Seit 2005 (und mit nur einer pandemiebedingten Ausnahme im Jahr 2020) hat die Universität Bonn mit dem Universitätsfest ihre Absolventinnen und Absolventen in einem feierlichen Rahmen verabschiedet. Die Teilnahme ist dabei natürlich freiwillig. Die Besonderheit in Bonn war von Anfang an, dass alle Absolvent*innen schwarze Talare und die markanten quadratischen Barette tragen und auch das Rektorat und die Fakultätsleitungen in ihren traditionellen farbigen Roben erscheinen. Die Talare der Dekan*innen sind dabei vollständig in den jeweiligen Fakultätsfarben gehalten, die sich bei den Talaren der Absolvent*innen in den Schärpen und den Quasten am Barrett wiederfinden. So kann man den Absolventen der Landwirtschaftlichen Fakultät am satten Grün erkennen, und die Absolventin der Katholischen Theologie am „ins blau spielende Violett“ (auch die Evangelisch-Theologische Fakultät hat Violett als Farbe, aber „ins Schwarz spielend“).
Feiern und Sorgen vergessen
Mit einem Vorschlag wandte sich Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch zu Beginn des Fests an die Versammelten: „Heute wollen wir alle Sorgen einmal vergessen und nur feiern.“ Feiern, dass die Mühen des Studiums endlich belohnt wurden. Dass der lang ersehnte Abschluss in der Tasche ist. „Seien Sie stolz auf sich“, betonte der Rektor. „Sie haben einen Abschluss einer der besten Universitäten Deutschlands, Europas und der Welt erworben!“ Und das darf, nein das soll man eben auch feiern – vor allem auch mit seiner Familie, seinen Freund*innen und Kommiliton*innen. Bachelor- und Master-Absolvent*innen aus über 70 Nationen waren dieses Mal dabei – auch das ein Rekord.
Auch das Thermometer kletterte dieses Mal auf Rekordniveau, worauf Rektor Hoch in seiner Begrüßung hinwies: „Mein ersten Universitätsfest als Rektor war 2015. Ich erinnere mich gut: Damals herrschte das Hoch ‚Annelie‘, und es waren 35 Grad im Schatten, aber unter den Talaren fühlte es sich wie 50 Grad an. Heute haben wir das Hoch ‚Evi‘, und 51 Grad unterm Talar!“ „Man muss viel trinken bei diesem Wetter!“ ermahnte Rektor Hoch die Menge. Das galt vielleicht am meisten für ihn selbst: Denn auch die große Hitze konnte den Rektor nicht davon abhalten, sich immer wieder für Selfies mit stolzen Absolvent*innen zur Verfügung zu stellen. Die Sonne brannte dabei erbarmungslos auf das traditionelle rote Samtgewand mit der goldenen Stickerei nieder, doch die Freude in den Gesichtern machte das vergessen. Die Schlange der Fotowilligen wurde auch einfach nicht kürzer. Einer von denen, die sich mit dem Universitätsoberhaupt ablichten lassen wollte, war Hannes Öing. Der Medizin-Absolvent arbeitet inzwischen als Radiologe in Schleswig-Holstein. Aus Niedersachsen war er zum Studium nach Bonn gekommen und kehrte nun gemeinsam mit seinen Eltern zurück, um das Ergebnis zu feiern. Das sei eine Art „Homecoming“ für ihn, wie solche Feiern in den USA genannt werden. Öing freute sich, so viele Kommiliton*innen aus dem Studium noch einmal wiederzusehen.
Feiern im Freien
Unter die Gäste hatte sich auf Prof. Dr. Max Baur gemischt. Als damaliger Prorektor für Forschung hatte er das Universitätsfest 2005 ersonnen und initiiert. Er freute sich, dass seine Idee von damals Bestand hatte und lobte die gute Stimmung unter den Teilnehmenden auf der Hofgartenwiese. Das Format des Universitätsfests hat sich in den vergangenen Jahren leicht verändert. 2021 wurde beim „Graduation Walk“ erstmals auf ein Festzelt verzichtet – damals musste dem Feiern im Freien schon aufgrund der Corona-Auflagen der Vorzug gegeben werden. Das wurde 2022 beibehalten, aber um das zuvor bewährte Bühnenprogramm ergänzt. Das wurde dann durch die „Ausgabe der Schmuckurkunden“ unterbrochen. Das ist der Teil des Programms, der für die Absolvent*innen den Abschluss ihres Studiums markiert: Jede Fakultät hat ein Zelt, in dem ihnen ihre Dekan*innen und Prodekan*innen zum Studienerfolg gratulieren und jenes „schmucke“ Dokument in lateinischer Sprache überreichen.
Je nach Fakultät konnte der Empfang der Urkunde sich dann auch trotz Tandem-Einsatzes der Dekanate etwas ziehen. Jennifer Wasem und Vanessa Jodlauk waren als Absolventinnen der besonders stark vertretenden Philosophischen Fakultät dankbar für kostenlos bereitstehendes Wasser. Sogar Sonnencreme gab es – „zum Nachcremen“.
Zuckerwatte als Lockmittel für Gründungswillige
Sonnenschutz war auf jeden Fall während des Fests geboten. Mehr als 30 Stationen können die Absolvent*innen während des Fest anlaufen, von der Talarausgabe über die Fotostation bis zum Blumenstand, sich beim Radiosender bonnFM interviewen lassen, oder sich an der „Wall of Fame“ verewigen. Beim Alumni-Netzwerk und der Universitätsgesellschaft konnte man spontan Mitglied werden. Um für seine Gründungsberatung zu werben, hatte sich das Transfercenter enaCom ein gutes Lockmittel ausgedacht: Auf Zuckerwatte in Unifarben warteten die Absolvent*innen auch gerne etwas länger. Gut, dass sie die Wartezeit durch Informationen zu den Angeboten des Centers überbrückt bekommen. „Unsere Beratung für Gründungsinteressierte bieten wir auch noch nach Abschluss des Studiums in Bonn an“, sagt Greta Mittweg-Grapentin, dieInnovation-Scout bei enaCom ist. Am Stand des Career Service der Universität, das erstmals beim Unifest dabei war, gab es zwar keine Zuckerwatte, aber ein Karriere-Glücksrad und jede Menge Hilfestellung für den Berufsein- und -aufstieg – natürlich auch nach dem Studienabschluss, wie Beraterin Dr. Anke Bohne betonte.
Neben nützlichen Gesundheitstipps war der Bonner Hochschulsport mit handfesten Angeboten vertreten. Übungsleiter Nikita Jarocky hatte einen Container voll Ausrüstung für Outdoor-Fitness und Funktionales Training dabei und schaffte es immer wieder, Passant*innen dazu zu bringen, sich trotz der Hitze an Langhanteln, Kettleballs und Klimmzugstangen zu versuchen. Judith Werkhausen sagt: „Wir wollen die Leute motivieren, sich mehr zu bewegen!“ Denn auch Alumni dürfen Angebote des Hochschulsports nutzen.
Zur besonderen Atmosphäre auf der Wiese trugen auch zahlreiche Musik-Ensembles bei, darunter der Jazzchor und der Internationale Chor der Universität, die "Schelli" von Collegium musicum und Camerata musicale sowie die Band „Where we first met“, eine Combo aus Doktoranden der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. „Das ist zum Teil eine 'Apotheker-Band': Der Bassist ist mein Doktorand“, sagt Prof. Dr. Finn Hansen, und ein doktorväterlicher Stolz schwingt dabei mit. Wenig später muss Hansen dann selbst auf die Bühne im Hofgarten, auf der sein Promovend gerade alles gibt. Er ist einer der diesjährigen Lehrpreisträger*innen, die auf großer Bühne für ihre herausragenden Leistungen in der universitären Lehre geehrt werden. Der Prorektor für Studium, Lehre und Hochschulentwicklung, Prof. Dr. Klaus Sandmann dankte Hansen und den anderen Geehrten persönlich für ihr vorbildliches Engagement.
„Wir haben durchgehalten“
Wie schwer es in den vergangenen Semestern mitunter gewesen ist, zu gut lernen und zu lehren, darauf weist Laura Meredig von der Philosophischen Fakultät hin. Sie hat in diesem Jahr die ehrenvolle Aufgabe übernommen, im Namen aller Absolvent*innen zu sprechen. Dabei wies sie auf die besonderen Umstände hin, unter denen viele Anwesende ihr Studium geschafft haben. „Ich habe mich auf ein Studium im Schloss gefreut – wie bei Harry Potter –“, sagt sie, aber wegen der Pandemie wurde daraus erst mal nichts. „Mein Studium fand in einem 12-Quadratmeter-Zimmer statt. Gemeinsam gelernt haben wir auf Spaziergängen statt in der Bibliothek.“ Die Studierenden hätten gelernt, widerstandsfähig zu sein. „Wir haben trotz allem durchgehalten! Darauf können wir stolz sein. Das Feiern haben wir uns redlich verdient.“ Ein kräftiger Applaus kam als Bestätigung aus der Menge in den schwarzen Talaren zurück.
Oberbürgermeisterin Katja Dörner überbrachte persönlich die Glückwünsche der Bundesstadt. Sie rief den Abschlussjahrgang auf, neugierig zu sein: „Seien Sie neugierig auf das, was nach dem Studium kommt! In Bonn gibt es weiterhin viel für Sie zu entdecken.“ Sie wünsche sich, dass viele in der Stadt und der Region bleiben, um mitzuhelfen, die Herausforderungen der Zeit gemeinsam zu stemmen. Dafür gebe es in Bonn und Umgebung viele interessante Arbeitsstellen. Der Universität dankte Dörner für die gute Zusammenarbeit, für ihre Offenheit für internationale Gäste und für die exzellente Forschung und Lehre.
Traditionelles Hütewerfen
Mit dem traditionellen „Hütewerfen“ fand das Universitätsfest einen würdigen Abschluss, der schon beim ersten Versuch gelang, nicht zuletzt dank präziser Anweisungen des Moderationsteams von Radio bonnFM, Carlotta Grünjes und Tristan Pena Hoffmann, die auch zweisprachig vor unkontrolliert fliegenden Kopfbedeckungen warnten. Die elf Einsatzkräfte vom Malteser Hilfsdienst mussten wohl auch deshalb zum Glück keine Kopfwunden verbinden, leisteten aber über 20 Mal Hilfe – insbesondere bei witterungsbedingten Notlagen.
Trotz hochsommerlicher Temperaturen ließen sich die Absolvent*innen zum Abschluss des Universitätsfest von der Bonner Brassband „Druckluft“ mit mitreißenden Rhythmen kräftig einheizen und tanzten, sprangen und feierten ausgelassen vor der Bühne. Eine gelungene Feier ging ohne Sorgen zu Ende. Selbst das Wetter spielte bis zum Schluss mit – eine einsame Gewitterzelle flog nördlich am Hofgartengelände vorbei…
Ein Riesendank gilt dem Veranstaltungsteam von Martina Krechel, das unter Federführung von Lena Hufschmidt das Universitätsfest organisiert hat, der Mannschaft der Abteilung 4.1 - Zentrale Serviceaufgaben und allen, die dazu beigetragen haben, das Universitätsfest 2023 für alle Teilnehmenden zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.