Die von der Alexander von Humboldt-Stiftung selbst angeregte Studie entstand unter schwierigen Recherchebedingungen, da die meisten Quellen, wie der Autor nachweisen konnte, bei Bombenangriffen in den letzten Kriegsjahren vernichtet worden waren. Erst mit der Wiedervereinigung wurden Archive in Ostdeutschland zugänglich, in denen sich für die Aufarbeitung zentrale Dokumente über die Stiftung, insbesondere ihre Aktivitäten während des Zweiten Weltkriegs, fanden. Zusammen mit Interviews mit ehemaligen Stipendiaten sind sie die Grundlage für ein genaueres Bild der Stiftung und der politischen Ziele jener Zeit.
Die Alexander von Humboldt-Stiftung, 1925 unter Stresemann eingerichtet, war von Beginn an nur formell ein unabhängiges Instrument der Kulturpolitik des Auswärtigen Amts. Mithilfe von Stipendien sollten ausländische Studierende als künftige Multiplikatoren gewonnen werden. Nach 1933 setzten die Nationalsozialisten die Förderung des Ausländerstudiums unter neuen ideologischen Vorzeichen fort. Bis in die letzten Kriegswochen hinein diente die Stipendienvergabe der Rekrutierung von Eliten für Hitlers Imperium – sowohl im Sinne einer kollaborationsbereiten politischen als auch im Sinne einer rassischen Elite: der "geistigen Wehr" des "Neuen Europa".
"Die Studie zeigt, wie die damalige Stiftung ab 1933 mehr und mehr als Instrument zur Verwirklichung der damaligen propagandistischen Ziele und schließlich auch im Zeichen des Rassenwahns der Nazis genutzt wurde", sagte der Generalsekretär der Stiftung Enno Aufderheide zum Erscheinen der Studie in Bonn. "Die Erkenntnisse der Arbeit sind eine Mahnung, wachsam zu bleiben gegenüber allen Versuchen, selbst so positive Maßnahmen wie den wissenschaftlichen Austausch zu missbrauchen", so Aufderheide. Wenn es in dem bedrückenden und beschämenden Gesamtbild eine positive Erkenntnis gebe, so sei es die, dass die Nazis das Deutschlandbild vieler Stipendiaten nicht wie erhofft manipulieren konnten, so Aufderheide: "Nicht wenige kehrten desillusioniert zurück und waren gewiss nicht zu Freunden der Nazis geworden. Erst nach dem Krieg wurden sie zu Brückenbauern für das demokratische Deutschland."
Dr. Holger Impekoven studierte Geschichte und Germanistik in Bonn und Oxford. Neben seiner Tätigkeit im Dezernat für internationale Angelegenheiten der Universität Bonn arbeitete er wissenschaftlich über historische Aspekte des Ausländerstudiums in Deutschland. Seit April 2011 ist er Forschungsdezernent der Universität Bonn.
Holger Impekoven
Die Alexander von Humboldt-Stiftung und das Ausländerstudium in Deutschland 1925–1945
Von der »geräuschlosen Propaganda« zur Ausbildung der »geistigen Wehr« des »Neuen Europa«
1. Auflage 2013, 522 Seiten gebunden
ISBN 978-3-89971-869-0
Bonn University Press bei V&R unipress
Weitere Informationen:
http://www.humboldt-foundation.de/web/Impekoven.html
Kontakt:
Dr. Holger Impekoven
Telefon: 0228/73-5944
E-Mail: impekoven@verwaltung.uni-bonn.de