Der Wissenschaftler aus Deutschland, der seit rund 20 Jahren an der Universität Bern arbeitet, beschäftigt sich neben Teilchenphysik auch mit der Physik der kondensierten Materie, die sich mit einer Vielzahl von Systemen befasst: Dazu zählen neben Magneten und Supraleitern etwa auch Quantenflüssigkeiten oder sogenannte Bose-Einstein-Kondensate. “Obwohl die Physik der kondensierten Materie weniger fundamental als die Teilchen- und Kernphysik ist, stellt sie aufgrund ihrer Fülle von Fragestellungen eine große Herausforderung dar”, sagt Prof. Dr. Uwe-Jens Wiese. Mit seiner Arbeitsgruppe hat er für einige Quantensysteme der kondensierten Materie sehr effiziente Simulationsalgorithmen entwickelt. “Es stellt sich nun die Frage, ob diese Algorithmen in abgewandelter Form auch für die Kernphysik eingesetzt werden können”, führt Wiese aus.
Die Kern- und Teilchenphysik sind das Spezialgebiet von Prof. Dr. Ulf-G. Meißner. Der Forscher vom Helmholtz-Institut der Universität Bonn hat Wiese für den Humboldt-Forschungspreis nominiert. In der Teilchenphysik wird die starke Wechselwirkung, die die Atomkerne im Inneren zusammenhält, durch fundamentale Quark- und Gluonfelder dargestellt. Für die Simulation der Kernphysik von Protonen und Neutronen hat der Physiker der Universität Bonn mit seinem Team sehr effiziente numerische Simulationsverfahren entwickelt.
Ideale Partner
Hochtemperatursupraleiter leiten die Elektronen auch bei höheren Temperaturen fast widerstandslos. Auf der Suche nach der Ursache wurden Quantensimulatoren vorangetrieben – Quantencomputer, die andere Quantensysteme nachahmen. “Herr Meißner und seine Arbeitsgruppe sind ideale Partner, um gegebenenfalls gewisse Fragen der Kernphysik ebenfalls mit Quantensimulatoren anzugehen”, sagt Wiese. Der Physiker aus Bern und der Physiker aus Bonn haben schon häufig über Physik diskutiert, aber noch keine wissenschaftliche Publikation gemeinsam geschrieben. “Das liegt daran, dass unsere Arbeitsgebiete ein wenig auseinanderliegen, aber doch von der Problemstellung und den Anforderungen sehr ähnlich sind”, sagt Meißner. “Gerade das ist nun unsere Basis für einen Austausch und eine gemeinsame Weiterentwicklung von Ideen.”
Forschungsaufenthalt von bis zu einem Jahr
Der Humboldt-Preis fördert gezielt die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit und bietet die Gelegenheit, insgesamt bis zu einem Jahr in einer Forschungsgruppe zu verbringen, die nicht direkt auf dem eigenen Forschungsgebiet arbeitet. Wiese: “Das schafft Synergien, die sonst im Forschungsalltag nur schwer zu realisieren wären.” Der Wissenschaftler strebt bereits für den Sommer einen ersten Aufenthalt in Bonn an.
Uwe-Jens Wiese wurde 1958 in Hannover geboren. Nach dem Studium und der Promotion in Physik an der Universität Hannover verbrachte er Forschungsaufenthalte in Hamburg, Jülich und Bern. Er habilitierte sich an der RWTH Aachen und arbeitete danach am DESY (HLRZ Jülich) und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA. Seit 2001 ist er Professor an der Universität Bern. Von 2004 bis 2010 war er dort Direktor des Instituts für Theoretische Physik.
Kontakt:
Prof. Uwe-Jens Wiese
Institut für Theoretische Physik
Universität Bern
Tel. +41 31 684 85 04
E-Mail: wiese@itp.unibe.ch
Prof. Dr. Ulf-G. Meißner
Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik
Universität Bonn
Tel. +49 228 732365
E-Mail: meissner@hiskp.uni-bonn.de