Die septische Chirurgie fängt da an, wo andere nicht mehr weiterhelfen können. Überwiegend betrifft es Patienten mit einer chronischen Knocheninfektion und einer langen Krankheitsgeschichte – so auch Klaus S: Vor acht Jahren bekam er zwei künstliche Hüften, mit denen er gut gehen und arbeiten konnte. Plötzlich brach links der Oberschenkelhals direkt unterhalb der Hüftprothese. Für die notwendige, aber sehr komplizierte Operation suchte Klaus S. Rat bei der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Bonn. „Viele kommen zu uns, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, sagt der Leitende Unfallchirurg Prof. Dr. Christof Burger. Denn als von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie zertifiziertes „Endoprothese-Zentrum der Maximalversorgung“ ist die Klinik auf die Behandlung von Komplikationen bei Gelenkprothesen sowie Zweitimplantationen spezialisiert.
Ein Fall für ein fachübergreifendes Experten-Team
Dann kam die Hiobsbotschaft einer Knocheninfektion, eine der problematischsten Komplikationen in der Orthopädie und Unfallchirurgie. „Ein solcher Infekt kann viele Ursachen haben, doch je öfter ein Patient operiert wird, desto höher ist auch das Risiko“, sagt Prof. Burger. Die meist langwierige, septisch-chirurgische Behandlung erfordere ein erfahrenes fachübergreifendes Ärzteteam, um für jeden Fall einen genauen, ergebnisorientierten Therapieplan festzulegen. „Neben Infekt-Freiheit ist ein Ziel der septischen Chirurgie immer, soviel Funktionalität für den Patienten wie möglich zu erhalten und eine Amputation zu vermeiden. Wichtig ist rasch zu handeln“, betont Prof. Burger.
„So viel wie möglich, so wenig wie nötig“
Daher warteten die Bonner Uni-Ärzte bei Klaus S. nicht lange mit der ersten Operation und Wundspülung. Dabei entfernten sie die von den Keimen befallene Knochensubstanz. „Das ist knifflig, und eine Gradwanderung zwischen dem medizinisch Notwendigen und möglichst großem Funktionserhalt“, sagt Prof. Burger. Anschließend erfolgte eine fallspezifische Antibiotika-Therapie und zwei Wochen nach deren Ende eine Nachkontrolle. Da die Keime den Oberschenkelknochen von Klaus S. hartnäckig befallen hatten, musste dieses Procedere öfter wiederholt werden, bis jetzt seit Mitte Februar im linken Bein keine Keime mehr nachgewiesen wurden.
Seltene Prothese ist seine Chance
Die zweite gute Nachricht für Klaus S. war, dass sowohl die Nerven und Blutgefäße in seinem linken Bein vollständig in Takt sind. So stand einer Mega-Prothese, die Hüftgelenk, Oberschenkelknochen und Kniegelenk umfasst, nichts mehr im Wege. „Größer geht nicht mehr. Auch für ein so spezialisiertes Zentrum wie unseres, ist eine solche Prothese selten und somit eine Herausforderung“, sagt Prof. Burger. Jetzt sechs Wochen nach der Implantation wagt Klaus S. mit einem Gehgestell die ersten Schritte auf dem Krankhausflur. Er weiß, dass ihm ein noch langer Weg bevorsteht: „Es wird kein Zuckerschlecken sein, doch ich will am Ende dieses Jahres wieder ohne Hilfen laufen können.“
Bonner Kongress rund um Infektionen in der orthopädischen Praxis
Unter dem Motto „Infekte bewegen“ diskutieren die Bonner Uni-Orthopäden und Unfallchirurgen mit Fachkollegen auf dem von ihnen ausgerichteten Kongress „BOUT 2016" am 3. und 4. Juni in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle. Als universitäres Zentrum übernimmt die Klinik vornehmlich komplizierte Fälle, so auch Patienten mit Infektionen an Knochen und Gelenken. Nur hochspezialisiertes Fachwissen kann die langwierige Behandlung zum Erfolg führen. „Als eines der größten Zentren zur Behandlung von Protheseninfekten sowie Wechselprothesen haben wir dabei im Blick, diesen Patienten mit einem scheinbar hoffnungslosen Leidensweg ein Stück Lebensqualität zurückzugeben“, sagt Prof. Dieter Wirtz, Direktor der Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn. Um dieses Ziel zu erreichen, sei vor allem die fächerübergreifende Zusammenarbeit innerhalb des Bonner Universitätsklinikums mit Mikrobiologen, Histologen und Radiologen, aber auch mit niedergelassenen ärztlichen Kollegen und Physiotherapeuten notwendig. „Genau diese ‚Zusammenführung von Kompetenzen’ will unser Kongress bewegen.“
Mehr Informationen BOUT 2016:
http://www.ortho-unfall-bonn.de/e1050/e1061/e1391/e10888/eventcontent10892/MZ01457_Bout_Programmheft_Fricke_2016-03-29_ger.pdf
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Dieter Christian Wirtz
Geschäftsführender Direktor des Chirurgischen Zentrums
Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-14170
E-Mail: dieter.wirtz@ukb.uni-bonn.de
Prof. Dr. Christof Burger
Leitender Arzt
Unfall-, Hand- und Plastisch-Rekonstruktive Chirurgie
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-15477
E-Mail: christof.burger@ukb.uni-bonn.de
Hilfe, wenn Keime hartnäckig im Knochen sitzen Hilfe, wenn Keime hartnäckig im Knochen sitzen
Kongress rund um scheinbar hoffnungslose Fälle mit Infektionen an Knochen und Gelenken
Am Freitag, 3. Juni und Samstag, 4. Juni veranstaltet die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Bonn erneut die Bonner Orthopädie und Unfalltage (BOUT 2016). Unter dem Motto „Infekte bewegen“ diskutieren etwa 800 Experten aus ganz Deutschland in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle unter anderem über Diagnostik und Therapie von nichtheilenden Wunden nach schweren Verletzungen sowie von Protheseninfektionen. Oft droht eine Amputation wie auch bei Klaus S. Doch mit einer konsequenten septisch-chirurgischen Therapie konnten Ärzte am Universitätsklinikum das Bein des 53-Jährigen retten. Jetzt hofft Klaus S. dank eines ungewöhnlich großen Implantats bald wieder laufen zu können.
Erste erfolgreiche Schritte:
- Prof. Christoph Burger (re) freut sich zusammen mit seinem Patienten über die ersten Gehversuche mit dem neuen Implantat;
© Rolf Müller / UK Bonn
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Mega-Prothese im Röntgenbild:
- Die große Beinprothese umfasst Hüftgelenk, Oberschenkelknochen und Kniegelenk;
© UK Bonn