Auch wenn Kinder und Jugendliche oft über die Schule stöhnen: Der schulische Alltag bringt sie täglich in Kontakt mit Gleichaltrigen, was nicht nur fürs Wohlbefinden wichtig ist, sondern auch für ihre soziale Entwicklung. Chronisch erkrankte Kinder müssen darauf zurzeit oft verzichten. Hier will das Projekt „Privatheitsfreundlicher mobiler Avatar für kranke Schulkinder" (PRIVATAR) unter Beteiligung des Humanoid Robots Lab der Universität Bonn Abhilfe schaffen. Die Idee: Mobile Roboter sollen kranken Kindern die Teilnahme am Unterricht und Schulalltag ermöglichen. Als Avatare sind die Roboter in der Schule im Einsatz, sozusagen als Beine, Augen, Ohren und Sprachrohr der erkrankten Kinder zuhause. Die große Herausforderung dabei: der Schutz der Privatsphäre, ob von Klassenkameraden, Lehrkräften oder den kranken Kindern selbst.
„Roboter sind mit den verschiedensten Sensoren ausgestattet, um sich sicher in ihrer Umgebung bewegen und mit Menschen interagieren zu können“, erklärt Prof. Dr. Maren Bennewitz, Leiterin des Humanoid Robots Lab. Sensoren nehmen zum Beispiel Möbel, aber auch Bewegungen oder Gesichter wahr, so dass der Roboter auf diese reagieren kann. Zu den aufgenommenen Daten gehören auch viele, die die Privatsphäre von Personen betreffen, wie beispielsweise Videoaufnahmen, Standort oder Bewegungsmuster.
„Unser Ziel ist es, mobile Roboter zu entwickeln, die zwar möglichst wenig Sensordaten nutzen, um die Privatsphäre der Personen im Klassenzimmer zu gewährleisten, aber auch Sicherheit und Effizienz im Umgang bieten“, so Maren Bennewitz, die auch Vorstandsmitglied des Exzellenzclusters „PhenoRob“ sowie Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Modelling“ der Universität Bonn ist.
In ihrem Teilprojekt setzen Bennewitz und ihr Team ihre Expertise ein, um die Roboternavigation für die Kinder und Lehrkräfte benutzerfreundlich zu gestalten – insbesondere wie Sensoren entsprechend den Präferenzen der Nutzenden ein- und ausgeschaltet werden können. „Wir planen zum Beispiel, die Bedienung so zu gestalten, dass die Kinder und Lehrkräfte die gewünschten Einstellungen ohne Anleitung vornehmen können. So können beispielsweise die Einstellungen zur Privatsphäre geändert oder vorgeben werden, wie nah der Roboter an sie herankommen darf“, sagt Doktorand Nils Dengler, der an dem Projekt mitarbeitet.
Die besondere Herausforderung besteht dabei darin, die Funktionalität des mobilen Avatars zu gewährleisten, auch wenn einzelne Sensoren vorübergehend oder dauerhaft ausgeschaltet werden oder ihre zeitliche oder räumliche Auflösung verringert wird. „In diesen Fällen muss sichergestellt werden, dass die Nutzerinnen und Nutzer auf eine unter Umständen eingeschränkte Roboterfunktion aufmerksam gemacht werden.“
Die in dem Projekt entwickelten Schnittstellen werden in Kooperation mit den Partnern schließlich in einem Gesamtsystem zur Kontrolle des mobilen Roboters integriert. Die „datensparsamen“ Roboter bieten dabei über den Schulkontext hinaus Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise in Museen.