“Lucy O'Brien ist eine der führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Philosophie des Geistes mit einem Schwerpunkt in Theorien des Selbstbewusstseins”, sagt Prof. Dr. Markus Gabriel vom Center for Science and Thought der Universität Bonn. Darüber hinaus ist die Philosophin Herausgeberin von “MIND”, einer der wichtigsten Fachzeitschriften für Philosophie.
Das Hauptinteresse der Wissenschaftlerin gilt der Natur des Selbstbewusstseins und der Selbsterkenntnis. Lucy O'Brien arbeitet derzeit an einem Buch über soziales Selbstbewusstsein. Ihre These: “Der Mensch ist ein soziales Tier. Wir können wenig von dem, was wir tun, verstehen, ohne uns im Kontext anderer Menschen zu sehen. Und andere Menschen geben uns ein Bewusstsein von uns selbst.”
Sie beginnt ihre Untersuchung mit der Frage, wie es ist, unter dem Blick eines anderen zu sein. “Im Englischen sagen wir, dass wir uns 'selbstbewusst' fühlen, wenn wir 'unter den Augen eines anderen' stehen”, sagt O'Brien. “Aber was bedeutet es, sich so zu fühlen?” Es handelt sich um ein eigentümliches Phänomen der Verdoppelung, sagt sie - eine Verdoppelung der Standpunkte des Selbst und des Beobachters innerhalb eines einzigen zwischenmenschlichen Geisteszustandes.
Die Bewertung durch den anderen wird in das eigene Bewusstsein integriert, sagt sie. Wie manifestiert sich das Selbstbewusstsein in einer solchen Verbindung? Durch soziale Emotionen wie Scham, Peinlichkeit oder Stolz. “Wie kontrollieren wir unser Selbstbewusstsein und das der anderen?”, fragt O'Brien in ihren Studien. Sie argumentiert, dass Menschen auf angenehme Formen des sozialen Selbstbewusstseins abzielen, durch Lob, Anerkennung oder Bestätigung. Sie aber auch schmerzhaftes Selbstbewusstsein hervorrufen - durch Akte der Kritik und Verachtung.
Exzellente intellektuelle Atmosphäre
Lucy O'Brien war in den letzten Jahren häufiger an der Universität Bonn: “Ich fand die intellektuelle Atmosphäre exzellent: produktiv, freundlich und offen für verschiedene Ansätze, Philosophie zu betreiben.” Kürzlich hat sie bereits ihren ersten Aufenthalt im Rahmen des Humboldt-Forschungspreises absolviert. Im nächsten Sommer plant sie die Teilnahme an der Sommerschule von Prof. Gabriel zum Thema “Wahn, Illusion und Verwirrung”.
Während ihrer Aufenthalte am Rhein fühlt sich die Philosophin wohl: “Bonn ist eine wunderbare Stadt: sehr sicher, kompakt und überschaubar - mit schönen Stadthäusern.” Sie hatte Gelegenheit, die Region zu erkunden, und war von der Landschaft begeistert. Aber nicht nur: “Ich liebe das deutsche Essen und habe jetzt auch den leckeren Wein entdeckt!”
Kollaborationen weltweit
Prof. Lucy O'Brien hat an der Universität Sheffield Philosophie studiert und an der Universität Oxford promoviert. Sie forschte unter anderem am King's College London, der Universität Oxford, der Universität Sheffield, der University of California, Los Angeles (UCLA) und der Universität Leipzig. Seit 1992 arbeitet sie am University College London und ist seit 2014 Professorin. Sie ist Autorin von Büchern, darunter “Self-Knowing Agents”, hat mehrere Preise und Auszeichnungen erhalten und arbeitet weltweit mit Forschern aus der Philosophie zusammen.