UM WAS GEHT ES?
Lipide (Fette) sind ein unverzichtbarer Bestandteil von lebenden Organismen. Sie dienen als Energiespeicher, definieren sowohl die Zellbegrenzung als auch Strukturen im Inneren der Zelle und können Signale in Geweben vermitteln. Aber wie versorgt der Körper die verschiedenen Organe mit Lipiden aus dem Fettgewebe? Ein Team um Privatdozentin Dr. Margret Bülow vom Life and Medical Sciences Institute (LIMES) der Universität Bonn hat am Modell der Taufliege (Drosophila melanogaster) entschlüsselt, wie der Export von Lipiden aus den Fettzellen über die Interaktion eines membranständigen Rezeptors mit einem Lipoprotein in der Hämolymphe – dem Blut der Insekten – reguliert wird.
WAS IST DAS WICHTIGSTE ERGEBNIS?
Fliegen, denen der Rezeptor (den Erstautorin Dr. Pilar Carrera „Bez“ getauft hat) fehlt, können ihre Eierstöcke nicht mehr mit Lipiden versorgen. Dies blockiert die Reifung der Eizellen: Die Fliegen werden unfruchtbar. Ein weiterer Effekt ist, dass Lipid nicht mehr von den Fettzellen zur Überbrückung eines Nährstoffmangels bereitgestellt werden kann.
WIE SIND SIE VORGEGANGEN?
Im Unterschied zu Proteinen lassen sich Lipide viel schwerer nachweisen. Co-Autor Privatdozent Dr. Lars Kürschner hat seine Expertise zur sogenannten Click Chemistry beigesteuert: Mit dieser Methode können Fettsäureanaloga per Massenspektrometrie verfolgt und nachgewiesen werden. Dadurch konnten die Forschenden den Transfer von Fettsäuren von den Fettzellen auf die Lipoproteine nachweisen.
DIE STUDIE WURDE AN DER TAUFLIEGE DURCHGEFÜHRT. SIND DIE ERGEBNISSE AUF DEN MENSCHEN ÜBERTRAGBAR?
Lipoproteine und die Membranrezeptoren, die Lipide binden können, sind stark zwischen Menschen und Taufliegen konserviert. Lipoproteine sind aus der Medizin vor allem als Transportmittel für Cholesterin (LDL und HDL) bekannt. Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich also grundsätzlich Rückschlüsse auf den Menschen ziehen.
GIBT ES EINEN ANWENDUNGSBEZUG?
Das Bereitstellen von Lipiden aus dem Fettspeicher ist ein essentieller Prozess, der mit unserer Ernährung zusammenhängt. Die grundlegenden Mechanismen zu entschlüsseln kann dazu beitragen, ernährungsbedingte Erkrankungen wie das Metabolische Syndrom, aber auch die Konsequenzen von Mangelernährung besser zu verstehen.
WAS BEDEUTET IHNEN DIE PUBLIKATION?
Die Studie ist eine Kollaboration von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterhalb der Professorenebene: Lars Kürschner leitet eine Juniorgruppe in der Abteilung von Prof. Christoph Thiele und Margret Bülow eine drittmittelfinanzierte unabhängige Arbeitsgruppe. Auf dem Weg dorthin wurde sie vom Prorektorat für Gleichstellung unterstützt. Margret Bülow ist Mitglied in den Transdisziplinären Forschungsbereichen „Matter“ und „Life & Health“. Prof. Thiele hat seine Expertise auf dem Gebiet der Click Chemistry beigesteuert. Das Labor von Margret Bülow zieht diesen Sommer ans Universitätsklinikum Düsseldorf um. Für Lars Kürschner und Margret Bülow ist die Publikation die ideale Basis für weitere Zusammenarbeit in größeren Verbundprojekten, um Click-Fettsäuren in komplexen Lebendmodellen wie der Fliege auf weitere Fragestellungen anzuwenden.
WIE LAUTET DIE QUELLE?
Pilar Carrera, Johanna Odenthal, Katharina S. Risse, Yerin Jung, Lars Kuerschner, Margret H. Bülow: The CD36 scavenger receptor Bez regulates lipid redistribution from fat body to ovaries in Drosophila, Development (2024) 151, dev202551. DOI: 10.1242/dev.202551, https://journals.biologists.com/dev/article-lookup/DOI/10.1242/dev.202551
Die Publikation wurde als Research Highlight ausgewählt. Dort erscheint ein Interview mit Pilar Carrera und Margret Bülow.
WO KANN ICH MEHR ERFAHREN?
Privatdozentin Dr. Margret Bülow, Neuronal Cell Metabolism Unit, LIMES (Life and Medical Sciences Bonn) Institut, Universität Bonn, Tel. + 49-228-73-62708, E-Mail: mbuelow@uni-bonn.de.