Schokolade oder Apfel? Beim Kauf von Lebensmitteln wohnen meist zwei Seelen in einer Brust: Eine Motivation ist, möglichst Schmackhaftes zu erwerben – das dann gerne auch süß oder fetthaltig sein darf. Stattdessen plädiert die zweite Seele dafür, Gesundheitsfaktoren nicht außer Acht zu lassen und zum Beispiel nicht zu viele Kalorien zu sich zu nehmen. „Oft fällt dieser Abwägungsprozess zugunsten schmackhafter Lebensmittel aus“, sagt Prof. Dr. Bernd Weber vom Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn. Dagegen bleiben Produkte, die weniger gut munden, dafür aber gegebenenfalls gesünder sind, weit häufiger im Regal.
Muss das so sein? In einer Studie untersuchten die Wissenschaftler der Universität Bonn mit Kollegen der Ohio State University (USA), ob Informationen über Lebensmittelinhaltsstoffe Verbraucher davon überzeugen können, verstärkt zu weniger kalorienreichen Lebensmittel zu greifen. Insgesamt 44 erwachsene Teilnehmer wurden zunächst befragt, wie sehr sie 100 verschiedene Lebensmittel mögen. Die Hälfte dieser Produkte – darunter Chips, Schokoriegel und Kekse – gehörten zu den gesundheitlich eher bedenklichen Nahrungsmitteln. Der andere Teil – etwa Reiswaffeln, Knäckebrot oder Naturjoghurt – war aus Gesundheitsgründen erwünschter. Vor dem eigentlichen Test sollten die Teilnehmer vier Stunden nichts essen, damit alle mit gleich großem Appetit die Studie absolvierten.
Wahl zwischen kalorienreichen und gesünderen Produkten
Auf dem Computerbildschirm konnten die Probanden jeweils aus zwei unterschiedlich gesunden Produkten auswählen, für die auch die Inhaltsstoffe angegeben wurden. Dabei handelte es sich einerseits um Nährwertangaben in Form von Gramm- und Prozentzahlen. Alternativ wurden die Inhaltsstoffdaten mit einer „Lebensmittelampel“ kombiniert. Rot symbolisierte zum Beispiel einen hohen Anteil an Fetten, Zucker oder Salz – Grün dagegen einen geringen. Gelb nahm wie an der Verkehrsampel eine Mittelposition ein. Bei der Auswertung der Daten achteten die Wissenschaftler auf die persönlichen Vorlieben der Teilnehmer: Gehört das Produkt zu den jeweiligen Lieblingsspeisen oder mochten sie den Geschmack eher nicht?
Die Probanden ließen sich dabei vor allem von ihrem Geschmack leiten, wenn die dazu gezeigten Nährwertangaben aus Gramm- und Prozentzahlen bestanden. „Wenn diese Informationen jedoch mit den Lebensmittelampelfarben kombiniert wurden, spielten Gesundheitsaspekte des Produkts eine größere Rolle“, sagt Erstautorin Laura Enax vom CENs der Universität Bonn. So war es im Schnitt um mehrere Prozentpunkte wahrscheinlicher, dass gesündere Lebensmittel ausgewählt wurden, wenn die Ampelfarben ins Spiel kamen, als wenn reine Zahlenwerte auf den Lebensmittelpackungen standen.
Verbraucher nehmen neben den Ampelfarben auch Zahlenwerte wahr
Darüber hinaus testeten die Forscher, ob sich die Probanden nur von den Farben leiten ließen, in dem die Produkte nur mit einer grünen oder roten Kennzeichnung eines einzigen Nährstoffs versehen wurden. „Hier sind die Effekte deutlich kleiner, im Vergleich zur vollständigen »Nährwertampel«“, sagt Laura Enax.
In einer vorher durchgeführten Studie hatten die Wissenschaftler des CENS bereits nachgewiesen, dass die Ampelfarben wie eine Art „Verstärker“ auf Bereiche der Selbstkontrolle im Gehirn der Konsumenten wirken. „Bei der aktuellen Studie ging es nun darum, wie bei der Kaufentscheidung besser zwischen den geschmacklichen Vorlieben und Gesundheitsaspekten abgewogen werden kann“, führt Prof. Weber aus. „Hier scheinen die Ampelfarben einen deutlich günstigeren Effekt zu haben als reine Prozent- und Grammwerte.“
Publikation: Salient Nutrition Labels increase the Integration of Health Attributes in Food Decision-Making, Journal “Judgment and Decision Making”, Internet: http://journal.sjdm.org/16/16620/jdm16620.pdf
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Bernd Weber
Center for Economics and Neuroscience
Universität Bonn
Tel. 0228/6885262
E-Mail: bernd.weber@ukb.uni-bonn.de