Im Fußballstadion von Carrefour, der zweitgrößten Stadt in Haiti, hat das Deutsche Rote Kreuz ein komplettes Krankenhaus in Zelten eingerichtet. Auf der „Kinderstation“ – ein Zelt mit 20 Betten – ist ständig etwas los. Denn die kleinen Patienten, die meist eine Woche bleiben, sind nicht allein. „Viele Kinder haben Familienangehörige dabei, die teilweise auf dem Fußboden schlafen“, sagt Barbara Scholl, für die dieser Einsatz eine willkommene Herausforderung darstellte. „Es ist spannend, sich in einer total anderen Welt und anderen Arbeitsbedingungen zurechtzufinden.“ So herrschten in den Zelten Temperaturen bis zu 45 Grad, und die Ventilatoren verschafften kaum eine Erleichterung.
Auf der Kinderstation gibt es weiterhin viel zu tun. Die Kinder leiden unter den Nachwirkungen des Erdbebens und haben unter anderem Infektionen, schweren Durchfall, Eiterbeulen, so genannte Abszesse, und Fieber. Die meisten Kinder sind zudem dehydriert, das heißt ihre Körperflüssigkeit hat gefährlich abgenommen, und sie sind stark mangelernährt. „Wir päppeln sie auf. Es ist ein schönes Erlebnis, wenn die Kinder aktiver werden und wieder lachen können“, sagt Scholl. In drei Schichten kümmerte sie sich zusammen mit haitianischen Schwestern um die kleinen Patienten - Neugeborene mit eingeschlossen. Dabei unterrichtete sie die lokalen Helfer auch, damit sie später alles alleine können. Bei der Sprachbarriere – ihr Französisch reichte gerade für die Basiskommunikation – half ihr ein Dolmetscher.
Toleranz und Teamgeist
Das DRK-Krankenhaus im Fußballstadion ist eine kleine geschützte, gut organisierte Welt. Aus Sicherheitsgründen sind Ausflüge in die Stadt selten. Für Scholl war es der zweite Einsatz dieser Art; vor vier Jahren war sie bereits in Pakistan und hat dort Erdbebenopfern geholfen. Auch wenn sie weiß, dass ihre Hilfe nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, war dieser Einsatz nicht ihr letzter: „Einzelnen kann ich in einer akuten Situation helfen.“ Die Bonnerin schätzt unter anderem den Austausch mit Rotkreuzhelfern aus aller Welt. „Toleranz und Teamgeist sind wichtig, aber auch die Fähigkeit, sich auf niedrigere Standards als in Deutschland einzustellen“, sagt Scholl. Ihren Einsatz in Haiti verlängerte sie spontan, da der Vulkanausbruch auf Island sie in der Dominikanischen Republik festhielt. Jetzt ist sie wieder in Bonn und genießt das gelegentlich doch vermisste Stück Schokolade.
Hilfe im Krankenhaus der Hoffnung
Dr. Philipp Fischer bereitet sich derweil auf seinen Haiti-Aufenthalt vor. Vier Wochen wird er als Teil eines zehnköpfigen OP-Teams aus Deutschland mitten in Port-au-Prince in einem kaum zerstörten Kinderkrankenhaus arbeiten, das übersetzt den Namen „Hoffnung“ trägt. Derzeit wird es von der Hilfsorganisation Humedica genutzt. „Ein Operationstrakt mit Station ist noch vollständig intakt“, sagt der Bonner Unfallchirurg. Dort wird das deutsche Team unter anderem schlecht verheilte Knochenbrüche operieren und richten. Zudem versorgt es amputierte Beine und Arme mit Prothesen. Aber auch auf Geburten sind die Deutschen eingestellt. Auch ist wegen der Regenzeit mit Fällen von Thyphus, Cholera und Malaria zu rechnen.
Für Fischer ist es der erste Einsatz in einem Katastrophengebiet, für den er fast seinen ganzen Jahresurlaub opfert: „Den Menschen dort, die in Armut leben und eine medizinische Versorgung bitter nötig haben, möchte ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln helfen. Das ist auch meine Aufgabe als Arzt.“
Kontakt für die Medien:
Barbara Scholl
Medizinische Klinik III
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-22243
E-Mail: barbara.scholl@ukb.uni-bonn.de
Dr. Philipp Fischer
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-15109 oder (mobil) 0160/723 45 39
E-Mail: philipp.fischer@ukb.uni-bonn.de
Hinweis: Assistenzarzt Fischer steht den Medien auch gerne nach seiner Rückkehr aus Haiti (ab 24. Juni) als Ansprechpartner zu Verfügung.