Das nun bewilligte Vorhaben „Development of a biomimetic prototype to reduce microplastics emissions“ (SuspensionFlow) zielt darauf ab, einen innovativen Prototyp für einen Mikroplastikfilter für Waschmaschinen und andere Anwendungen zu entwickeln. „In ‚SuspensionFlow‘ wollen wir eine von Fischen inspirierte Technik weiterentwickeln, um Mikroplastik insbesondere aus Abwässern, die aus Waschmaschinen stammen, zu filtern“, sagt Prof. Dr. Alexander Blanke. Freigesetztes Mikroplastik gelangt in Luft, Boden und Wasser und kann negative Auswirkungen auf Organismen und Umwelt haben. Mikroplastik-Emissionen aus Waschmaschinen machen dabei einen beträchtlichen Anteil aus, denn Waschmaschinen können Mikroplastik nicht herausfiltern. Auch Kläranlagen können diese Fasern nur teilweise zurückhalten.
Mit dem Projekt „SuspensionFlow“ könnten die Mikroplastik-Emissionen aus Waschmaschinen um mindestens 80 Prozent reduziert werden. Basis ist ein bionisches Filtermodul, das biologische Strukturen, Formen oder Prozesse nachahmt. Als Vorbild dienen sogenannte Suspensionsfresser, die Nahrungspartikel aus dem umgebenden Wasser trennen. Dazu gehören auch filtrierende Fische. „Filtrierende Fische haben in ihrem Maul ein sogenanntes Kiemenreusensystem, das speziell auf das Filtrieren von Plankton angepasst ist“, erklärt Dr. Leandra Hamann, die im Rahmen ihrer Doktorarbeit die Fische untersucht hat. „Zunächst haben wir die Kiemenbögen und -rechen fünf verschiedener Arten vermessen und gescannt, um 3D-Modelle zu erstellen. Im nächsten Schritt haben wir dann vereinfachte Geometrien mittels 3D-Druck hergestellt und in Testständen getestet. Dabei konnten wir zeigen, dass das Filtrationsprinzip auch im technischen Kontext funktioniert.“ Diese Art Filtertechnik soll nun verwendet und angepasst werden, um damit einen neuen Filter zur Reduktion von Mikroplastikemissionen zu entwickeln.
„Darüber hinaus ist es unser Ziel, diesen nicht-verstopfenden Filter nachhaltig mit ausgewählten Materialien zu gestalten, um einen positiven ökologischen Fußabdruck zu erreichen“, erklärt Prof. Blanke. „Unser Mikroplastikfilter könnte in jede Haushaltswaschmaschine eingebaut werden. Außerdem könnte diese neue Technologie schnell und kostengünstig in die bestehenden Produktionsketten integriert werden.“
Grundlagenforschung zu Filtrationsmechanismen
Prof. Blanke hat im Jahr 2017 einen begehrten Starting Grant des ERC erhalten, mit dem eine Förderung von 1,5 Millionen Euro verbunden war. Auf diesen Arbeiten baut der Proof of Concept Grant nun auf. „Im Rahmen des ERC Starting Grant ‚Mech-Evo-Insect‘ hatten wir zunächst eine Übersicht des Nahrungserwerbs bei Insekten erstellt und diese mit anderen Tieren verglichen. Hierbei untersuchten wir dann Fische und deren Kiemen detaillierter und entwickelten die Idee des bionischen Filters“, erklärt er.
Wieder eine Innovation aus der Bionik an der Uni Bonn
„Wir freuen uns sehr, dass erneut ein ERC Proof of Concept Grant-Antrag der Universität Bonn bewilligt wurde“, sagt Sandra Speer, Leiterin des Transfer Centers enaCom. Die Universität Bonn hat bereits drei der begehrten Förderungen erhalten (https://www.uni-bonn.de/de/neues/064-2023 und https://www.uni-bonn.de/de/neues/014-2024). Zusammen mit der Forschungsförderung der Universität hatte enaCom die Antragstellungen beim ERC begleitet. Das Projekt „SuspensionFlow“ von Prof. Blanke ist ein gutes Beispiel aus der Bionik, das zeigt wie eine Lösung aus der Natur in eine praktische Anwendung übersetzt werden kann. Die Universität Bonn hat gerade in diesem Forschungsbereich eine Tradition erfolgreicher Innovationen, wie z.B. die Entdeckung des berühmten Lotuseffektes oder die junge Ausgründung ClingtechBionics.
Die mit je 150.000 Euro dotierten ERC Proof-of-Concept Grants werden in einem harten Wettbewerb zugeteilt und unterstützen Forschungsarbeiten im Frühstadium, die das Potenzial haben, kommerzielle oder gesellschaftliche Auswirkungen zu haben. Sie richten sich ausschließlich an Forschende, die bereits einen ERC Grant erhalten haben und die darin geförderte Pionierforschung zu realen Anwendungen weiterentwickeln wollen. Die Fördersumme soll helfen, die Lücke zwischen den Ergebnissen der Forschung und den frühen Phasen einer Vermarktung zu schließen.