Prof. Dr. Bernardo S. Franklin vom Institut für Angeborene Immunität und vom Exzellenzcluster ImmunoSensation2 erforscht hämatopoetische Stammzellen (HSC), aus denen sich durch Zellteilung und Differenzierung unterschiedliche Blutzellen entwickeln. „Entzündungsepisoden, die ein Mensch im Lauf seines Lebens durchläuft, schaden diesen Stammzellen“, sagt Bernardo S. Franklin. „Solche Prozesse führen zu einer Überaktivierung des angeborenen Immunsystems bei älteren Menschen.“ Dieses „Inflammageing“ erhöhe unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs.
„Löschen“ schädlicher Entzündungserinnerungen des Immunsystems
Das nun vom ERC geförderte Vorhaben „Nanobodies to prevent hematopoietic stem cell bias and hyper-inflammation“ (UNBIAS) zielt darauf ab, hämatopoetische Stammzellen in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, um schädliche Entzündungserinnerungen des Immunsystems zu „löschen“. Hierfür nutzen die Forschenden maßgeschneiderte „Mini-Antikörper“ – sogenannte Nanobodies. Die im Vergleich sehr kleinen Antikörper stammen aus dem Blut von Alpakas und können die Brutstätten der Entzündungen auflösen.
Franklin hat im Jahr 2017 einen begehrten Starting Grant des ERC erhalten, mit dem eine Förderung von rund 1,5 Millionen Euro verbunden ist. Auf diese Arbeiten baut der Proof of Concept Grant nun auf. „Unser Ziel ist es, den Einsatz von Nanobodies gegen Inflammageing zu validieren und diese Technologie oder ihre Anwendungen für industrielle Partner zu lizenzieren“, sagt Franklin. Das Projekt habe das Potenzial, die Auswirkungen von Entzündungen zu lindern und damit möglicherweise unzählige Leben zu retten und die wirtschaftliche Belastung durch Krankheiten zu verringern.
Entwicklung präziser Drehsensoren zur Messung der Erdrotation
Prof. Dr. Simon Stellmer vom Physikalischen Institut der Universität Bonn und sein Team erforschen, wie Messgeräte, die ohnehin schon unfassbar genau sind, immer weiter verbessert und verfeinert werden können. In dem jetzt geförderten ERC-Projekt „GyroRevolution“ wollen sie Gyroskope entwickeln – Drehsensoren, die extrem genau sind. Im Detail sind Gyroskope ringförmig laufende Laser, mithilfe derer Rotationen gemessen werden können. Geodätinnen und Geodäten nutzen sie, um etwa die Erdrotation zu erfassen und Erdbeben zu detektieren. Kleinste und sehr langsame Bewegungen von Bauwerken oder auch des Erdbodens lassen sich ebenfalls messen.
Um die Gyroskope zu entwickeln, nutzen Stellmer und sein Team Technologien aus der Quantenphysik. Hochstabile Laser, optische Resonatoren, Frequenzkämme: Die Werkzeuge der Forschenden wurden für optische Atomuhren entwickelt und bilden nun die Basis für die Entwicklung verbesserter Gyroskope. Die Arbeitsgruppe untersucht aktuell mehrere Ansätze und betreibt Gyroskope in unterschiedlichen Bauformen – das größte misst vier mal vier Meter und ist tief im Untergeschoss des Physikalischen Instituts aufgebaut.
„Wir wollen kleine, robuste Drehsensoren bauen, die in Gebäude eingebaut oder in Bohrlöcher versenkt werden können“, sagt Simon Stellmer, Mitglied im Exzellenzcluster „Matter and Light for Quantum Computing“ (ML4Q) und im Transdisziplinären Forschungsbereich „Matter“ der Universität Bonn. „Erdbeben, Klimawandel, marode Autobahnbrücken – die Einsatzmöglichkeiten der Gyroskope sind vielfältig und gesellschaftlich hochrelevant.“
Bereits in seinem 2017 eingeworbenen ERC Starting Grant-Projekt beschäftigt sich Simon Stellmer mit solchen Präzisionsmessungen. In diesem Projekt geht er einer sehr grundlegenden Frage nach: Warum enthält das Universum überhaupt Materie? Sein Ziel: Fragestellungen aus der Teilchenphysik nicht mit der hohen Energie von großen Teilchenbeschleunigern, sondern mit der Präzision von Quantenexperimenten zu beantworten.
Gleich zwei Proof of Concept-Anträge bewilligt
„Wir freuen uns sehr, dass gleich zwei ERC Proof of Concept Grants-Anträge der Universität Bonn bewilligt wurden“, sagt Sandra Speer, Leiterin des Transfer Centers enaCom der Universität Bonn. Das Transfer-Team der Medizinischen Fakultät hat zusammen mit der Forschungsförderung der Universität Bonn und enaCom die Antragstellung beim ERC in einer gelungenen Zusammenarbeit begleitet.