Der australische Feuerkäfer fliegt auf verbranntes Holz. Experten sprechen auch von Pyrophilie („Feuerliebe“). In Insektenkreisen ist dieses Verhalten nicht gerade weit verbreitet. Merimna atrata (so der lateinische Name) hat dafür aber einen guten Grund: Das tote Holz bietet den Larven des Käfers Nahrung im Überfluss; er nutzt es daher zur Eiablage.
Doch wie findet Merimna zu einer frischen Brandfläche? Seit einiger Zeit weiß man, dass der Feuerkäfer über Wärmesensoren verfügt, mit denen er Infrarotstrahlung detektieren kann. Er „sieht“ also gewissermaßen Orte in seiner Umgebung, die besonders warm sind. Ursprünglich vermutete man, dass er diese Fähigkeit nutzt, um Waldbrände aufzuspüren.
„Allerdings sind die IR-Organe bei Merimna atrata vergleichsweise unempfindlich“, betont Dr. Helmut Schmitz. Schmitz ist Privatdozent am Institut für Zoologie der Universität Bonn; er erforscht seit fast zwei Jahrzehnten den Wärmesinn der schwarzen Insekten. „Das spricht eigentlich dagegen, dass der Käfer auf diese Weise Brände aus größerer Entfernung entdecken kann.“
Käfer mit Klebstoff fixiert
Zusammen mit seinen Mitarbeitern konnte Schmitz nun erstmals zeigen, dass diese Zweifel berechtigt sind. Die Wissenschaftler ersannen dazu ein trickreiches Experiment. Vereinfacht gesagt, klebten sie die Käfer mit dem Rücken an das Ende einer Nadel und hängten sie daran auf. Die Versuchstiere konnten so fliegen, ohne sich dabei fortzubewegen. „Was noch wichtiger war: Sie konnten in beliebige Richtungen navigieren, sich also nach rechts oder links drehen“, betont Schmitz.
Nun beleuchteten sie die Tiere von der Seite mit schwacher Infrarotstrahlung. Die Käfer wechselten daraufhin die Flugrichtung – allerdings nicht zur Quelle hin, sondern sie drehten stets ab.
„Die IR-Organe sitzen bei Merimna an beiden Seiten ihres Hinterleibs; dies ist übrigens einzigartig im Tierreich“, erklärt Schmitz. „Wenn wir sie mit Alufolie abklebten, reagierten die Tiere nicht mehr auf die Strahlung, sondern flogen immer geradeaus. Sobald wir die Folie entfernten, zeigten sie wieder ihr ursprüngliches Verhalten.“ Diese Beobachtung legt eine andere Nutzung der Wärmesensoren nahe: „Vermutlich helfen sie den Feuerkäfern, beim Anflug auf einen Eiablage-Platz – etwa einen frisch verbrannten Ast – noch heiße Stellen zu vermeiden; diese sind bei Tage für Mensch und Tier nämlich mit den Augen nicht erkennbar“, sagt Schmitz.
Wie die Tiere Waldbrände aufspüren, ist damit immer noch ungeklärt. Auch visuelle Reize scheinen dabei keine Rolle zu spielen, obwohl Merimna atrata über gute Augen verfügt. Die Forscher testeten diese These, indem sie den Käfern Dias großer Rauchwolken zeigten, die über einem Waldgebiet aufstiegen. Die Insekten zeigten sich davon aber völlig unbeeindruckt: Sie änderten ihre Flugrichtung nicht.
Der Nase nach
„Wir nehmen daher an, dass Merimna atrata sich anhand von Gerüchen orientiert, die bei den Bränden entstehen“, folgert Helmut Schmitz. Das ist auch aus einem weiteren Grunde sinnvoll: Gerüche können nämlich Aufschluss darüber geben, was genau da verbrennt. Aus der Hitzeentwicklung oder dem Aussehen der Rauchwolken lässt sich diese Information dagegen nicht entnehmen. Merimna ist ausgesprochen wählerisch: Er legt seine Eier nur in verbranntem Eukalyptusholz ab. Andere Bäume meidet er. Würde er sich auf seinen IR-Sinn verlassen, würde er riskieren, zu unpassenden Bränden gelockt zu werden.
Bei einem engen europäischen Verwandten, den Feuerkäfern der Gattung Melanophila, ist das übrigens ganz anders: Ihre Larven wachsen in den verschiedensten Bäumen heran. Bei ihnen würde sich ein Feuer-Sinn also durchaus lohnen sein. Tatsächlich verfügt auch Melanophila über Infrarotsensoren, die allerdings völlig anders aufgebaut sind. Sie können Wärmestrahlung vermutlich noch aus großen Entfernungen erspähen: Messungen und theoretischen Berechnungen zufolge sind sie mindestens 500mal empfindlicher als die von Merimna atrata.
Publikation: Marcel Hinz, Adrian Klein, Anke Schmitz und Helmut Schmitz: The impact of infrared radiation in flight control in the Australian “firebeetle” Merimna atrata; PLOS ONE; DOI: 10.1371/journal.pone.0192865
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PD Dr. Helmut Schmitz
Institut für Zoologie der Universität Bonn
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