25. Oktober 2015

Die Bedeutung des Glaubens im Theater Die Bedeutung des Glaubens im Theater

Universität Bonn arbeitet für eine interdisziplinäre Seminarreihe eng mit dem Bonner Schauspiel zusammen

Erstmals kooperieren die Universität Bonn und das Bonner Theater in einem außergewöhnlichen Projekt miteinander. Im Mittelpunkt einer Seminarreihe, die das Semester über dauert, stehen der Glaube und seine Bedeutung in aktuellen Schauspielaufführungen. Die Teilnehmer besuchen Theaterstücke und diskutieren im Anschluss mit Produktionsbeteiligten darin aufgeworfene Glaubensfragen miteinander. Dazu sind unter anderem Dramaturgen und Schauspieler eingeladen.

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Hollaender.jpg - Studierende der Uni Bonn beleuchten in diesem Wintersemester auch anhand der Oper "Der fliegende Holländer" das Verhältnis zwischen Religion, Kunst und Theater. © Foto: Theater Bonn
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Das interdisziplinäre und interfakultäre Zentrum für Religion und Gesellschaft an der Universität Bonn (ZERG) als Organisator hatte schon länger seine Fühler nach einer solchen Zusammenarbeit und einem solchen Dialog mit örtlichen Kulturbetrieben ausgestreckt. „Da hat es gut gepasst, dass das Theater Bonn seine Spielzeit unter das Motto ,Was glaubst du wer du bist' gestellt hat“, sagt die Geschäftsführerin des ZERG, Charlotte Loesch. Im Mittelpunkt der Vorbereitungsseminare, Theaterbesuche und Nachbesprechungen stünden Glaubensfragen, die seit jeher in der Literatur und damit auch in Inszenierungen eine wichtige Rolle spielen.

„Das ist eigentlich ein zeitloses Thema, das durch die derzeitigen politischen Entwicklungen in der Welt allerdings eine neue Brisanz bekommt“, erklärt Charlotte Loesch. In der Seminarreihe, die Prof. Dr. Sabine Sielke vom Institut für Anglistik, Amerikanistik und Keltologie der Universität Bonn am vergangenen Freitag mit einem Referat über John Steinbecks Jenseits von Eden eröffnet hat (mit anschließendem Besuch des Theaterstücks um 19 Uhr), dreht sich alles um die Leitfrage: „Was ist jetzt mit Gott?“ Das Verhältnis zwischen Religion, Kunst und Theater wird eingehend beleuchtet. In Steinbecks Stück aus dem Jahr 1952 hatte der Schriftsteller beispielsweise die biblischen Mythen von Sündenfall und Brudermord zu einem Roman verdichtet. Die Inszenierung klassischer Dramen wie Goethes Faust und Schillers Kabale und Liebe behandeln ebenfalls religiöse Konflikte. Oder Joseph Roths Hiob, dessen Hauptprotagonist, der Toralehrer Mendel Singer, Schicksalsschlag um Schicksalsschlag erleidet, die in Summe seinen Glauben tief erschüttern. Mit „Der Fliegende Holländer“ steht sogar eine Oper auf dem Programm der Seminarreihe.


Wie spiegelt sich Glaube in der Kultur?

Für die Studenten wird es in den Veranstaltungen auch darum gehen, zu ergründen, wie die Dramaturgen und Regisseure die literarische Vorlage verändert haben und welche Zwecke sie damit verfolgen. „In der Bonner Inszenierung des Faust wird die Gretchenfrage gar nicht gestellt. Warum ist das so?“, nennt ZERG-Geschäftsführerin Charlotte Loesch ein Beispiel. Wie sich darüber hinaus das Befragen einer göttlichen Instanz und das Abarbeiten an Gottheiten in der Kultur der Jetztzeit widerspiegelt, wollen Seminarleiter und -teilnehmer herausfinden. Den Kurs begleiten Professoren und Dozenten der Germanistik, der Anglistik sowie der katholischen und evangelischen Theologie.

Für die Schauspieldirektorin des Bonner Theater, Nicola Bramkamp, bedeutet die Zusammenarbeit mit der Universität Bonn einen notwendigen Austausch: „In diesen politisch turbulenten Zeiten glauben wir fest daran, dass man mit den Mitteln des Theaters Position beziehen muss. Dass wir miteinander in den Dialog treten, uns gegenseitig inspirieren und streiten sollten.“ Entsprechend gehe es in der aktuellen Spielzeit immer wieder um Identität, Glaube, Schicksal und Selbstbestimmung. Charlotte Loesch hofft, dass sich in den kommenden Semestern ähnliche Angebote mit Museen oder anderen Kulturbetrieben ergeben werden.


Seminare mit Theaterbesuch und Nachgesprächen der Produktionsbeteiligten: Freitag, 23. Oktober, Jenseits von Eden, John Steinbeck, Vortrag Prof. Dr. Sabine Sielke; Freitag, 6. November, Faust, Johann Wolfgang von Goethe, Vortrag Dr. Irmgard Rüsenberg; Freitag, 27. November, Hiob, Joseph Roth, Vortrag Dr. Barbara Schlenke; Freitag, 18. Dezember, Kabale und Liebe, Friedrich Schiller, Vortrag Anette Niefindt-Umlauff; Freitag, 8. Januar 2016, Der Fliegende Holländer, Richard Wagner, Vortrag Prof. Dr. Michael Meyer-Blanck, Prof. Dr. Albert Gerhards, Rose Bartmer; Freitag, 5. Februar 2016.



Kontakt:

Charlotte Loesch
Geschäftsführerin
Zentrum für Religion und Gesellschaft (ZERG)
Tel. 0228/73-4265
E-Mail: loesch@zerg.uni-bonn.de

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hollaender2.jpg - Szene aus "Der fliegende Holländer". © Foto: Theater Bonn
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Jenseits-v-Eden-2271.jpg - Szene aus "Jenseits von Eden". © Foto: Theater Bonn
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