommunikation/presseservice/archiv-pressemitteilungen/2015/287-2015

WAS SIND DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE?

Das Geschehen rund um das Konzil von Ephesus – seine Vorgeschichte, sein Verlauf, sein Nachspiel – ist uns in umfangreichen griechischen und lateinischen Aktensammlungen überliefert. Diese wurden von dem deutschen Philologen Eduard Schwartz vor nunmehr ungefähr hundert Jahren in einer umfangreichen mehrbändigen Ausgabe, dem Grundstein der Reihe Acta conciliorum oecumenicorum, editiert. Schwartz wollte mit seiner Ausgabe vor allem auch der Überlieferungsgeschichte der Dokumente gerecht werden. Aus diesem Grund ordnete er sie nicht nach inhaltlichen Gesichtspunkten, sondern beließ sie in ihren angestammten Kontexten. Unser Projekt bringt die überlieferten Akten erstmalig vollständig in eine inhaltlich und chronologisch schlüssige Ordnung, übersetzt sie in eine moderne Sprache und kommentiert sie ausführlich. So können Interessierte die nicht nur sprachlich schwierigen Texte wesentlich leichter verstehen und den gesamten Verlauf der christologischen Streitigkeiten, die in dem Konzil gipfelten, in geordneter Form rezipieren.

WIE GEHT ES WEITER?

Die kommentierte Übersetzung ist auf drei Bände angelegt. Der gerade erschienene Band deckt die Vorgeschichte des Konzils bis hin zu dessen Einberufung ab. Der aktuell in Arbeit befindliche zweite Band umfasst dann alle Dokumente, die nach der Einberufung des Konzils anzusiedeln sind, bis hin zu dessen offiziellen Auflösung durch den Kaiser im Oktober des Jahres 431 nach dem vorläufigen Scheitern der Verhandlungen. Der dritte Band wird alle Dokumente enthalten, die sich an das offizielle Ende des Konzils anschließen.

WER WAR BETEILIGT?

Federführender Leiter des Projektes ist Prof. Dr. Wolfram Kinzig, Lehrstuhl für Kirchengeschichte mit Schwerpunkt Alte Kirchengeschichte der Evangelisch-Theologischen Fakultät, der zusammen mit Dr. Thomas Brüggemann, dem Leiter der Arbeitsstelle, die Bänder herausgibt. Bearbeitet werden die Dokumente von Dr. Thomas Brüggemann, Dr. Sabine Lütkemeyer und Dr. Julia Beier.

Der erste Band ist auf der Homepage des De Gruyter-Verlages vollständig im Open Access abrufbar: Kinzig, Wolfram and Brüggemann, Thomas. Concilium Universale Ephesenum: Band 1: Von den Anfängen der nestorianischen Streitigkeiten bis zur Einberufung des Konzils, Berlin, Boston: De Gruyter, 2024. https://doi.org/10.1515/9783111340401

Prof. Dr. Wolfram Kinzig
Evangelisch-Theologisches Seminar
Abteilung Kirchengeschichte
Universität Bonn
Tel. 0228/737305
E-Mail: kinzig@uni-bonn.de

Dr. Thomas Brüggemann
Evangelisch-Theologisches Seminar
Abteilung für Kirchengeschichte
Universität Bonn
Tel. +49 228 735389
E-Mail: tbrueggemann@ev-theol.uni-bonn.de

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