Anke R. (Name geändert), die Mutter der kleinen Clara, hatte eine problemlose Schwangerschaft. Erst in der 34. Woche stellten Ärzte bei einer Ultraschall-Untersuchung eine Auffälligkeit fest: Das Herz ihres Kindes war stark vergrößert. Weil für die Behandlung ein Spezialist notwendig war, wurden die Eltern an das Perinatalzentrum des Universitätsklinikums Bonn verwiesen. Nach einer kurzen Zeit der Ungewissheit diagnostizierten Kinderärzte dort bei Clara eine schwere Virusinfektion. Sie litt an einer vorgeburtlichen, im Mutterleib erworbenen Infektion mit Cytomegaloviren (CMV).
Das Cytomegalovirus ist für gesunde Erwachsene meist harmlos. Doch in der Schwangerschaft kann sich das Virus als äußerst gefährlich für das Ungeborene erweisen. Privatdozent Dr. Andreas Müller, leitender Oberarzt der Abteilung Neonatologie, dessen Spezialgebiet die Behandlung von im Mutterleib erworbenen Viruserkrankungen ist, erklärt: „Etwa die Hälfte der schwangeren Frauen in Deutschland hat zu Beginn der Schwangerschaft keine Immunität gegen CMV.“ Während einer Schwangerschaft stecken sich von diesen Frauen zwischen zwei und vier Prozent - oft ohne Symptome und somit unerkannt - mit dem Virus an.
Jede zweite Schwangere, die sich mit CMV infiziert, überträgt das Virus auf ihr Kind. Jedes zehnte Ungeborene, das eine solche Infektion übertragen bekommt, erkrankt schwer. Da das Immunsystem des ungeborenen Kindes die Virusinfektion noch nicht erfolgreich bekämpfen kann, kommt es zu bleibenden Organschäden oder sogar zum Tod des Kindes.
Nach der Diagnose überstürzten sich die Ereignisse. Oberarzt Müller klärte die werdenden Eltern noch vor der Geburt über die Erkrankung ihres Kindes und die Chancen einer Behandlung auf. Es stand sogar die Frage eines vorzeitigen Schwangerschaftsabbruchs im Raum. „Am liebsten wäre ich einfach weg gegangen und hätte alles hinter mir gelassen. Aber wir sind sehr gläubig“, sagt Anke R. Allen war jedoch klar, es lohnt sich zu kämpfen.
Nach dem Kaiserschnitt übernahmen die Kinderärzte sofort die intensivmedizinische Betreuung der Kleinen. Clara musste beatmet werden, denn das Virus hatte auch ihre Lunge befallen. Ebenso waren Herz und Leber geschädigt. Müller erklärt: „Die sofortige Intensivtherapie ermöglichte uns die Infektion auch gleich mit Medikamenten, so genannten Virostatika, zu bekämpfen.“
Die Medikamente gegen das Virus stimmte Müller sorgfältig und ganz individuell auf Clara ab: „Es ist eine seltene Erkrankung. Daher können sich spezialisierte Ärzte nur auf eigene Erfahrungen und wenige Studien stützen.“ Deshalb war anfangs der Ausgang für die kleine Patientin vollkommen offen. Doch die Medikamente zeigten ab der zweiten Behandlungswoche Wirkung. Clara stabilisierte sich und dann ging es zunehmend bergauf. Nach zwei Monaten konnten die erleichterten Eltern ihre Tochter aus der Intensivstation abholen und mit nach Hause nehmen. Dort ging das Ringen um Claras Gesundheit weiter. Nach der individuellen Rezeptur von Müller bereitete die Apotheke vor Ort für weitere acht Wochen Claras Medizin zu.
Ein halbes Jahr später war der Kampf gegen das Virus entschieden: Claras Organe hatten sich wieder erholt und die Blutwerte waren normalisiert. Heute ist die Kleine ein munteres Kind. Einzig eine Sehschwäche auf ihrem linken Auge ist Folge ihrer Viruserkrankung im Mutterleib. Ihre Mutter ist stolz: „Clara ist sehr kommunikativ und neugierig. Auch Dank der tollen Pflege in Bonn ist sie ein sehr mutiges Kind geworden.“
Kontakt:
PD Dr. med. Andreas Müller
Abteilung für Neonatologie
Universitätskinderklinik Bonn
Telefon: 0228/28716574
E-Mail: a.mueller@ukb.uni-bonn.de