Angiotensin-Converting-Enzyme-Hemmer – kurz ACE-Hemmer – sind effektive Blutdrucksenker. Sie blockieren die Bildung des Hormons Angiotensin II, das bei der Entwicklung eines Bluthochdrucks eine zentrale Rolle spielt. Auf der anderen Seite erhöhen diese Arzneimittel die Konzentration des gefäßaktiven Signalstoffs Bradykinin. Das kann unter anderem zu akuten Schwellungen in der Haut oder Schleimhaut führen. In der Regel sind solche Schwellungen nicht lebensgefährlich. Treten sie jedoch im Bereich der Zunge, des Rachens oder Kehlkopfes auf, kann ein Angioödem aufgrund der möglichen Erstickungsgefahr lebensbedrohlich für den Patienten werden. Die bisherige Forschung legt nahe, dass die Anfälligkeit für solche arzneimittelbedingten Angioödeme sowohl durch erbliche als auch durch Lebensstil- und Umgebung bedingte Faktoren beeinflusst wird. „Das Verständnis der zugrundeliegenden biologischen Prozesse, also der Pathophysiologie, und damit der individuellen Risikoeinschätzung ist jedoch nach wie vor begrenzt. Die Identifizierung der verantwortlichen Gene wird hier völlig neue Einsichten ermöglichen“, beschreibt Prof. Markus Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik des UKB und Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn, die Motivation, das Auftreten von ACE-Hemmer induzierten Angioödemen unter die Lupe zu nehmen.
Welche biologischen Prozesse spielen beim ACE-Hemmer induzierten Angioödem eine Rolle?
Auf der Grundlage der Daten von acht europäischen Studienkollektiven führte das Bonner Team gemeinsam mit Kooperationspartnern erstmals eine GWAS mit mehr als 1.000 Patienten mit ACE-Hemmer induziertem Angioödem durch. Sie identifizierten insgesamt drei Orte im Genom, die mit dem Risiko für ein ACE-Hemmer induziertes Angioödem assoziiert sind. „Während zwei der Loci bereits in vorherigen Studien beschrieben wurden, konnten wir mit unserer Studie erstmals eine signifikante Assoziation für einen neuen Locus auf Chromosom 20 nachweisen“, erläutert Korrespondenzautor Prof. Andreas Forstner vom Institut für Humangenetik des UKB und der Universität Bonn sowie vom Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) des Forschungszentrums Jülich. „Durch weiterführende bioinformatische Analysen konnten wir an den drei Risiko-Loci mehrere Kandidaten-Gene identifizieren, die darauf hindeuten, dass genetische Veränderungen im Bradykinin-, Gerinnungs- und Fibrinolyse-Signalweg eine Rolle in der Entstehung dieses Angioödem Typs spielen“, ergänzt Erstautorin Carina Mathey, Doktorandin am Institut für Humangenetik des UKB und der Universität Bonn.
Aufruf zur Beteiligung an der vARIANCE Studie
Die aktuelle Studie liefert mit den neuen Erkenntnissen über die genetischen Grundlagen und die potenziellen biologischen Mechanismen, die dem ACE-Hemmer induzierten Angioödem zugrunde liegen, einen Ausgangspunkt für weiterführende Studien. „Die Identifizierung weiterer Risiko-Loci durch eine kontinuierliche Vergrößerung der GWAS-Studienkollektive in Kombination mit funktionellen Analysen und der Untersuchung von Lebensstil- und Umgebungsfaktoren wird langfristig einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung neuer Ansätze für Prävention, Diagnostik und Therapie leisten“, sagt Prof. Bernhardt Sachs vom BfArM. Zusammen mit den Forschenden vom Institut für Humangenetik ruft er zur Teilnahme an der vARIANCE-Studie, ein gemeinsames Projekt von UKB, Universität Bonn und BfArM, auf. Ziel der Studie ist es, eine bessere Einschätzung des individuellen Risikos für das Auftreten eines Angioödems zu ermöglichen. Langfristig soll sich durch das Verständnis der biologischen Grundlagen auch die Therapie des Angioödems verbessern. An der Studienteilnahme interessierte Personen, die von einem ACE-Hemmer oder Sartane-induzierten Angioödem betroffen waren, können sich unter 0228/6885-441 oder variance-studie@uni-bonn.de melden. Weitere Informationen zum Ablauf der Studienteilnahme gibt es zudem auf der Studienwebsite www.variance-studie.info.