08. April 2020

Ängste in der Krise Ängste in der Krise - ein "Lebenszeichen" aus der Psychosomatischen Medizin

Medizin-Professorin Franziska Geiser schreibt über Ängste in der Pandemie

Die Angst ist ein uralter Schutzmechanismus des menschlichen Körpers. In Zeiten der Pandemie begegnen wir Ängsten in vielen Formen. Welche, darüber hat sich die Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn, Prof. Dr. Franziska Geiser, in einem Essay in der Reihe "Lebenszeichen - Wir bleiben im Gespräch!" der Universität Bonn Gedanken gemacht. Sie beschreibt, warum Angst natürlich und wichtig ist, und warum es besser ist, manchmal eine Auszeit von ihr zu nehmen.

Prof. Dr. Franziska Geiser
Prof. Dr. Franziska Geiser - Direktorin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des UKB © Foto: Universitätsklinikum Bonn
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Text: Prof. Dr. Franziska Geiser

Haben Sie Angst in der Coronakrise? Viele von uns würde spontan vermutlich sagen: Nein, höchstens Sorgen. Das Leben um uns herum, trotz aller Einschränkungen, fühlt sich verändert, aber nicht furchterregend an. Wir gehen mit unseren Kindern in der Sonne spazieren und grüßen den Nachbarn, der seinen Hund ausführt. Unsere Häuser stehen fest, die Heizung funktioniert, es gibt genügend Lebensmittel, niemand stirbt vor unseren Augen. Unser Gehirn registriert und signalisiert: keine unmittelbare Gefahr. Das ist das Paradoxe an der Coronakrise: dass die Wirklichkeit eine doppelte ist. Es gibt den Alltag, der sich ruhig und ungefährlich anfühlt, und es gibt eine abstrakte Bedrohung, von der wir täglich hören und lesen. Zwar kommen die Einschläge näher: sind meine alten Eltern gefährdet? Kommt mein selbstständiger Freund über die Runden? Wird meine Tochter das Semester verlieren? Wann kann meine Hüft-OP erfolgen? Für die Mitarbeiter*innen im Krankenhaus hat sich der Arbeitsstress bereits erhöht. Aber noch ist jede/r COVID-Patient*in gut versorgt, und gehen die meisten von uns davon aus, nach der Krise ganz normal weitermachen zu können.

Dafür, dass der Alltag sich für die meisten noch so „normal“ anfühlt, funktionieren die bisherigen einschränkenden Maßnahmen erstaunlich gut. Offensichtlich ist es gelungen, bei sehr vielen Menschen gleichzeitig ein mäßiges Niveau der Angst zu erzeugen, welches uns motiviert, Regeln zu befolgen und Beeinträchtigungen hinzunehmen. Und welches uns auch zusammenschweißt. Biologisch wie auch soziologisch gesehen ist Angst nämlich eine zwar unangenehme, dabei aber absolut sinnvolle, konstruktive Emotion. Unser Angstsystem ist ein entwicklungsgeschichtlich sehr altes, relativ undifferenziertes und erstaunlich effektives System. Es hat sich evolutionär bewährt, weil es uns vor Gefahren schützt, uns zu Veränderungen motiviert und soziales Verhalten fördert.

Angst hat eine Schutzfunktion

In erster Linie hat Angst eine Schutzfunktion. Wenn ich unachtsam auf die Straße gehe und ein Bus rollt auf mich zu, dann erfolgt eine sehr schnelle Aktivierung des Angstsystems, so dass ich wegspringen kann. Wir sprechen von einer Kampf-Fluchtreaktion: Herzschlag, Atmung, Blutdruck, Muskelspannung und Schweißproduktion werden innerhalb von Millisekunden gesteigert, damit die Muskeln mit genügend Sauerstoff versorgt und handlungsbereit sind. Das spüren wir als typische Angstsymptome wie Herzklopfen, Kurzatmigkeit oder Zittern. Die Verdauung ist z.B. nicht entscheidend in der Gefahr, deshalb wird sie heruntergefahren und wir können „Schiss“ bekommen. Sogar die Redensart, dass „das Blut in den Adern gefriert“, hat einen wahren Kern, denn die Gerinnung wird etwas gesteigert, damit wir im Falle einer Verletzung weniger bluten. Einher geht diese Angstreaktion mit einem diffusen unangenehmen Gefühl, das länger andauert und erst nach Beendigung der Bedrohung wieder abfällt.

Diese erste Angstreaktion ist so schnell, weil sie nur über unsere entwicklungsgeschichtlich älteren Hirnbereiche, Zwischenhirn und Hirnstamm, läuft. Die Schnelligkeit der Reaktion kann bei einer physischen Reaktion lebensrettend sein, sie wird aber durch eine gewisse Unschärfe erkauft: wir reagieren schneller, als wir denken können. Erst in einer zweiten Schleife, die das Großhirn einbezieht, wird die Wahrnehmung einer Bedrohung genauer analysiert, mit unseren Erinnerungen und unserem Wissen verglichen, und komplexere Handlungsalternativen können erwogen werden. Aber auch bei der kognitiven Verarbeitung gibt es verschiedene Systeme, wie das Buch „Thinking: Fast and slow“ des Nobelpreisträgers Kahnemann eindrücklich erklärt: ein schnelleres, das stärker emotionsbetont ist und einfache, vorgefertigte Lösungen vorzieht, und ein langsameres, welches analytischer arbeitet, dafür aber mehr Zeit und Energie erfordert.

Gemeinsam kann man Angst besser ertragen

Das Angstsystem ist also mein Lebensretter, wenn ich vor dem Bus noch rechtzeitig von der Straße springe. Es ist auch elementar für das Lernen, welche Situationen potenziell gefährlich sind und deshalb vermieden werden sollten. Und es belohnt Lösungen, in denen sich der Eindruck von Sicherheit einstellt, mit einem Abfall von unangenehmen Gefühlen. Eine weitere wichtige Eigenschaft unseres Angstsystems ist, dass es uns auch ermöglicht, Angst bei anderen wahrzunehmen und deren Angst mitzufühlen. Auch das ist ein mächtiger evolutionärer Vorteil: wir können uns gegenseitig empathisch trösten und schützen. Mit anderen zusammen zu sein reduziert unser Stressniveau erheblich.

Das Angstsystem hat in unserer modernen Welt aber auch einen Nachteil: es hat sich biologisch über 120.000 Generationen entwickelt, in denen Menschen Jäger und Sammler in einer gefährlichen Natur waren. Erst seit ca. 600 Generationen hat sich darüber ein dünner zivilisatorischer Lack gelegt. Genetisch sind wir also immer noch besser auf direkte physische Gefahren vorbereitet als auf die vorwiegend sozialen Angstsituationen, denen wir heute begegnen (z.B. Prüfungsangst oder Angst vor Arbeitsplatzverlust), und den zunehmend abstrakten Bedrohungen in unserer Welt. Die Stärke unserer Angst hängt von drei Faktoren ab: wie unmittelbar die Bedrohung ist (also ob wir sie direkt spüren oder sehen können, ob uns nahestehende Menschen betroffen sind), wie schwer die Konsequenzen sein werden, und für wie wahrscheinlich wir es halten, dass diese Konsequenzen eintreten. Dabei ist für die Handlungsfähigkeit ein mittleres Angstniveau optimal: zu wenig Angst erzeugt keine Handlungsmotivation, zuviel Angst hingegen gibt einen solch starken direkten Handlungsimpuls, dass ein vernünftiges Nachdenken und Verhalten erschwert wird.

Leben mit Unsicherheiten

Eine Realität unseres Daseins ist aber auch, dass wir mit Unsicherheiten leben müssen. Es kann nie gelingen, alle Bedrohungen zu eliminieren oder genau zu wissen, was die Zukunft bringen wird. Deshalb sind wir auch mit der Fähigkeit zur Verdrängung und zur Unsicherheitstoleranz ausgestattet. Wenn wir z.B. ins Auto steigen, dann wissen wir durchaus, dass es jährlich eine nicht unerhebliche Anzahl an Verkehrstoten gibt, verdrängen aber ein eigentlich zugehöriges Angstgefühl. Erst wenn unsere Kinder sich mit dem Fahrrad in den Verkehr wagen, taucht dieses wieder auf (und auch dann meist nicht ganz realistisch, denn die größere Gefahr droht den Kindern statistisch im Auto ihrer Eltern). Und um ein Leben führen zu können, das nicht permanent von Angst und Sorge geprägt ist, nehmen wir eine unsichere Zukunft als normal hin. Schließlich können wir auch Ängste aktiv bewältigen, indem wir diese kognitiv überprüfen, aktiv Entspannung suchen und Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen.

Angststörungen während der Pandemie

Je nach Stärke der Aktivierung des Angstsystems erleben wir Empfindungen wie Vorsicht, Sorge, Angst oder Panik. Dieses Spektrum ist bei jedem/r von uns vorhanden. Sowohl die Empfindlichkeit des Angstsystems als auch die gegenläufigen Fähigkeiten zur Verdrängung, Unsicherheitstoleranz wie auch Bewältigung sind aber ungleich verteilt. Manche Menschen bekommen schneller und stärkere Angst als andere und können sie schlechter regulieren. Ursachen dafür sind sowohl die genetische Veranlagung wie auch biographische Erfahrungen in der frühen Kindheit und im späteren Lebenslauf. Ist dies sehr ausgeprägt, sprechen wir von einer Angststörung. Es gibt bestimmte Angststörungen, die während einer Pandemie besonders „ansprechen“: die generalisierte Angststörung, weil Sorgen nicht „herunterreguliert“ werden können, die spezifisch gesundheitsbezogene Angststörung sowie die Zwangsstörung, weil Ansteckungsängste übergroß werden können. Zwar kann der erzwungene Rückzug ins Private zunächst entlastend sein, weil die Bedrohung dort geringer erscheint. Die Überempfindlichkeit des Angstsystems ist dadurch aber nicht geheilt, d.h. die Ängste steigern sich bei weniger Realitätskontakt eher noch weiter. Auch Menschen mit depressiven Erkrankungen leiden besonders unter der unsicheren Zukunftsperspektive, der aufgelösten Tagesstruktur und den reduzierten Sozialkontakten. Für betroffene Menschen ist es sehr wichtig, auch in der Krise eine angemessene Behandlung zu erhalten. Dem steht derzeit die Forderung entgegen, die Infektionsrate durch die Vermeidung aller nicht absolut notwendigen Kontakte zu reduzieren, um Menschenleben zu retten. Wie derzeit in vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft kommt damit eine weitere wichtige Fähigkeit zum Tragen: die Ambivalenztoleranz. Wir erleben ein Dilemma, das wir nicht ganz auflösen können, sondern in welchem wir nur Prioritäten setzen können. Für uns Therapeut*innen in den psychosomatischen, psychiatrischen und psychologischen Ambulanzen und Praxen bedeutet dies, einerseits auf den persönlichen Kontakt so weit wie möglich zu verzichten und auf Telefon- oder Videosprechstunden auszuweichen, auch wenn dabei die nonverbale Kommunikation als wichtiges Instrument für Diagnostik und Empathie beeinträchtigt ist, andererseits aber trotzdem weiter allen Hilfesuchenden Beratung und Behandlung anzubieten.

Verdrängung als probates Mittel

Wie anfangs beschrieben ist in der COVID-Krise die Bedrohung bisher vorwiegend abstrakt. Das Kriterium des unmittelbaren Erlebens betrifft (noch) nur wenige Menschen, die Patienten oder Altenheimbewohner pflegen oder Angehörige verloren haben. Auch die Stärke der Konsequenzen können wir uns bisher nicht so recht vorstellen: ist das mehr als eine Grippe, und was bedeutet es konkret für mich, wenn die Intensivstationen überfüllt sein werden? Damit zusammen hängt, dass viele Menschen sich nicht als Risikogruppe empfinden, selbst wenn sie eine Vorerkrankung haben oder älter sind. Das geht auch mir selbst so: mit Mitte fünfzig bin ich doch nicht alt! Im Extrem lässt sich dies derzeit international bei bestimmten Politikern beobachten. Verdrängung ist eben ein probates Mittel, um Angst zu reduzieren. Die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung wird also teilweise unterschätzt. Interessant ist, dass die Verdrängung weniger stark zu sein scheint, wenn es um die alten Eltern geht: hier höre ich insbesondere von Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen, die um sich selbst oft weniger Angst haben, aber auch von anderen Menschen zum Teil ausgeprägte Ängste, diese anzustecken. Gleichzeitig nimmt in der Gesellschaft mit der Dauer des „Lockdown“ die Wahrnehmung von Konsequenzen zu, die nicht mit einem Leiden „an Corona“, sondern „durch Corona“, also mit den Folgen unserer Schutzstrategie zusammenhängen: komme ich finanziell über die Runden? Bekomme ich noch meine Medikamente? Verlieren meine Kinder Ausbildungschancen?

Für Politiker*innen bedeutet dies derzeit, dass sie die Angst vor den direkten Konsequenzen von Corona abwägen müssen gegen die Angst vor den indirekten Konsequenzen, und dies gleichzeitig den Bürger*innen so vermitteln müssen, dass deren Angstbewältigung funktioniert. Bisher gelingt dies meines Erachtens erstaunlich gut. Trotz der abstrakten Bedrohung ist die große Mehrheit bereit, erhebliche Einschränkungen hinzunehmen. Hilfreich dafür mag sein, dass die Nachrichten aus Italien und Frankreich uns relativ nah sind (Unmittelbarkeit). Und dass offensichtlich der empathische Anteil der Angst, die Sorge um andere und Bereitschaft, diese zu schützen, stark angesprochen wird. Dass dies funktioniert, obwohl nicht Kinder, sondern Ältere gefährdet sind (bei Kindern ist der „Schutzreflex“ traditionell stärker) stimmt positiv. Angst/Sorge umeinander zu haben ist auch ein Kennzeichen einer lebenswerten Gesellschaft.

Angst in der Krise zu haben ist also angemessen. Wir benötigen ein mittleres Niveau an Angst, um zum Handeln und zu Verzicht bereit zu sein, ohne kopflos zu werden. Gleichzeitig ist es wichtig, zu wissen, dass es unmöglich ist, in der Krise ganz angstfrei zu werden. Vielleicht funktionieren die aktuellen Maßnahmen auch deshalb gut, weil sie mit dem Gefühl verbunden sind, dass etwas Starkes geschieht. Stärke ist oft mit der Hoffnung verbunden, dass eine Krise problemlos bewältigt werden und Angst, Unsicherheit und Ambivalenz ganz verschwinden könnten. Das ist im Leben nie möglich, und in der Krise erst recht nicht. Das Risiko dabei ist, dass die Sehnsucht größer wird, einer populistischen Führungsperson zu glauben, die eine komplette Lösung und Entängstigung verspricht. Weil die analytischen Fähigkeiten unseres Angstsystems begrenzt sind, kann das kurzfristig sogar die Sorge reduzieren. Ich erlebe dies als ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie, und halte es deshalb durchaus für wünschenswert, in der aktuellen Situation auch Angst um die Demokratie zu haben. Es gilt, einen mittleren Weg der Entängstigung zu finden: genug Entschlossenheit, um die Angst nicht zu vergrößern, aber auch genug Aufklärung und Besonnenheit in Bezug auf die Risiken, und Ermutigung dazu, auch Unsicherheiten und Ambivalenzen auszuhalten.

Auszeiten von der Angst nehmen

Wie kann nun der/die Einzelne mit aktuellen Ängsten umgehen? Ein gewisses Maß an Sorge, soviel sollte aus meinen Ausführungen deutlich geworden sein, ist nicht nur unvermeidbar, sondern auch hilfreich. Aus der Psychoonkologie, also der Betreuung krebskranker Menschen, gibt es zur Balance von Angst und Hoffnung einen schönen Satz von M. Ersek: „Dealing with it, but keeping it in its place“. „Dealing with it“ bedeutet, sich mit der Angst zu beschäftigen, um adäquat handeln zu können. Also aktuell, sich nicht nur über Verhaltensvorschriften zu informieren, sondern auch sich selbst und anderen deren Begründung klarzumachen, um ausreichend Verhaltensmotivation (sprich: Angst, oder Sorge um andere) aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig aber auch die wissenschaftliche und politische Diskussion zu verfolgen oder sich an ihr zu beteiligen, auch wenn sie Unsicherheiten erhöht, um nicht der Illusion einfacher Lösungen anheimzufallen. Angst ernst zu nehmen, und darüber zu sprechen: die Angst vor Ansteckung, vor dem Zusammenbruch der Intensivversorgung, vor dem Tod, vor Vereinsamung, vor wirtschaftlichen Folgen, Jobverlust, Finanzengpässen, vor einer Zunahme häuslicher Gewalt. Dabei anzuerkennen, dass Unsicherheit, Ambivalenz und ein Ausprobieren und Verändern von Haltungen und Maßnahmen kein Zeichen für Schwäche oder Versagen sind, sondern ein normales Element einer Krise. Dies gilt für den/die Einzelnen ebenso wie für die Politik.

„Keeping it its place“ bedeutet, der Angst zwar den Raum im Leben zu lassen, den sie nun einmal einnimmt, ob angemessen oder nicht, weil wir das nicht bewusst kontrollieren können. Es ist nicht falsch, sich unsicher zu fühlen, und es ist nicht möglich und nicht notwendig, angstfrei zu sein. Es ist deshalb auch nicht erforderlich, sich der Angst permanent zuzuwenden. Information ist wichtig, ständiges Informationen suchen oder Maßnahmen fordern ist jedoch eine Scheinlösung, die das Angstniveau eher erhöht als reduziert. Der Angst Entspannung entgegenzusetzen ist hingegen hilfreich und erlaubt: es tut dem Menschen nicht gut, ständig in Anspannung zu sein. Ein gewisses Maß an Verdrängung, das Ansehen schöner Filme, das Spazierengehen in der Sonne, ein Gesellschaftsspiel mit der Familie sind also nicht kontraindiziert, sondern fördern die Bewältigung von Angst und Sorge. Ebenso ist es hilfreich, sich zu erinnern, dass diese Krise natürlicherweise ein Ende haben wird, und dass wir persönlich, in der Familie und als Gesellschaft andere Krisen bereits bewältigt haben. Wir dürfen bei aller Sorge auch stolz sein auf die Bewältigungsfähigkeiten, die sich an so vielen Stellen zeigen.

Schließlich soll noch erwähnt werden, dass auch Scham eine Angst ist: die Angst, das Falsche zu tun und abgelehnt zu werden oder lächerlich zu sein. Sie entsteht natürlicherweise, wenn wir etwas Ungewöhnliches tun. Das kann auch die Einhaltung der Abstandsregeln oder das Tragen eines Mund-Nasenschutzes sein, wenn dies empfohlen wird. Es hilft zur Schambewältigung, wenn wir uns darin gegenseitig bestärken. Ein Blickkontakt, ein freundliches Lächeln (ja, das kann man auch mit Mund-Nasen-Schutz an den Augen sehen), ein freundliches Nicken, wenn man draußen diesen kleinen Bogen umeinander macht, bestätigt: ich freue mich, dass auch du Sorge trägst für uns alle. Bei aller Sorge genieße ich das jeden Tag.


Die Autorin

Prof. Dr. Franziska Geiser ist seit 2012 Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Psychophysiologie u.a. der Angst und die Psychoonkologie.

Bei Anfragen zu einem psychotherapeutischen Beratungsgespräch hilft die Ambulanz der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universität Bonn, Tel. 0228/287-16299

Weitere Ambulanzen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie oder der Klinik für Gerontopsychiatrie sind über die Webseite des Universitätsklinikums Bonn erreichbar: https://www.ukbonn.de/42256BC8002AF3E7/direct/kliniken-und-institute


Lebenszeichen – Wir bleiben im Gespräch

Unter dem Titel „Lebenszeichen – Wir bleiben im Gespräch!“ veröffentlicht die Universität Bonn Beiträge aus den Reihen ihrer Angehörigen, die unter dem Eindruck der Bekämpfung des Coronavirus und der daraus resultierenden Bedingungen entstanden sind. Sie will damit auch in schwierigen Zeiten den Diskurs aufrechterhalten und die universitäre Gemeinschaft stärken. In loser Folge erscheinen dazu auf dieser Website Beiträge von Universitätsangehörigen, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, Dialoge in Gang setzen, Tipps und Denkanstöße austauschen wollen. Wer dazu beitragen möchte, wendet sich bitte an das Dezernat für Hochschulkommunikation, kommunikation@uni-bonn.de.

Prof. Dr. Franziska Geiser
Prof. Dr. Franziska Geiser - Direktorin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des UKB © Foto: Universitätsklinikum Bonn
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