Ausgelöst durch unkontrollierte, spontane elektrische Entladungen der Nervenzellen im Gehirn kann potenziell jeder einmal in seinem Leben einen epileptischen Anfall erleiden. Aber erst, wenn Anfälle wiederholt ohne Auslöser auftreten, aber auch nach einem einzigen Anfall mit nachgewiesener passender Hirnveränderung, spricht man von Epilepsie. In Deutschland leiden circa 600.000 Menschen an der häufigsten Erkrankung des Gehirns, deren Ursachen sehr unterschiedlich sein können. Wobei das Risiko an Epilepsie zu erkranken, in jedem Lebensabschnitt besteht. „Wir schätzen, dass viele Betroffene nur etwa die Hälfte ihrer Anfälle bewusst wahrnehmen“, sagt Prof. Dr. Rainer Surges, Direktor der Klinik für Epileptologie am Universitätsklinikum Bonn. „Informationen über Anfallsherd, Symptome und Häufigkeit sind aber Grundlage der Behandlungsempfehlungen bei Epilepsien, einschließlich der Möglichkeit einer Operation.“
In der Bonner Universitäts-Klinik für Epileptologie kann das epileptische Anfallsgeschehen in einer Video-EEG-Monitoring-Einheit – das Herzstück eines jeden Epilepsiezentrums – an zwölf Plätzen durch Messung der elektrischen Hirnaktivität bei gleichzeitiger Video-Aufzeichnung erfasst werden. Andererseits ist Prof. Surges überzeugt, dass künftig moderne mobile Gesundheitstechnologien die Anfallsdokumentation verbessern können. Physiologische Biomarker wie ein beschleunigter Puls, können mit tragbaren Minisensoren gemessen und entsprechende Signale beispielsweise per Smartphone an eine webbasierte Plattform weitergeben werden. „Langfristig gesehen könnte mit mobilen Gesundheitstechnologien ein zuverlässiges Therapie-Monitoring erfolgen und sogar ein telemedizinisches Versorgungsangebot entstehen“, sagt Prof. Surges.
Operation als Alternative zu einer lebenslangen Medikamenteneinnahme
Durch moderne und gut verträgliche Medikamente wird bei dem Großteil der Betroffenen eine vollständige Unterdrückung der teilweise sehr belastenden Anfälle erreicht. Bei einigen Epilepsieformen können Operationen oder minimal- invasive Verfahren, in denen das erkrankte Gewebe entfernt oder zerstört wird, sogar eine Heilung der Erkrankung bewirken. Zur exakten Lokalisation des Anfallsherdes, Planung des Eingriffs und der Abschätzung möglicher Operationsfolgen ist aber im Vorfeld eine aufwendige invasive EEG-Diagnostik mittels minimal-invasiv im Gehirn implantierter Ableitungselektroden notwendig. „Wir wägen den Nutzen gegen das Risiko ab und operieren beispielsweise nicht, wenn ein ausgeprägter Gedächtnisverlust oder Störungen der Sprachfunktion zu befürchten sind", sagt Prof. Dr. Hartmut Vatter, Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Bonn. Die Operation selbst ist an einem Zentrum wie dem Universitätsklinikum Bonn ein routinierter Prozess, der durch hochtechnologischen Hilfsmittel optimal unterstützt wird. So finden derartige neurochirurgische Eingriffe immer unter einem Mikroskop statt. Zusätzlich zu ihrer anatomischen Ortskenntnis, räumlichen Vorstellung und Erfahrung verwenden die versierten Operateure noch moderne Navigationsgeräte. Dabei werden die kernspintomographischen Aufnahmen des Gehirns des Patienten – vergleichbar wie die Landkarte beim Navigationsgerät im Auto – vor der Operation aufgespielt.
Prof. Vatter sieht in den operativen beziehungsweise invasiven Verfahren, die für jeden maßgeschneidert sind, eine notwenige Ergänzung der medikamentösen Therapie: „Sie sind aber nicht als ultima ratio – also nicht als letztmöglicher Weg – zu betrachten.“ Im Rahmen der kostenlosen Informationsveranstaltung stellt er zusammen mit Prof. Surges das umfassende Angebot der medizinischen und chirurgischen Versorgung von Epilepsien und ihrer Erforschung am Universitätsklinikum Bonn vor. Zudem gehen sie auf aktuelle Weiterentwicklungen der Behandlungskonzepte ein. Nach den Vorträgen besteht die Gelegenheit, Fragen per Zoom an die Referenten zu stellen. Fragen können gerne vorab an redaktion@ukbonn.de geschickt werden.
Die Zugangsdaten zu den Online-Vorträgen per Zoom gibt es unter:
https://www.ukbnewsroom.de/ukb-patientenkolloquium-2021/
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Rainer Surges
Direktor der Klinik und Poliklinik für Epileptologie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-19388 oder -15727
E-Mail: rainer.surges@ukbonn.de
Prof. Dr. Hartmut Vatter
Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-16501
E-Mail: hartmut.vatter@ukbonn.de