Schon seit Jahren tüfteln Biochemiker an Rotaxanen. Der aus dem Altgriechischen abgeleitete Name bedeutet so viel wie „Radachse“ – nicht ohne Grund. Denn ein Rotaxan-Molekül besteht vor allem aus einer Achse und einem darüber eingefädelten Ring. Damit der Ring sich nicht von der Achse lösen kann, sind an den Enden so genannte „Stopper“ angebracht, die selbst wiederum aus miteinander verschränkten Ringen bestehen. Das ganze Gebilde sieht ein wenig wie eine Hantel aus, über dessen Griffstange ein Ring aufgezogen wurde (s. Abb.) Die bisherigen Rotaxane entstammen allesamt der organischen Chemie, die wesentlich kleiner sind und deshalb eine geringere Spanne an mechanischer Bewegung im Nanometerbereich zulassen. Außerdem kann die DNA relativ einfach weiter funktionalisiert werden, wodurch sehr schnell raffinierte mechanische Systeme entwickelt werden können.
Das Forscherteam um Dr. Damian Ackermann und Prof. Michael Famulok vom Life & Medical Sciences (LIMES)-Institut der Universität Bonn hat sich für die neuen Rotaxane eines Baustoffes bedient, der eigentlich als Baustein des Lebens bekannt ist: DNA. Der Doppelstrang aus Nukleotiden ist für die Chemiker aber nicht in erster Linie wegen seiner Erbgutträgerfunktion interessant, sondern vor allem aus „architektonischen“ Gründen. Die Doppelhelix bildet ein sehr stabiles Grundgerüst. Außerdem lässt sich einer der Stränge an jeder beliebigen Stelle herausnehmen und sozusagen als Anknüpfungspunkt für weitere Bauteile verwenden. „DNA eignet sich durch die Spezifität der Einzelstränge, das bietet uns ganz viele Möglichkeiten“, erläutert Damian Ackermann. „DNA ist wie eine Art Legostein – das ideale Baumaterial für die Nanoarchitektur“, ergänzt Prof. Famulok.
Die Bonner Biochemiker haben ein Rotaxan geschaffen, das es so bisher noch nicht gab: Eine stabile mechanische Einheit mit einem frei beweglichen inneren Ring. Nun ist vieles möglich. „Wir können uns einiges vorstellen“, so Prof. Famulok. „Das Ziel ist es zunächst einmal, kontrollierbare bewegliche Systeme auf Nanoebene zu bauen. Die Achse und die Räder sind da und wir haben einige Ideen, welchen Antrieb man ausprobieren könnte, um die Räder in Bewegung zu setzen.“ Diese Nanomotoren könnten dann auch mit biologischen Systemen wie z.B. Proteinen kompatibel sein.
Die Forscher wissen nun, dass sie mit den DNA Rotaxanen die Grundlage erarbeitet haben um unterschiedlichste nano-mechanische Systeme auf der Basis von mechanisch verbundener doppelsträngiger DNA aufzubauen. Was dabei genau am Ende herauskommt, ist zunächst einmal nicht das Wichtigste. „Entscheidend ist, dass wir einen Satz neuartiger Bausteine in der Hand haben, mit denen wir Dinge konstruieren können, die vorher so nicht möglich waren“ sagt Ackermann „die Grenzen der Phantasie sind sozusagen ein wenig erweitert worden.“
Kontakt:
Damian Ackermann
Life & Medical Sciences (LIMES)-Institut
Telefon.: 0228-73-2667
E-Mail: damian.ackermann@uni-bonn.de
Prof. Michael Famulok
Life & Medical Sciences (LIMES)-Institut
Abteilungsleiter Chemische Biologie
Telefon: 0228-73-5661
E-Mail: m.famulok@uni-bonn.de