Im Rahmen einer ökonomischen Analyse des staatlichen Handelns in der Pandemie zeigt Moritz Schularick, Professor des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Bonn, die Defizite im Management der Krise auf und beschreibt, was sich ändern muss, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen zu können. Er sieht die Lösung in einem vorausschauenden, risikobereiten und handlungsstarken Staat, der die richtigen Anreize setzt und in neuen Situationen flexibel reagieren kann.
Im Frühjahr 2020 schien Deutschland die Pandemie vorbildlich zu bewältigen. „Ein Jahr später war von der Selbstzufriedenheit nicht mehr viel übrig. Die Politik stolperte durch die Krise und verlor sich in Detailregelungen, als es darauf ankam, eine Strategie für das Land zu entwickeln und die alles entscheidende Impfstoffproduktion zu beschleunigen“, sagt Moritz Schularick. Die Politik habe das Risiko gescheut, obwohl Abwarten und Zögern letztlich das riskantere Vorgehen gewesen seien. „Schaut man genauer hin, so zeigten sich ähnliche Probleme bereits in vorherigen Krisen, etwa der globalen Finanzkrise und der Eurokrise. Deutschland tut sich schwer, wenn Entscheidungen gefällt werden müssen, für die es kein Regelbuch gibt“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler.
Es drohe die Gefahr, dass Europa im Vergleich zu China und den USA erneut zum Krisenverlierer wird. Doch das sei nicht das einzige Problem. Schularick: „Die Pandemie war auch ein Probelauf für die Herausforderungen, die im nächsten Jahrzehnt beim Klimawandel auf uns zukommen. Wir brauchen in Zukunft einen leistungsfähigeren Staat, mehr Pragmatismus und auch das Selbstvertrauen, unkonventionelle Wege zu beschreiten.“
Moritz Schularick ist Professor für Makroökonomie am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und forscht zu den Themen Macrofinance, International Economics und Wirtschaftsgeschichte. Er ist Direktor des MacroFinance Lab und Principal Investigator im Exzellenzcluster ECONtribute: Märkte & Public Policy der Universitäten Bonn und Köln. Zurzeit ist er beurlaubt für die Federal Reserve Bank of New York.