Forschen für die Zukunft

Exzellenzcluster 

Die Universität Bonn gehört zu den bedeutendsten Forschungsuniversitäten in Deutschland und genießt auch weltweit einen sehr guten Ruf. Das lässt sich auch an der bisherigen Förderung in der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder durch die  Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Wissenschaftsrat ablesen. 2006 warb die Universität Bonn zwei Exzellenzcluster und zwei Graduiertenschulen ein. Seit Januar 2019 hat die Universität Bonn sechs Exzellenzcluster, mehr als jede andere Hochschule in Deutschland. 

Neues von den Exzellenzclustern
Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis
Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen Herausforderungen der biomedizinischen Forschung. Forscher der Universität Bonn und des Universitätsklinikums Bonn (UKB) haben ein Verfahren entwickelt, mit dem die Identifizierung deutlich einfacher und schneller gelingt: Sie bringen Genomsequenzen im Zellkern zum Leuchten. Im Gegensatz zu langwierigen und aufwändigen Screenings mittels etablierter Methoden können mit der NIS-Seq-Methode nahezu beliebige biologische Prozesse in menschlichen Zellen genetisch untersucht werden. Die Studie ist nun in Nature Biotechnology veröffentlicht.
Neue Erkenntnisse zur Blutgerinnung
Ein Mangel an Blutplasma-Gerinnungsfaktor XIII führt zu einer Störung der Vernetzung von Fibrin, dem „Klebstoff“ bei der Blutgerinnung. Das Enzym spielt somit eine essentielle Rolle bei der Wundheilung. Forschende des Universitätsklinikum Bonn (UKB) und der Universität Bonn entschlüsselten zusammen mit Thermo Fisher Scientific in den Niederlanden die bisher unbekannte Struktur des Faktor XIII-Komplexes mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) sogar auf atomarer Ebene. So konnten sie Auswirkungen von krankheitsverursachenden, klinisch relevanten Faktor-XIII-Mutationen im Aufbau des Gerinnungskomplexes sichtbar machen. Ihre Ergebnisse wurden jetzt in der Printausgabe der Fachzeitschrift „Blood“ veröffentlicht.
Prof. Angkana Rüland erhält den Leibniz-Preis
Für ihre exzellente Forschungsleistung erhält Prof. Dr. Angkana Rüland den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, der mit 2,5 Millionen Euro dotiert ist. Das hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) heute bekanntgegeben. Die Mathematikerin am Exzellenzcluster Hausdorff Center for Mathematics der Universität Bonn wird für ihre herausragenden Arbeiten in der Mathematischen Analysis, vor allem zu Modellen für Mikrostrukturen bei Phasenübergängen in Festkörpern und Inversen Problemen mit nichtlokalen Operatoren ausgezeichnet.
Tierprodukte verbessern Ernährung von Kindern in Afrika
Der Verzehr von Milchprodukten, Eiern und Fisch wirkt sich positiv auf die Entwicklung von Kindern in Afrika aus. Das zeigt eine aktuelle Studie von CABI’s regionalem Zentrum für Afrika in Nairobi (Kenia) und der Universität Bonn. Die Wissenschaftler haben mehr als 32.000 Wachstumsdaten von Kindern im Vorschulalter verglichen. Die repräsentativ ausgewählten Mädchen und Jungen stammten aus fünf afrikanischen Ländern. Wenn tierische Produkte bei ihnen auf dem Speiseplan standen, litten die Kinder seltener unter Entwicklungsdefiziten. Die Studie ist nun in der Zeitschrift PNAS erschienen. 

Die sechs Exzellenzcluster

An diesen sechs Exzellenzclustern der Universität Bonn findet Spitzenforschung statt: Das Cluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies beschäftigt sich mit "asymmetrischer Abhängigkeit", ECONtribute ist in den Wirtschaftswissenschaften angesiedelt, das Hausdorff Center for Mathematics ist ein international bedeutenden Zentrum für mathematische Forschung und Lehre. ImmunoSensation2 erforscht das Immunystem, ML4Q fokussiert auf  Quanteninformationen und PhenoRob ist Deutschlands einziges Exzellenzcluster, das Agrarwissenschaften mit den Ingenieurwissenschaften verbindet.

Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS)

Arbeiterinnen auf einer Teeplantage, die große Taschen auf ihren Rücken tragen.
© Hung Chung Chih/Shutterstock

“Asymmetrische Abhängigkeit“ – mit diesem neuen Schlüsselkonzept bietet das Exzellenzcluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS) seit dem Jahr 2019 einen neuen Zugang zur Sklaverei- und Abhängigkeitsforschung. Untersucht werden alle Formen tiefer sozialer Abhängigkeiten wie Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft sowie weitere Formen permanenter Abhängigkeiten. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen aus so unterschiedlichen Disziplinen wie Anthropologie, (Alt-)Amerikanistik, Archäologie, Asienwissenschaften, Geschichte, Rechtswissenschaften oder Theologie. Dabei ist der Blick offen für alle Epochen, Regionen und Kulturen sowie alle Schattierungen zwischen „frei“ und „unfrei“. Mit seiner erweiterten Perspektive öffnet das Exzellenzcluster die Abhängigkeitsforschung für neue transkulturelle Perspektiven und Vergleiche.

Sprecher:
Prof. Dr. Stephan Conermann, Islamwissenschaft, Universität Bonn

Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, Frankfurt am Main

ECONtribute: Märkte & Public Policy

Das deutschlandweit einzige Exzellenzcluster in den Wirtschaftswissenschaften ECONtribute wird seit dem Jahr 2019 gemeinsam von der Universität Bonn und der Universität zu Köln getragen. Der Fokus der Forschung liegt auf Märkten im Spannungsfeld von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Ziel der Forschenden aus Disziplinen wie Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Psychologie, Ethik, Sozial-, Politik- und Rechtswissenschaften ist es, Herausforderungen wie die Digitalisierung, globale Finanzkrisen, zunehmende Ungleichheit und politische Polarisierung besser zu verstehen und Empfehlungen abzugeben, wie Politik evidenzbasiert darauf reagieren kann.

Sprecher:
Prof. Dr. Thomas Dohmen, Professur für Angewandte Mikroökonomie, Universität Bonn
Prof. Dr. Matthias Heinz, Professur für Strategie, Universität zu Köln
Prof. Dr. Pia Pinger, Professur für Design und Behavior, Universität zu Köln

Beteiligte Universitäten:
Universität Bonn, Universität zu Köln

Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn

EconTribute
© Marc Thürbach

Hausdorff Center for Mathematics (HCM)

HCM
© Barbara Frommann/HCM

Das Hausdorff Center for Mathematics (HCM) wurde im Jahr 2006 als deutschlandweit erstes Exzellenzcluster in der Mathematik gegründet. Es hat sich zu einem international bedeutenden Zentrum für mathematische Forschung und Lehre sowie wissenschaftlichen Austausch entwickelt. Jedes Jahr bringt das HCM viele international angesehene Preisträgerinnen und Preisträger hervor. Das Forschungsspektrum reicht von reiner und angewandter Mathematik über Fragestellungen der Ökonomie bis hin zu interdisziplinären Arbeiten mit Fachbereichen wie etwa Materialforschung und Lebenswissenschaften.

Sprecher:
Prof. Dr. Valentin Blomer, Mathematisches Institut, Universität Bonn

Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut für Mathematik

ImmunoSensation2

Das Exzellenzcluster ImmunoSensation2 wurde im Jahr 2012 mit dem Ziel gegründet, das Immunsystem über die Grenzen der klassischen Immunologie hinaus besser zu verstehen. Dabei wird das Immunsystem als Sinnesorgan für unsere Gesundheit aufgefasst. Im Kern der wissenschaftlichen Thematik stehen die Immun-Sensoren, die Rezeptoren des angeborenen Immunsystems, und deren Beteiligung an Krankheitsprozessen. Zur systematischen Entschlüsselung dieser Mechanismen hat ImmunoSensation2 ein interdisziplinäres Team aus Immunologen, Zellbiologen, Systembiologen, Biochemikern und Mathematikern aufgestellt. Das translationale Ziel ist die Entwicklung präziser Eingriffe in die Funktion des Immunsystems und damit eine bessere Behandlung von entzündlichen Erkrankungen.

Sprecher:
Prof. Gunther Hartmann, MD, Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Bonn, Universität Bonn

Beteiligte Institutionen:
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

Zwei Wissenschaftlerinnen am Mikroskop im Labor: Beide tragen Laborkittel. Eine schaut durch das Mikroskop, während die andere die Probe justiert.
© Johanna Saba/UKB

ML4Q – Materie und Licht für Quanteninformation

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© Simon Wegener / ML4Q

Quantencomputer stehen im Zentrum des im Jahr 2019 von der Universität Bonn, der Universität zu Köln und der RWTH Aachen sowie dem Forschungszentrum Jülich ins Leben gerufenen Exzellenzclusters ML4Q. Ziel des Clusters ist es, die Grundlagen für neue Computer- und Netzwerkarchitekturen zu schaffen, die auf den Prinzipien der Quantenmechanik beruhen und deren Leistungsfähigkeit jene von klassischen Computern übertrifft. Dafür werden Quantenmaterialien analysiert und optimiert, die für die Realisierung unterschiedlicher Qubit-Plattformen (wie z.B. Halbleiterqubits, supraleitende Qubits, topologische Qubits sowie Rydberg-Atome) erforderlich sind. Die Cluster-Forscherinnen und Forscher erarbeiten darüber hinaus Algorithmen für fehlertolerantes Quantencomputing und Strategien für Fehlerkorrekturen.

Sprecher:
Prof. Yoichi Ando, Festkörperphysik, Universität zu Köln

Standortsprecher Bonn:
Prof. Dr. Simon Stellmer, Quantenmetrologie, Universität Bonn

Beteiligte Universitäten:
Universität zu Köln, Universität Bonn, RWTH Aachen,

Weitere beteiligte Institutionen:
Forschungszentrum Jülich

PhenoRob

PhenoRob ist Deutschlands einziges Exzellenzcluster, das Agrarwissenschaften mit den Ingenieurwissenschaften verbindet. Es wurde im Jahr 2019 gegründet und erforscht neue Möglichkeiten, die Nutzpflanzenproduktion zu revolutionieren. Ziel ist die durch Technologie und KI unterstützte Produktion von Nutzpflanzen bei gleichzeitiger Minimierung der negativen Einflüsse auf unsere Ökosysteme. Die Forschenden stammen aus den Bereichen Robotik, Geodäsie, Informatik, Agrarwissenschaften, Ökonomie und Ökologie und forschen gemeinsam an neuen Wegen, um den landwirtschaftlichen Anbau mit der Hilfe von modernsten Technologien nachhaltiger zu machen. Dafür werden zum Beispiel Roboter und Drohnen mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz so trainiert, dass sie Pflanzen phänotypisieren und ihre aktuellen Bedarfe (Wasser, Düngung, Pflanzenschutz) nicht nur erfassen, sondern auch zielspezifisch versorgen können. Aus dem Exzellenzcluster sind bereits mehrere marktreife Produkte hervorgegangen.

Sprecher:
Prof. Dr. Cyrill Stachniss, Photogrammetrie und Robotik, Universität Bonn
Prof. Dr. Heiner Kuhlmann, Geodäsie, Universität Bonn

Beteiligte Institutionen:
Forschungszentrum Jülich

PhenoRob
© Volker Lannert/Uni Bonn

Die zwei Exzellenzcluster-Initiativen

Für die zweite Förderperiode der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder haben die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat zwei neue Cluster-Initiativen der Universität Bonn zu einem Vollantrag aufgerufen. Die beiden Cluster-Initiativen "Color meets Flavor" und "Our Dynamic Universe" gehören damit zu den ausgewählten 41 von deutschlandweit 143 begutachteten Skizzen.

Color meets Flavor

Prof. Dr. Jochen Dingfelder, Sprecher der Cluster-Initiative "Color meets Flavor", über das Ziel der Forschungsinitiative.

Die Existenz von Dunkler Materie und die Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie im Universum geben Hinweise darauf, dass unser Verständnis der Natur noch unvollständig ist. Auch wenn fast alle Messungen der Teilchenphysik bereits präzise vom Standardmodell beschrieben werden können, bleibt die Entschlüsselung der Struktur von Materie im sub-atomaren Bereich eine der drängendsten Forschungsfragen der fundamentalen Physik. Dabei geht es um die Frage: Wo verstecken sich neue fundamentale physikalische Phänomene?

Einige der interessantesten Messungen der letzten Jahre beinhalten ein Zusammenspiel der starken (“Color”) und der schwachen (“Flavor”) Wechselwirkung. Dieses Zusammenspiel wollen die Forschenden im vorgeschlagenen Exzellenzcluster in enger Zusammenarbeit zwischen Theorie und Experiment näher beleuchten. Der Fokus liegt auf der Physik der Quarks und der Frage wie diese fundamentalen Materiebausteine komplexe Bindungszustände bilden. Darüber hinaus sollen die Eigenschaften des Higgs-Bosons untersucht und die Suche nach dem Axion fortgesetzt werden. Da sich die Massen der sechs bekannten Quarks über mehrere Größenordnungen erstrecken, reicht die zu ihrer Untersuchung nötige experimentelle Infrastruktur von Experimenten bei kleineren Energien am ELSA-Teilchenbeschleuniger in Bonn bis zu Experimenten bei höchsten Energien am Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf, bei denen auch das Higgs Boson untersucht werden kann.

Sprecher:
Prof. Dr. Jochen Dingfelder, Elementarteilchenphysik, Physikalisches Institut, Universität Bonn; Sprecher des Forschungs- und Technologiezentrums Detektorphysik

Beteiligte Universitäten:
Universität Bonn, Technische Universität Dortmund, Universität Siegen

Beteiligte Institutionen:
Forschungszentrum Jülich

Our Dynamic Universe

Prof. Dr. Cristiano Porciani, Sprecher der Cluster-Initiative "Our Dynamic Universe, erklärt, was die Forschenden untersuchen wollen.

Struktur und Entwicklung des Universums werden durch unzählige Phänomene gesteuert, die auf sehr verschiedenen Zeitskalen von Sekundenbruchteilen bis zu Milliarden von Jahren ablaufen. Der gemeinsam mit der Universität zu Köln beantragte Exzellenzcluster verbindet die astrophysikalischen Prozesse durch eine Kombination aus Beobachtungen mit neuer Instrumentierung, Theorie in Verbindung mit neuartigen Simulations- und datenwissenschaftlichen Methoden und Laborastrophysik. Ziel ist, die Zeitentwicklung des Materie- und Energieflusses vollständig zu beschreiben. In der Region Bonn-Köln ist die Cluster-Initiative in einem international anerkannten Kompetenzzentrum insbesondere für Radioastronomie angesiedelt, gestützt auf vier Säulen: (1) Bau von hochmodernen Detektoren und Instrumenten für internationale Teleskope, (2) Leitung groß angelegter Beobachtungsprogramme, (3) Betrieb eines Weltklasse-Labors für Astrophysik und (4) Simulation der dynamischen Entwicklung von Planeten, Sternen und Galaxien auf Hochleistungscomputern.

Sprecher:
Prof. Dr. Stefanie Walch-Gassner, Astrophysik, Universität zu Köln

Prof. Dr. Cristiano Porciani, Astrophysik, Universität Bonn

Beteiligte Universitäten:
Universität zu Köln, Universität Bonn

Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Forschungszentrum Jülich
Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR), Bonn

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