16. März 2008

Bonner Forscher entdecken neuen Hämoglobin-Typ Bonner Forscher entdecken neuen Hämoglobin-Typ

Messgeräte melden bei Betroffenen fälschlicherweise einen Sauerstoffmangel

Wissenschaftler der Universität Bonn haben eine neue seltene Hämoglobin-Variante entdeckt. Hämoglobin dient in den roten Blutkörperchen als Sauerstoff-Transporter. Bei Beladung ändert sich seine Farbe. Die neue Hämoglobin-Variante scheint selbst in beladenem Zustand optisch so, als ob sie wenig Sauerstoff transportieren würde. Messungen des Blutsauerstoffs liefern daher ein ähnliches Bild, als würden die Betroffenen unter einem angeborenen Herzfehler leiden. Nach Untersuchung zweier Patienten verstehen die Forscher nun aber, dass die neue Hämoglobinvariante die Sauerstoffmessung verfälscht. Die Wissenschaftler haben die Variante "Hämoglobin Bonn" genannt. Sie haben ihre Entdeckung in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Clinical Chemistry" veröffentlicht. Der Artikel ist unter http://www.clinchem.org/cgi/content/full/54/3/594 abrufbar.

Bild Bonner Forscher entdecken neuen Hämoglobin-Typ
Bild Bonner Forscher entdecken neuen Hämoglobin-Typ © Universität Bonn
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

Hämoglobin transportiert Sauerstoff zu den Körperzellen und nimmt dort im Gegenzug Kohlendioxid auf. Dabei ändert es seine Farbe. Mit einem optischen Messgerät, einem so genannten Pulsoximeter, kann man daher messen, ob im Blut genügend Sauerstoff vorhanden ist. Ursache eines Sauerstoffmangels kann beispielsweise ein angeborener Herzfehler sein.


So lautetet auch die Verdachts-Diagnose bei einem 4-jährigen Jungen, der in die Kinderklinik des Universitätsklinikums Bonn eingeliefert wurde. Nach ausführlicher Untersuchung fanden die Kinderärzte Dr. Andreas Hornung und seine Kollegen jedoch keinen Herzfehler. Auch bei dem 41-jährigen Vater des Jungen war zuvor bereits eine niedrige Sauerstoffsättigung im Blut festgestellt worden " ebenfalls, ohne dass man einen Herzfehler festgestellt hatte.


Dr. Berndt Zur aus der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Birgit Stoffel-Wagner vom Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie untersuchte das Hämoglobin des Jungen und des Vaters. Er entdeckte schließlich, dass es sich um eine neue Variante des Blutfarbstoffs handelte. "Das Pulsoximeter wird als Clip auf einen Finger gesetzt und durchleuchtet ihn mit Infrarotstrahlung", erklärt er. "Unbeladenes Hämoglobin schluckt Infrarotlicht. Je geringer der Sauerstoffgehalt des Blutes, desto weniger Licht durchdringt den Finger und kommt beim Sensor des Oximeters an." Das Hämoglobin Bonn absorbiert aber auch im beladenen Zustand etwas mehr Infrarotlicht als normales sauerstoffgesättiges Hämoglobin. "Deshalb haben wir zuerst nicht verstanden, warum die Patienten keine besonderen gesundheitlichen Probleme hatten", sagt Dr. Zur.


Jede Mensch hat zwei Haupt-Herzkammern. Die eine pumpt das Blut durch die Arterien zur Lunge, wo das Hämoglobin Kohlendioxid abgibt und Sauerstoff aufnimmt. Die andere pumpt das von der Lunge kommende Blut, das mit Sauerstoff gesättigt ist, zu jeder Körperzelle. Die beiden Herzkammern müssen im Herzen durch eine Wand getrennt sein, damit sich nicht das sauerstoffreiche mit dem sauerstoffarmen Blut vermischt. Manche Menschen haben aber ein Loch in dieser Scheidewand. In solchen Fällen zeigt das Pulsoximeter einen Sauerstoffmangel an. Ärzte werten diesen daher als Zeichen für einen Herzfehler. Eine weitere Ursache ist das so genannte Schlaf-Apnoe-Syndrom. Bei Betroffenen setzt im Schlaf mitunter mehr als eine Minute lang die Atmung aus. Der Vater des 4-Jährigen hatte daher auch einige Zeit eine nächtliche Sauerstoffbehandlung bekommen. "Wenn wir das Hämoglobin Bonn vorher gekannt hätten, hätten Vater und Sohn die Angst vor einem Herzfehler oder dem Schlaf-Apnoe-Syndrom erspart bleiben können", erklärt Dr. Zur.


Bilder zu dieser Pressemitteilung gibt?s im Internet unter http://www.uni-bonn.de >> Aktuelles >> Presseinformationen.



Kontakt:

Dr. Berndt Zur

Institut für Klinische Chemie und
Pharmakologie,

Universitätsklinikum Bonn

Telefon: 0228/ 287- 12122

Email: berndt.zur@ukb.uni-bonn.de







Bilder zu dieser Pressemitteilung:

Zum Download einer Bilddatei in Originalauflösung bitte auf die Miniaturansicht klicken. Der Abdruck im Zusammenhang mit der Presseinformation ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.



Dr. Berndt Zur hat das neue "Hämoglobin Bonn" entdeckt. (c) Johann Saba, Uniklinikum Bonn








Bild Bonner Forscher entdecken neuen Hämoglobin-Typ
Bild Bonner Forscher entdecken neuen Hämoglobin-Typ © Universität Bonn
Wird geladen