Soziales Geschick ist an sich eine gute Sache im Berufsleben. Es kann verschlossene Türen öffnen und hilft, den täglichen Stress zu bewältigen. Es kann jedoch auch dazu eingesetzt werden, um andere zu täuschen, Vertrauen auszunutzen oder eine Fassade der Harmlosigkeit aufzubauen, hinter der sich in Wirklichkeit Arglist versteckt. Dr. Mareike Kholin und das Forscherteam fanden heraus, dass toxische Persönlichkeiten, die bei ihren Kollegen als sozial geschickt gelten, von ihren Vorgesetzten als tüchtiger eingeschätzt wurden und eine höhere hierarchische Position einnehmen. „Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass soziales Geschick ein zweischneidiges Schwert sein kann“, sagt Kholin.
In Persönlichkeitstests haben „toxische“ Personen bei den Kategorien „Ehrlichkeit“ und „Bescheidenheit“ niedrige Werte. „Solche Persönlichkeiten neigen dazu, sich ständig in den Mittelpunkt zu stellen“, sagt Blickle. „Gute soziale Fähigkeiten ermöglichen ihnen, andere zu täuschen.“ Wer dagegen ausgeprägt ehrlich und bescheiden ist, beschert seinem Team eine wahre Freude: Solche Persönlichkeiten sind fair im Umgang und lassen an Erfolgen auch Kollegen ihren Anteil.
Niedrige Werte bei den Merkmalen „Ehrlichkeit“ und „Bescheidenheit“
Die Psychologen der Universität Bonn untersuchten das Phänomen, indem sie verschiedene Arbeitsteams befragten: Zunächst absolvierten die Teilnehmer eine anonyme Online-Befragung und schätzten sich unter anderem zu den Merkmalen „Ehrlichkeit“ und „Bescheidenheit“ ein. Dann gaben Kollegen zu den sozialen Fähigkeiten des Teilnehmers Auskunft. Wie es um seine Arbeitsleistung bestellt ist, darauf antwortete jeweils der Vorgesetzte. Es gelang den Wissenschaftlern, insgesamt von 203 solchen „Triplets“ aus Mitarbeiter, Kollege und Vorgesetztem die Daten zu erheben.
Dabei zeigte sich, dass Arbeitskräfte mit niedrigen Werten für Ehrlichkeit und Bescheidenheit trotzdem im Beruf vorankommen können, wenn sie die toxischen Anteile ihrer Persönlichkeit durch soziale Fähigkeiten ausgleichen. Bastian Kückelhaus: „Tricksen, Tarnen und Täuschen gehören zur dunklen Seite der sozialen Kompetenz.“
Wie lassen sich toxische Persönlichkeiten treffender beurteilen?
Wie aber können Unternehmen und Teams mit diesen Erkenntnissen umgehen? „Um den Aufstieg toxischer Persönlichkeiten zu entschleunigen, sollte man in der Personalauswahl und bei Beurteilungen mehr auf die tatsächliche Leistung und weniger auf den guten Eindruck schauen“, rät Prof. Blickle. Das sei besonders bei Tätigkeiten schwierig, bei denen es gerade darauf ankommt, zu imponieren und zu suggerieren, wie etwa im Verkauf oder in Führungstätigkeiten. „Da ist es sinnvoll, zum Beispiel auch auf den Krankenstand und die Kündigungsrate der Mitarbeiter oder die Kundenbindung zu schauen“, ergänzt Blickle.
Publikation: Kholin, M., Kückelhaus, B., & Blickle, G.: Why Dark Personalities can Get Ahead: Extending the Toxic Career Model, Personality and Individual Differences, DOI: 10.1016/j.paid.2019.109792
Kontakt:
Prof. Dr. Gerhard Blickle
Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie
Universität Bonn
Tel. +49-(0)228-734375
E-Mail: gerhard.blickle@uni-bonn.de
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