08. Januar 2018

Galaktische Giganten in Nachbargalaxie entdeckt Gigantische Sterne in Nachbargalaxie entdeckt

Forscher finden überraschend viele massereiche Sterne in der Großen Magellanschen Wolke

Ein internationales Team von Astronomen hat eine unerwartet hohe Anzahl extrem massereicher Sterne in unserer Nachbargalaxie der Großen Magellanschen Wolke gefunden. Die Entdeckung hat weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis davon, wie solche Schwergewichte das Universum in seine heutige Form verwandelt haben. Die Studie wurde im Journal Science veröffentlicht.

Die Große Magellansche Wolke beherbergt überraschend viele massereiche Sterne
Die Große Magellansche Wolke beherbergt überraschend viele massereiche Sterne © Universität Bonn
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Sterne sind kosmische Motoren. Sie haben nahezu alle chemischen Elemente produziert, die schwerer als Helium sind, wie z.B. den Sauerstoff, den wir täglich einatmen und das Eisen in unserem Blut. Sogenannte massereiche Sterne haben mindestens die 8 bis 10-fache Masse unserer Sonne. Während ihres Lebens produzieren sie unvorstellbare Mengen ionisierender Strahlung und kinetischer Energie in Form von Sternwinden und Supernova Explosionen. Die ionisierende Strahlung massereicher Sterne ist mitverantwortlich für das Erleuchten des Universums nach dem sogenannten Dunklen Zeitalter kurz nach dem Urknall. Außerdem treibt die Wechselwirkung massereicher Sterne die Entwicklung von Galaxien an. „Um all diese Feedback Mechanismen und daher die Rolle massereicher Sterne im Universum quantitativ zu verstehen, müssen wir wissen, wie viele dieser Giganten im Universum geboren werden“, erläutert Norbert Langer, Astronom an der Uni Bonn und Mitautor einer gerade im Journal Science veröffentlichten Studie, die sich genau damit befasst und unvorhergesehenes zu Tage befördert hat.
 
Im Rahmen des VLT-Flames Tarantula Surveys (VFTS) haben sich die Forscher auf die Suche nach massereichen Sternen gemacht. Das Problem: In allen Regionen des Universums, die Astronomen bisher untersucht haben, sind Sterne umso seltener, je massereicher sie sind. Weniger als 1% aller Sterne haben mehr als 10 Sonnenmassen, sind also mehr als zehn Mal so schwer wie unsere Sonne. Weil massereiche Sterne so rar sind, gibt es nur wenige Gebiete im lokalen Universum, die eine derartige Untersuchung überhaupt erlauben. Die Wissenschaftler haben deshalb das größte Sternentstehungsgebiet im lokalen Universum anvisiert, das 180.000 Lichtjahre entfernte 30 Doradus, in dem einige der massereichsten Sterne des Universums zu finden sind. Sogar etwa 1000 Sterngiganten haben die Astronomen mit Hilfe des fortschrittlichsten optischen Observatoriums der Welt, dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte beobachten können. „Wir waren vollkommen überrascht, als wir festgestellt haben, dass im Sternentstehungsgebiet 30 Doradus scheinbar deutlich mehr massereiche Sterne entstanden sind als erwartet“, sagt der Leiter und Erstautor der Studie, Fabian Schneider von der Universität Oxford.
 
Doch damit nicht genug. Etwa 250 Sterne mit der 15- bis 200-fachen Masse der Sonne haben die Wissenschaftler im Detail analysiert und die Masse mit neuartigen beobachtenden, theoretischen und statistischen Methoden bestimmt. Für sie ist vor allem auch deren ursprüngliche Masse bei der Sternentstehung - sozusagen deren Geburtsgewicht - interessant. Schließlich hat das wiederum Einfluss darauf wie Sterne wechselwirken und damit auf die Entwicklung des Universums. Deshalb wurde auch die Verteilung der Geburtsmassen, die sogenannte ursprüngliche Massenfunktion (IMF, engl. „initial mass function“), bestimmt. „Wir waren nicht nur über die schiere Anzahl massereicher Sterne überrascht, sondern auch darüber, dass die IMF bis 200 Sonnenmassen äußerst dicht bevölkert ist“, sagt Hugues Sana von der Universität Leuven, ein Koautor der Studie. Bis vor kurzem war die Existenz von Sternen mit der 200-fachen Masse der Sonne noch sehr umstritten. Die aktuelle Studie legt nahe, dass die maximale Geburtsmasse von Sternen vermutlich sogar im Bereich zwischen 200 und 300 Sonnenmassen liegt.
 
Erkenntnisse werfen neue Fragen auf
 
„Unsere Ergebnisse haben weitreichende Konsequenzen für das Verständnis unseres Kosmos. Massereiche Sternpopulationen wie die in 30 Doradus können 70% mehr Supernovae produzieren, 200% mehr chemisches Feedback und 270% mehr ionisierende Strahlung. Auch die Entstehungsrate von schwarzen Löchern ist um 180% erhöht und somit auch die zu erwartende Häufigkeit von Verschmelzungen von Doppelsternen von schwarzen Löchern, die vor kurzem durch Gravitationswellendetektoren auf der Erde nachgewiesen wurden“, erklärt Fabian Schneider die Bedeutung der Studienergebnisse.
 
Die Studie wirft viele neue Fragestellungen über die Entstehung unserer Galaxie auf. Norbert Langer freut sich darauf: "Nun, da wir wissen, dass es viele Sterngiganten gibt, bleibt unter anderem zu erforschen, wie diese sich entwickeln, bevor sie Schwarze Löcher bilden. Auch hier sind Überraschungen nicht ausgeschlossen." Wie groß die dann ausfallen, steht tatsächlich in den Sternen.
 
 
Publikation
Schneider, Sana, Evans, Bestenlehner, Castro, Fossati, Gräfener, Langer, et al.: An excess of massive stars in the local 30 Doradus starburst. In: Science, Vol. 359, Issue 6371, S. 69-71.
 

Kontakt für die Medien: 

Prof. Dr. Norbert Langer
Argelander-Institut für Astronomie
Universität Bonn
Tel.: 0228/733656

E-Mail: nlanger@astro.uni-bonn.de

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