Mit der Washingtoner Erklärung von 1998 haben sich zahlreiche Staaten und Institutionen, darunter auch Deutschland, dem Ziel verschrieben, während des Nationalsozialismus beschlagnahmte Kunstwerke zu identifizieren und deren frühere Eigentümer oder deren Erben zu finden. Diskussionen und Skandale rund um NS-Raubkunst und koloniale Kulturgüter haben der Provenienzforschung zusätzliche öffentliche Aufmerksamkeit verschafft. Die Disziplin untersucht die Herkunft von Kulturgütern und die Geschichte ihrer Eigentumsverhältnisse, analysiert Sammlungsgeschichte und Echtheitsfragen. Die in den vergangenen Jahren in Deutschland intensivierte Forschung zu NS-Raubgut hat bereits in vielen Fällen zur Rückgabe der geraubten Werke an ihre rechtmäßigen Eigentümer geführt („Restitution“).
Der Standort Bonn nimmt in diesem Kontext eine besondere Rolle ein. Im Jahr 2018 wurden hier auf Initiative der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung zwei Professuren in Kunstgeschichte und Rechtswissenschaft besetzt, darunter der bundesweit erste und einzige Lehrstuhl mit dem Schwerpunkt Provenienzforschung und Geschichte des Sammelns, und ein weiterer zum Kunstrecht und zum Kulturgutschutz. Zusätzlich war im selben Jahr am Kunsthistorischen Institut eine Juniorprofessur für Provenienzforschung eingerichtet worden. Mit der Gründung der Forschungsstelle Provenienzforschung, Kunst- und Kulturgutschutzrecht im Oktober 2018 wurden die Aktivitäten dieser drei Professuren gebündelt.
Im Austausch mit der Hochschulleitung, Forschenden und Studierenden machte sich Ministerin Pfeiffer-Poensgen ein Bild von der wichtigen Forschungsarbeit, die an der Universität Bonn geleistet wird. Begrüßt wurde sie von Rektor Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Hoch, Kanzler Holger Gottschalk und dem Sprecher der Fakultätskonferenz, Dekan Prof. Dr. Volker Kronenberg. Das Leitungstrio der Forschungsstelle, Juniorprofessorin Dr. Ulrike Saß und die Professoren Dr. Matthias Weller und Dr. Christoph Zuschlag, stellten dem Gast aus Düsseldorf ihr Team und die vielfältigen Aktivitäten der Forschungsstelle vor, darunter Publikationsvorhaben und Kooperationen mit Partnern im In- und Ausland. Studierende des Masterstudiengangs „Provenienzforschung und Geschichte des Sammelns“ berichteten anhand von Büchern aus der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts über Lerninhalte und Methoden ihres Studiums.
Ministerin Pfeiffer-Poensgen sagte: „Die Forschungsstelle Provenienzforschung, Kunst- und Kulturgutschutzrecht an der Universität Bonn nimmt eine wichtige Funktion bei der Kontextforschung zur Herkunft von Kulturgütern ein – nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch bundesweit. Als Land fördern wir die Forschungsstelle ganz konkret durch ein Promotionsstipendium sowie eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle. Gemeinsam mit der vom Land und den beiden Landschaftsverbänden LVR und LWL initiierten Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen (KPF.NRW) ist hier in Bonn ein Knotenpunkt für die Aktivitäten im Bereich der Provenienzforschung entstanden – die sinnvolle Ergänzung und der Austausch von KPF.NRW und Forschungsstelle ist maßgeblich für eine gelingende Provenienzforschung.“
Rektor Prof. Hoch freute sich über den Besuch aus Düsseldorf: „Die Bonner Forschungsstelle hat mit ihren international renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine große internationale Strahlkraft im Bereich der Provenienzforschung und des Kunst- und Kulturgutschutzrechts über die Fächer- und Fakultätsgrenzen hinweg entwickelt. Ich danke nicht nur der der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ganz herzlich für ihr großes Engagement hierbei, sondern vor allem auch der Ministerin Pfeiffer-Poensgen, die das Projekt mit großem Einsatz unterstützt hat.“
Das Leitungstrio der Forschungsstelle zeigte sich in einer gemeinsamen Erklärung dankbar für die Möglichkeit des Austauschs mit der Ministerin. Sie teilten mit: „Frau Pfeiffer-Poensgen hat die Themen Kulturelles Erbe und Provenienzforschung im neuen Kulturgesetzbuch für das Land NRW verankert und gemeinsam mit den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe die Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen (KPF.NRW) eingerichtet, die ihren Sitz im LVR-LandesMuseum Bonn hat. Wir freuen uns, mit unserer vom Ministerium geförderten universitären Forschungsstelle wissenschaftliche Vorhaben in den Bereichen Provenienzforschung, Restitution und Kulturgutschutzrecht voranzutreiben und die Studierenden des Masterstudiengangs gezielt auszubilden.“
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Matthias Weller
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professor für Bürgerliches Recht, Kunst- und Kulturgutschutzrecht
Direktor des Instituts für deutsches und internationales Zivilverfahrensrecht
Tel.: 0228/73-9252
E-Mail: weller@jura.uni-bonn.de
Prof. Dr. Christoph Zuschlag
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für Kunstgeschichte der Moderne und der Gegenwart (19.-21.Jh.) mit Schwerpunkt Provenienzforschung / Geschichte des Sammelns
Kunsthistorisches Institut
Tel.: 0228/73-7523
E-Mail: zuschlag@uni-bonn.de