Neben Eltern beeinflussen eine Vielzahl von Akteuren wie Schulen, Regierungen und Lebensmittelhersteller den Konsum der Kinder von energiedichten, nährstoffarmen Snacks – etwa durch Anleitung und Beschränkung des Zugangs zu solchen Lebensmitteln im Elternhaus, Schulprogramme (Schulessen und Verkaufsautomaten), staatliche Interventionen (Besteuerung und Gesundheitskampagnen) sowie Marketingmaßnahmen.
Ein Forscherteam unter der Leitung der Professoren Monika Hartmann von der Universität Bonn und Sean Cash von der Friedman School of Nutrition Science and Policy an der Tufts University untersuchte, wie Kinder im Alter von 8 bis 11 ihr Taschengeld nutzen, um auf eigene Faust Süßigkeiten und andere Snacks zu kaufen. In ihrer Studie zeigen sie, dass die Bekanntheit einer Marke nicht unbedingt mit einer Präferenz für den Snack verbunden ist. Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass der Grad der Erfahrung im Umgang mit Geld die Kaufentscheidung beeinflusst. Höhere Preise für ungesunde Snacks könnten somit zumindest diejenigen Kinder zu gesünderen Entscheidungen zu motivieren, die bereits Erfahrung mit Geld haben.
Die Forschung fand nachmittags in Offenen Ganztagsschulen in der Region Boston statt. Die Stichprobe umfasste 116 Kinder im Alter von 8 bis 11 Jahren. Die Studie bestand aus einer Umfrage, zwei kognitiven Tests und einem Kaufexperiment. Die Teilnehmer erhielten nach Abschluss der kognitiven Tests zwei US-Dollar als kleine Entlohnung. Dieses Geld konnten sie im anschließenden Kaufexperiment ausgeben.
„Wir wissen nicht viel darüber, wie Kinder ihr Geld für Snacks ausgeben“, sagte der Korrespondenzautor der Studie, Prof. Dr. Sean Cash, Ökonom an der Friedman School of Nutrition Science and Policy. „Es ist ein von der Forschung bislang vernachlässigtes Feld. Derzeit haben viele Kinder Geldbeträge, über die sie verfügen können - in der Regel Taschengeld. Sie entscheiden selbst, wie sie ihr Geld für Snacks ausgeben, aber wir wissen sehr wenig darüber, wie sie diese Entscheidungen treffen.“ Dies gelte insbesondere dafür, wie Kinder Abwägungen zwischen Preisen und anderen Nahrungsmittelattributen vornehmen.
Kekse, Apfelscheiben oder Joghurt
Die Forscher präsentierten den Kindern verschiedene Snack-Optionen: Kekse, Apfelscheiben und Joghurt. Jedem Kind wurden zehnmal Fotos von jeweils zwei Snack-Artikeln gezeigt, die sich nach Art des Produkts, in Hinblick auf den Preis und die Marke unterschieden. Die Kinder konnten sich jeweils für eines der beiden Produkte entscheiden oder auch entscheiden, keines der Produkte zu wählen.
Den Kindern wurde gesagt, dass am Ende des Experiments zufällig eine ihrer zehn Entscheidungen gezogen würde und sie verpflichtet wären, den bei dieser Entscheidung gewählten Snack zu dem entsprechenden Preis zu kaufen. Die Preise der Snacks lagen zwischen 30 US-Cent und 70 US-Cent und die Kinder mussten das Produkt von dem zuvor verdienten Geld bezahlen und erhielten anschließend den Snack. Dieser Teil des experimentellen Designs machte die jeweilige Entscheidungssituation möglichst realistisch für die Kinder. Ein Teil der Snacks waren McDonald's Produkte, und dienten dazu, die Bedeutung der Marke auf das Entscheidungsverhalten zu testen.
Erfahrung mit Geld macht einen Unterschied
Die Entscheidung der Kinder war primär durch die Art des Produktes bestimmt (Kekse, Apfelscheiben, Joghurt). In dem Experiment wählten die Kinder am häufigsten den Schokoladenkeks, während die Apfelschnitten den zweiten Platz einnahmen. Andere Ergebnisse waren überraschend: „Wir stellten fest, dass die Markenbekanntheit kein wesentlicher Faktor für den Kauf eines Snacks war. Vielmehr kam es darauf an, ob das Kind die Marke mag oder nicht“, sagt Erstautorin Prof. Dr. Monika Hartmann, die während der Studie Gastwissenschaftlerin an der Friedman School war und am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn tätig ist.
Das zweite wichtiges Ergebnis war eine deutliche Zweiteilung in Bezug darauf, wie der Preis die Kaufentscheidung der Kinder beeinflusst: Kinder, die es gewohnt waren, von ihren Eltern Taschengeld zu erhalten, reagierten in der erwarteten Weise auf höhere Preise, während diejenigen, die wenig Erfahrung mit Geld hatten, dies im Allgemeinen nicht taten. Dieses Ergebnis unterstützt Forschungserkenntnisse, die darauf hinweisen, dass Erfahrung mit Geld ein wichtiger Aspekt ist, um die Bedeutung von Preisen zu erlernen.
„Insgesamt ist die Literatur über die Reaktion von Kindern auf Preise und die Bekanntheit von Marken spärlich", schrieben die Autoren in ihrem Artikel. Dies gelte vor allem für Grundschulkinder. Gleichzeitig betonen sie, dass Kinder eine beträchtliche Menge an Geld für Snacks ausgeben und chronische ernährungsbedingte Krankheiten (Typ-2-Diabetes, koronare Herzkrankheit und Fettleibigkeit) im Kindesalter weltweit auf dem Vormarsch sind.
Die Autoren weisen jedoch auch darauf hin, dass ihre Studie auf einer kleinen Stichprobe basierte, regional begrenzt war und nur wenige Produktalternativen im Kaufexperiment zur Verfügung standen. Sie sehen die Notwendigkeit für weitere Forschungsarbeiten, die untersuchen wie Preise und die Präsentation von Produkten (z. B. Verpackung, Branding) dazu beitragen können, Kaufentscheidungen positiv zu beeinflussen. Diese Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert und erhielt zusätzliche Unterstützung durch das U.S. Department of Agriculture’s National Institute of Food and Agriculture.
Weitere Autoren der Studie sind Ching-Hua Yeh and Stefanie C. Landwehr von der Universität Bonn und Anna R. McAlister vom Endicott College (USA).
Publikation:
Hartmann, Monika; Cash, Sean B.; Yeh, Ching-Hua, Landwehr, Stephanie C.; McAlister Anna R.. Sean B. Cash, Ching-Hua Yeh, Stefanie C. Landwehr, Anna R. McAlister. Children's purchase behavior in the snack market: Can branding or lower prices motivate healthier choices? Appetite 117 (2017) 247e254. DOI: https://doi.org/10.1016/j.appet.2017.06.014
Kontakt in Bonn:
Prof. Dr. Monika Hartmann
Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn
Tel.: +49-(0)228-73-3537
E-Mail: monika.hartmann@ilr.uni-bonn.de