14. Mai 2018

Lamas und Alpakas im Dienste der Forschung Lamas und Alpakas im Dienste der Forschung

Dr. Florian Schmidt von der Uni Bonn nutzt einzigartige Antikörper zur Untersuchung von Proteinen

Proteine spielen bei vielen lebenswichtigen Prozessen eine entscheidende Rolle. Um mehr über die Funktion solcher Eiweißstoffe zu erfahren, würden Forscher sie gerne gezielt ausschalten oder modifizieren. Dann könnte man an den Folgen ablesen, für was das Protein zuständig ist. Dr. Florian Schmidt, Leiter einer Emmy Noether-Gruppe am Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn, entwickelt eine Methode weiter, mit der sich solche Eiweiß-Hemmstoffe maßschneidern lassen. Alpakas und Lamas helfen ihm dabei: Sie produzieren einzigartige Antikörper in ihrem Blut, die die Grundlage bilden.

Dr. Florian Schmidt
Dr. Florian Schmidt - vom Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn mit einem Lama. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
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Friedlich grasen mehrere Alpakas und Lamas auf der sattgrünen Wiese in der Nähe von Bonn. Die aus den südamerikanischen Anden stammenden Kamelide sind auch hierzulande beliebt – wegen ihrer Sanftmut und ihrer Wolle. Dr. Florian Schmidt vom Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn verfolgt jedoch ganz andere Absichten: Ein Teil der Herde steht im Dienste seiner Forschung. „Wir immunisieren die Alpakas und Lamas, weil sie ganz spezielle Antikörper herstellen, die wir für unsere Forschung brauchen“, sagt er. Der Biochemiker bereitet in seinem Labor ein bestimmtes Protein (Antigen) vor, das von einer Tierärztin ganz ähnlich einer Impfung in die Lamas und Alpakas gespritzt wird. Spezialisierte Zellen des Immunsystems, so genannte B-Lymphozyten, produzieren daraufhin diese besonderen Antikörper, die es bei keiner anderen Tiergruppe gibt.

Aus Blutproben der behandelten Tiere wird dann im Labor die genetische Information für die einzigartigen Antikörper gewonnen. Auf ihren minimalen Bestandteil reduziert, können sie als sogenannte Nanobodies hergestellt werden, die zehn Mal kleiner sind als normale Antikörper. „Mit den Nanobodies können wir sehr spezifisch Zielstrukturen in der Immunologie visualisieren oder Proteine in ihrer Funktion stören“, berichtet der Biochemiker, der eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe leitet. Um die Rolle eines Proteins in lebenden Zellen besser zu verstehen, versuchen Forscher einzelne dieser Eiweiße zu hemmen oder auch zu aktivieren, um Rückschlüsse auf die Funktion und Arbeitsweise des Proteins ziehen zu können. „Das funktioniert mit herkömmlichen Methoden aber nur in einem Bruchteil der Versuche“, berichtet Schmidt.

Der Biochemiker entwickelt maßgeschneiderte Hemmstoffe

Der Biochemiker arbeitet deshalb an einem neuen Ansatz, solche Hemmstoffe maßgeschneidert für die unterschiedlichen Zwecke herzustellen. Damit will er untersuchen, wie Entzündungsreaktionen, die bei vielen verbreiteten Erkrankungen wie Arteriosklerose oder Schlaganfall auftreten, auf molekularer Ebene reguliert werden. Darüber hinaus möchte er die „Steuerzentrale“ des Immunsystems ausfindig machen, die bei einer Virusinfektion auftretende Entzündung koordiniert.

Mit den aus den Alpakas und Lamas stammenden Nanobodies hat er bereits unter Beweis gestellt, dass das gezielte Ausschalten von bestimmten Proteinen möglich ist. Sind etwa für die Vermehrung von Viren wichtige Proteine blockiert, kann dadurch die Ausbreitung der Erreger verhindert werden. Schmidt feilt an vielversprechenden Methoden, wie sich Nanobodies als Proteinhemmer maßschneidern lassen: „Auf diese Weise ließen sich Proteinwerkzeuge generieren, die es erlauben, gezielt in Signalwege des Immunsystems einzugreifen.“ Dies könnte nicht nur der Grundlagenforschung zu Gute kommen, sondern auch neue Ansatzpunkte für Therapien aufzeigen. Inzwischen nutzen Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen für verschiedene Zwecke die Proteinblocker von Schmidts Team. „In Form einer zentralen Laboreinheit, Core Facility genannt, werden wir in Zukunft auch Nanobodies herstellen, die zur Krebsdiagnose, Krebstherapie oder für die Strukturanalyse von Proteinen verwendet werden“, blickt Schmidt in die Zukunft.

Leiter einer Emmy Noether-Forschungsgruppe

Dr. Florian Schmidt, geboren am 25. November 1981 in Bonn, leitet seit vergangenem Jahr am Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn eine eigene Forschungsgruppe, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Emmy Noether-Programm gefördert wird. Herausragende Forscher erhalten damit die Möglichkeit, sich durch die eigenverantwortliche Leitung der Nachwuchsgruppe über einen Zeitraum von sechs Jahren für eine Hochschulprofessur zu qualifizieren. Nach einem Biochemiestudium an der TU München promovierte Schmidt an der ETH Zürich (Schweiz). Dort und am Whitehead Institute/MIT, Cambridge (USA) arbeitete er anschließend als Postdoktorand, bis er an die Universität Bonn kam. Schmidt ist Mitglied im Exzellenzcluster „ImmunoSensation: das Immunsystem als Sinnesorgan“ der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn.

Kontakt:

Dr. Florian I. Schmidt
Emmy Noether-Gruppenleiter
Institut für Angeborene Immunität
Universität Bonn
Tel. 0228/28751124
E-Mail: fschmidt@uni-bonn.de

Dr. Florian Schmidt
Dr. Florian Schmidt - vom Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn mit einem Lama. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
Dr. Florian Schmidt
Dr. Florian Schmidt - vom Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn mit einem Lama. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
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Dr. Florian Schmidt - vom Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn mit einem Lama. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
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