Eine gute Gesundheitsversorgung kann in einer Klinik nur gelingen, wenn der Kommunikations- und Informationsfluss zwischen den verschiedenen Berufsgruppen weitestgehend reibungslos funktioniert, Zuständigkeiten und Arbeitsabläufe klar sind sowie die Patientin oder der Patient in das Zentrum der Bemühungen gestellt wird. Für eine effektive, offene und wertschätzende Kommunikation, die Konflikten und Behandlungsfehlern vorbeugen kann, ist jedoch nicht nur ein guter Wille der verschiedenen Berufsgruppen nötig, sondern auch Training und Praxis.
Innovatives Lehrprojekt trainiert interprofessionelle Zusammenarbeit
Damit Studierende der Humanmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn und Auszubildende zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann am UKB bereits in der Ausbildung lernen, als interprofessionelles Team zu arbeiten und zu entscheiden, wurde ein interprofessionelles Kommunikationstraining entwickelt und im Rahmen einer Pilotstudie begleitet. Das Projekt wurde gemeinsam von der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung (CHSR) der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am UKB unter Leitung von Prof. Nicole Ernstmann, die auch an der Universität Bonn sowie der Universität Köln forscht, sowie dem Ausbildungszentrum für Pflegeberufe (ABZ) am UKB unter der Leitung von Dr. Sebastian Nies umgesetzt. Das Studiendekanat hat das Forschungsprojekt im Rahmen der Ausschreibung „Gemeinsam von und miteinander Lernen“ – Interprofessionelle Lehrprojekte an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn gefördert.
Interprofessionelle Kommunikation kann Medikationsfehlern vorbeugen
„Interprofessionelle Kommunikation beschreibt die Wortwechsel zwischen der Ärzteschaft und der Pflege im Stationsalltag, beispielsweise während der gemeinsamen Visite oder bei Fall- und Dienstbesprechungen. Kommt es hierbei zu Defiziten, entstehen schnell Situationen mit Fehlern oder Beinahe-Fehlern, unter anderem im Medikationsprozess. Diese können dann wiederum die Patientensicherheit gefährden und verursachen unnötige Kosten“, führt Dr. Lina Heier, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am CHSR, aus. „Deshalb haben wir das gemeinsame Kommunikationstraining für Auszubildende in der Pflege und Medizinstudierende am Standort Bonn entwickelt und im Rahmen der Pilotstudie evaluiert, ob die Kommunikation bei Medikationsfehlern dadurch verbessert werden kann. Die Ergebnisse werden uns dabei helfen eine qualitativ hochwertige, sowie interprofessionelle Lehre zu fördern und zu verbessern“, so Dr. Heier weiter.
Machbarkeit, Zusammenarbeit und gewonnene Fertigkeiten
Die quasi-experimentelle Studie verglich Medizinstudierende (3. Jahr) und Auszubildende zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann (2. Jahr), die ein interprofessionelles Kommunikationstraining mit Simulationspersonen erhielten mit einer Kontrollgruppe. Insgesamt beteiligten sich an der Studie 154 Medizinstudierende und 67 Auszubildende. Die Studiengruppe sowie die Kontrollgruppe füllten vor und nach dem Training identische Fragebögen aus, wobei unter anderem eine selbst entwickelte Skala zur interprofessionellen Fehlerkommunikation verwendet wurde. Anschließend sind Veränderungen in der interprofessionellen Fehlerkommunikation mit verschiedenen Methoden untersucht worden. Nach dem Training wurden signifikante Verbesserungen in der Skala “Interprofessionelle Fehlerkommunikation” sowie in der Subskala “Teamarbeit, Rollen und Verantwortlichkeiten” beobachtet. Die Medianwerte der Subskala “Patientenzentriertheit” waren sowohl in der Studien-, als auch in der Kontrollgruppe ähnlich und blieben nach der Schulung unverändert.
Dr. Lina Heier fasst die Bedeutung der positiven, klinisch relevanten Forschungsergebnisse nochmal zusammen: „Mit der Pilotstudie konnten wir zeigen, dass sich nach dem gemeinsamen Training beider Gesundheitsberufe die Einstellungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit sowie die interprofessionelle Fehlerkommunikation verbessert haben und die interprofessionelle Zusammenarbeit sowie eine trainierte Kommunikation auf Augenhöhe ein Erfolgsfaktor für eine gute Patientenversorgung sein können.“