Auch Gesteine leben nicht ewig: Durch den Kontakt mit Luft, Wasser und darin gelösten Molekülen zersetzen sie sich mit der Zeit. Dieser Prozess wird als Verwitterung bezeichnet.
Gebirge wie die Alpen oder auch die Kiesel am Meer zählen zu den Silikaten. Diese Gesteinsgruppe kommt auf der Erde am häufigsten vor. Silikate binden bei ihrer Verwitterung das Treibhausgas Kohlendioxid. Das geschieht umso schneller, je wärmer es ist. Der Klimawandel beschleunigt diesen Prozess also und sorgt langfristig dafür, dass es wieder kühler wird. Vereinfacht gesagt, fungiert die Silikat-Verwitterung also als ein natürliches Thermostat, das mit zunehmender Erwärmung immer stärker gegensteuert.
Könnte man diesen Prozess beschleunigen, ließe sich damit vielleicht auch der menschgemachte Klimawandel bremsen. „Dazu ist es aber nötig, die natürlich stattfindende Verwitterung besser zu verstehen“, erklärt Prof. Dr. Christian März vom Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn. „Diese Zersetzung erfolgt nicht nur an Land, sondern insbesondere auch im Meer - sowohl direkt am Grund als auch mehrere Meter unter dem Meeresboden. Wie stark und wie schnell sie abläuft und wovon das abhängt, ist aber erst unzureichend erforscht.“
„Komposthaufen“ am Meeresgrund
Zusammen mit seiner Doktorandin Katrin Wagner war März in den letzten Wochen an Bord der RV Belgica. Die beiden untersuchen, wie sich die schlammartigen Ablagerungen am Meeresgrund über die Zeit verändern. Sie stanzen dazu Sedimentkerne aus dem Boden - einerseits im Fjord Hvalfjördur im Südwesten Islands, andererseits im vorgelagerten Schelf-Gebiet im Südosten der Insel.
„Der Boden eines Fjords ähnelt vereinfacht gesagt einem Komposthaufen“, erklärt Katrin Wagner: „Dort sammelt sich viel organisches Material. Zum Teil stammt es aus abgestorbenen Algen, zum Teil wird es durch Flüsse aus dem umgebenden Land ins Meer geschwemmt. Gleichzeitig gelangt damit auch silikathaltiger Boden ins Meer.“
Am Meeresgrund wird das organische Material von Mikroorganismen zersetzt. Dadurch entstehen chemische Bedingungen, die vermutlich auch die Verwitterung der Silikate fördern. März und Wagner vergleichen, wie sich diese Prozesse im Hvalfjördur-Fjord und im Schelfgebiet unterscheiden, wo es viel weniger organisches Material gibt und der Grund aus deutlich groberen Sanden und kleinen Steinen besteht.
Die Ergebnisse dieser Analysen könnten auch Hinweise darauf geben, ob und in welchem Ausmaß sich die Silikatverwitterung als Werkzeug gegen die Erderwärmung eignet. „Selbst wenn das klappen sollte, ist das aber nur ein kleiner Baustein im Kampf gegen den Klimawandel“, betont März. „Am wichtigsten ist es nach wie vor, die Menge der Emissionen deutlich zu senken.“
Keine Zeit für Langeweile
Die RV Belgica ist gerade wieder im Hafen der isländischen Hauptstadt Reykjavik eingelaufen. Davor haben die Forschenden und die Crew fast drei Wochen ununterbrochen auf See verbracht. Die ersten Tage wurde März von Seekrankheit geplagt. „Auch nach etlichen Schiffsexpeditionen in den letzten 20 Jahren braucht mein Körper immer einige Tage, um sich an das Leben auf dem Wasser zu gewöhnen“, sagt er.
Für ihn geht es nun zurück nach Bonn. Katrin Wagner hingegen bleibt auch für den nächsten Fahrtabschnitt nach Südgrönland mit an Bord - noch einmal fast fünf Wochen. Langeweile gebe es auf einer solchen Expedition dennoch nicht, auch weil die Freizeit knapp bemessen sei. „Es gibt immer viel zu tun“, sagt März. „Wenn man mal etwas Ruhe hat, genießt man die Aussicht, hält nach Walen oder Vögeln Ausschau und trinkt einen Tee.“
Informationen zum Projekt:
Das Projekt DEHEAT wird vom Belgischen Science Policy Office (BELSPO) gefördert und läuft noch bis zum Jahr 2026. Eine Webseite mit ausführlichen Hintergrundinformationen findet sich hier: https://coastalesw.wordpress.com
Weitere Informationen zur Expedition der RV Belgica, den Stationen der Reise und Fotos lassen sich auf folgender Webseite einsehen:
https://uploads.knightlab.com/storymapjs/815d327687abd8892b03dbde7cf373ce/deheat-1/draft.html
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Christian März
Geologisches Institut der Universität Bonn
E-Mail: cmaerz@uni-bonn.de