Die DR ist weltweit die häufigste Ursache für Erblindung im erwerbsfähigen Alter. Millionen von Menschen drohen in Entwicklungs- und Schwellenländern dadurch eine Seheinschränkung zu erleiden, da es an Möglichkeiten einer frühen Diagnose und Behandlung mangelt. „Bislang gibt es in Entwicklungs- und Schwellenländern allerdings oft keine Untersuchungen, um diabetische Retinopathie festzustellen“, sagt Dr. Maximilian Wintergerst, Arzt an der Augenklinik des Universitätsklinikums Bonn und Projektleiter in Deutschland. “Ein erschwingliches und leicht durchführbares Screening-Verfahren zur Früherkennung ist sehr hilfreich, um die augenärztliche Versorgung zu verbessern“, so Prof. Robert Finger, Ko-Leiter des Projektes. Einen möglichen Ansatz sehen die Bonner Augenärzte in der Smartphone-basierten Funduskopie.
„Wir nutzen die Kamera des Smartphones, um ins Auge zu sehen“
Diese äußerst mobile und kostengünstige Art der Augenhintergrundspiegelung testeten sie das erste Mal bereits vor knapp drei Jahren im Rahmen einer Pilotstudie zusammen mit der Sankara Eye Foundation in Südindien. Dort untersuchte Wintergerst erstmals zusammen mit dem Team des Sankara Eye Hospitals in Bangalore 200 Patienten mit Diabetes. Mit umgerüsteten Smartphones nahmen sie Bilder vom Augenhintergrund auf. Dazu fokussiert ein Adapter den Strahlengang der Kamera und der Beleuchtungsquelle so, dass die Mobiltelefone als Ophthalmoskop eingesetzt werden können. Ergebnis der Studie war, dass mit allen vier getesteten Smartphone-basierten Verfahren die Augenhintergrund-Untersuchung möglich ist. „Wir hatten somit ein leicht zugängliches sowie sehr kostengünstiges Verfahren gefunden“, sagt Dr. Wintergerst.
Diese war dann auch die Basis zur Etablierung eines telemedizinischen DR Screenings in den ärmeren Stadtvierteln von Bangalore und der ländlichen Umgebung. Denn der Smartphone-Augenspiegel ist schnell und einfach zusammengebaut, so dass geschultes, nicht-ärztliches Personal fernab eines medizinischen Zentrums Aufnahmen von der Netzhaut machen kann. Ein weiterer Spareffekt entsteht dadurch, dass ein Augenarzt die vom Smartphone per Internet zu ihm ins Krankenhaus gesendeten Bilder direkt auswertet. So kann sofort zurück gemeldet werden, ob der Patient eine DR hat und eine Behandlung notwendig ist.
Etablierung eines Augen-Screenings per Telemedizin in Indien
Wintergerst ist seitdem öfter in Indien, um am Sankara Eye Hospital in Bangalore zusammen mit den Kollaborationspartnern vor Ort, die Smartphone-basierte Tele-Ophthalmologie zu etablieren. „Wichtig ist uns ein nachhaltiger Wissenstransfer, so dass die telemedizinischen Screenings langfristig weitergeführt werden können“, sagt Wintergerst. Auch hat er eine große Vision: „Eine Ausweitung des telemedizinisches DR-Screening-Programmes auf weitere Krankenhäuser der Sankara Eye Foundation mit dem in Bangalore etablierten telemedizinischen Reading Center als koordinierendes Zentrum. Dies könnte die augenärztliche Versorgung für viele Menschen mit Diabetes, insbesondere in ländlichen Gebieten mit schlechter medizinischer Infrastruktur deutlich verbessern.“ Auch sieht er das Potential, dass dieses telemedizinische Screening-Konzept auf andere Schwellen- und Entwicklungsländer übertragen werden könnte.
Jetzt freute er sich für das von ihm vorangetriebene Projekt den Sonderpreis im Rahmen der bytes4diabetes-Awards 2020 in Empfang zu nehmen. Die Jury will aufgrund der großen Dimension und Bedeutung, die das telemedizinische Screening vor Ort für die betroffenen Menschen in Indien haben kann, das Engagement würdigen.
Hier gibt es ein Video und mehr Infos zu dem Sonderpreis im Rahmen der bytes4diabetes-Awards 2020:
https://www.bytes4diabetes.de/smartphone-based-tele-ophthalmology
Kontakt für die Medien:
Dr. Maximilian W. M. Wintergerst
Arzt in Weiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde
Prof. Dr. Robert P. Finger
Leitender Oberarzt der Klinik, Lehrstuhl für ophthalmologische Epidemiologie und neuroretinale Bildgebung
Augenklinik am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-15543
E-Mail: Maximilian.Wintergerst@ukbonn.de