Die Kartoffel ist eine der wichtigsten Nahrungspflanzen weltweit. Ein großes Problem für die zukünftige Sicherheit der Knollenerträge und der hohen Qualität dieses Grundnahrungsmittels ist die Anfälligkeit von Kartoffelpflanzen gegenüber Hitze und Trockenheit, die aufgrund des Klimawandels immer häufiger gemeinsam oder nacheinander auftreten. Oft folgen Hitze und Dürreperioden regionale Überschwemmungen durch Starkregen, die innerhalb weniger Tage die gesamte Ernte vernichten können. Wie die Kartoffel auf diesen Mehrfachstress reagiert, war bisher kaum bekannt.
Nach vier Jahren intensiver Forschung liefert ein internationales Team unter Leitung der Universität Wien jetzt wichtiges Grundlagenwissen, um die Kartoffel klimafit zu machen. Die Forschenden haben wertvolle Erkenntnisse dazu gesammelt, wie Kartoffelpflanzen auf Hitze, Trockenheit und Staunässe als Folge überfluteter Felder reagieren. Sie haben dafür zu kritischen Wachstumsphasen der Kartoffelpflanzen Proben genommen und Messungen durchgeführt, um dadurch spezifische Eigenschaften und molekulare Anpassungsreaktionen zu erforschen, die für die zukünftige Züchtung von besser angepassten Kartoffelsorten hilfreich sein werden. In den Feldversuchen mit etwa 50 Sorten, die von Spanien und Serbien über Österreich hin bis zu den Niederlanden an verschiedenen klimatischen Standorten durchgeführt wurden, konnte das Team deutliche Unterschiede in der Ertragsstabilität einzelner Sorten feststellen: Viele Sorten lieferten zwar oft höhere Erträge unter optimalen Bedingungen, aber unter den teilweise extremen Stressbedingungen der vergangenen Jahre zeigte sich, dass Sorten mit üblicherweise etwas niedrigeren Erträgen unter Stressbedingungen besonders ertragsstabil waren. Die Frage war nun, wodurch diese Sorten deutlich besser mit extremer Trockenheit und Hitze zurechtkommen.
Zu diesem Zweck, wurden die Feldversuche durch Experimente in Gewächshäusern und im Labor ergänzt, in denen die Stressbedingungen exakt regulierbar sind und wo es auch möglich ist, Reaktionen auf Stress auf zellulärer Ebene – quasi „live“ – zu verfolgen. An der Universität Bonn wurde beispielsweise von der Arbeitsgruppe von Prof. Ute Vothknecht am Institut für Zelluläre und Molekulare Botanik in Zusammenarbeit mit der Universität Durham und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Kartoffellinien entwickelt, die Analysen von sekundären Botenstoffen wie zum Beispiel Calcium ermöglichen. Diese spielen eine wichtige Rolle, um wahrgenommene Änderungen von Umweltbedingungen in zelluläre Antworten zu überführen.
Durch die Experimente konnte das ADAPT-Team Änderungen im Stoffwechsel anhand der Muster der Genexpression, von Hormonen oder Metabolite beobachten und spezifische Stress-Signaturen identifizieren. Damit haben die Forschenden eine wertvolle Grundlage für die Entwicklung von Markern für die zukünftige Züchtung von Kartoffeln geschaffen.
Das EU-Projekt ADAPT kombinierte die sich ergänzende Expertise von zehn führenden akademischen Forschungseinrichtungen, vier Kartoffelzüchtern, einem Entwickler von Screening-Technologien, einer Agentur und einem gemeinnützigen EU-Verband, um die Mechanismen zu erforschen, die der Resistenz gegen multiplen Stress der Kartoffel zugrunde liegen. „Es war diese Kombination, die es uns ermöglichte, diese komplexen Herausforderungen auf einem so hohen Niveau anzugehen und dabei auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft/Stakeholder aufzubauen. Meiner Meinung nach ist dies der richtige Weg für die künftige Forschung im Hinblick auf klimaresilientere Pflanzen und sollte in künftigen Projekten verfolgt werden“, erklärt der Zellbiologe und Projektleiter Dr. Markus Teige von der Universität Wien die Vorgehensweise.
Link zur Pressemitteilung der Universität Wien: https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/wie-gestresste-kartoffeln-klimafit-werden/