Ohne Motorenöl liefe kein Auto, ohne Schmierfett keine Maschine. Im Vergleich zu den Erdöl-Mengen, die in Flugzeug-Triebwerken oder Kraftfahrzeug-Motoren verbrannt werden, ist der weltweite Schmierstoff-Verbrauch zwar um den Faktor zehn geringer. Doch das schwarze Gold wird langsam knapp. "Man sollte sich daher beizeiten Gedanken um nachhaltige Alternativen machen", erklärt Professor Dr. Peter Dörmann. Der Forscher am Bonner Institut für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO) tut genau das: Zusammen mit Kollegen aus einem knappen Dutzend Ländern will er Pflanzen so "programmieren", dass sie künftig Schmierstoffe herstellen.
Der Ansatz ist viel versprechend. Denn schon heute produzieren viele Pflanzen Substanzen, die der aus dem Pottwalkopf ziemlich ähnlich sind: Diese so genannten Wachsester beschichten beispielsweise die Blattoberflächen und verhindern so eine zu starke Verdunstung. Für die technische Nutzung ist die Menge aber viel zu gering. "Wir möchten die Pflanzen daher dazu bringen, in ihren Samen große Mengen Wachsester zu herzustellen", erklärt der Koordinator des Projekts Professor Dr. Sten Stymne von der Swedish University of Agricultural Science. In Ölmühlen könnte man die Samen dann einfach auspressen, so den begehrten Inhalt gewinnen und weiter aufreinigen.
Die Wissenschaftler wollen diese Vision mit Hilfe zweier weitläufiger Verwandter der Rapspflanze umsetzen. Die Samen von "Crambe abyssinica" und "Brassica carinata" sind wie die des Rapses sehr ölreich. Ihr Öl zersetzt sich aber bei hohen Drücken und Temperaturen. Zum Einsatz in Motoren ist es daher nicht geeignet. Dieses Problem haben andere klassische Pflanzenöle auch. Daher müssen die Forscher die beiden Pflanzen gentechnisch verändern. "Wir setzen ihnen dazu Erbanlagen der Ackerschmalwand ein", erklärt Professor Stymne. "Das ist eine andere Pflanze, die als Austrocknungsschutz an der Oberfläche ihrer Blätter Wachsester produziert."
Aus ökologischer Sicht ist das Vorhaben der Forscher unbedenklich: Zum Einen sind Wachsester Naturprodukte, die ohnehin in zahlreichen heimischen Gewächsen vorkommen. Crambe abyssinica und Brassica carinata können sich zudem nicht mit anderen Nutzpflanzen kreuzen. "Da die weltweit benötigte Schmierstoff-Menge vergleichsweise gering ist, sehen wir anders als beispielsweise beim Biodiesel auch keine große Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion", betont Dörmann. Stattdessen hoffen die Forscher auf eine deutliche Entlastung der Umwelt " und das nicht nur, weil es sich bei Ölpflanzen um nachwachsende Rohstoffe handelt: "Um aus Erdöl hochwertige Schmierstoffe herzustellen, benötigt man viel Energie", erklärt der IMBIO-Forscher. "Die Weiterverarbeitung der Wachester ist weit weniger aufwändig."
Die Europäische Union fördert das ICON genannte Projekt in den kommenden vier Jahren mit knapp 6 Millionen Euro. Die offizielle Projekt-Homepage findet sich unter
http://icon.slu.se/ICON/.
Kontakt:
Professor Dr. Peter Doermann
Institut für Molekulare Physiologie
und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO)
Universität Bonn
Telefon: 0228/73-2830
E-Mail: Doermann@uni-bonn.de
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Pflanzliche Schmierstoffe aus Verwandten des Raps sollen künftig dafür sorgen, dass beispielsweise Motoren reibungslos laufen. (c) Dr. Thomas Mauersberg, Universität Bonn
Pflanzenöle sollen Motoren schmieren Pflanzenöle sollen Motoren schmieren
Weltweites Projekt sucht nach umweltverträglichem Ersatz für Schmierstoffe auf Mineralölbasis
Fast wäre der Pottwal zu einem frühen Opfer der Industrialisierung geworden: Sein Schädel enthält ungefähr 2.000 Liter einer wachsähnlichen Substanz, die sich hervorragend als Schmierstoff nutzen lässt. Der begehrte Schädelinhalt war einer der Gründe, warum die Wale erbarmungslos gejagt wurden " bis an den Rand der Ausrottung. Längst haben Substanzen auf Mineralölbasis die Pottwalschmiere abgelöst. Doch heute ist die Welt wieder auf der Suche nach Alternativen, denn das Schwarze Gold wird knapp. Ersatz könnte aus gentechnisch veränderten Pflanzen kommen: Schon in wenigen Jahren sollen sie hochwertige Schmierstoffe produzieren, die denen aus dem Pottwal-Schädel ziemlich ähnlich sind. Mehr als 20 Arbeitsgruppen in 11 Ländern arbeiten momentan daran, diese Vision umzusetzen " darunter auch Wissenschaftler der Universität Bonn. Das Projekt wird teilweise von der EU gefördert, es sind aber auch Partner aus den USA, Kanada, China und Australien eingebunden.