“Ich bin völlig überrascht und freue mich sehr darüber”, war die erste Reaktion als Prof. Angkana Rüland die Nachricht vom Vorsitzenden des Preiskomitees erhielt. Der nahm sich anschließend noch Zeit für einen Video-Chat, um mit der frisch gekürten Preisträgerin zu plaudern. Wie sie die mit dem Preis verbundenen 100.000 US-Dollar nutzen möchte, darüber hat Angkana Rüland noch gar nicht genau nachgedacht. „Einen Teil des Preisgeldes möchte ich dem Bonner Matheclub zur Verfügung stellen, bei dem ich früher als Studentin selbst mitgearbeitet habe und in dem junge Mathetalente gefördert werden.“ Die Wissenschaftlerin erhält den New Horizons Prize in Mathematics für Beiträge zur Angewandten Analysis, genauer zur Untersuchung von Mikrostrukturen in Phasenübergängen von bestimmten Materialien sowie zu ihrer Forschung zu inversen Problemen.
„Ich gratuliere Angkana Rüland auf das Herzlichste zu dieser hochkarätigen Auszeichnung! Der Preis würdigt eindrucksvoll ihre exzellenten wissenschaftlichen Leistungen im Grenzgebiet zwischen Mathematik, Physik und Ingenieurwissenschaften”, sagt der Rektor der Universität Bonn, Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch. Angkana Rüland sei mit der Bonner Mathematik, die zur Spitze der Welt zählt, seit langem engstens verbunden. “Umso mehr haben wir uns gefreut, dass wir sie als herausragende Wissenschaftlerin in diesem Jahr auf einen der international renommierten Hausdorff-Chairs unseres Exzellenzclusters HCM berufen konnten. Sie wird gemeinsam mit ihrem Team die Mathematik und damit die Wissenschaft insgesamt weiter entscheidend voranbringen.“
In ihrer Forschung zu Mikrostrukturen interessiert sie sich besonders für eine Klasse von Materialien. Dabei handelt es sich um Metalllegierungen, die ein Formgedächtnis haben: Zum Beispiel verwandelt sich eine stark verbogene Büroklammer aus einem solchen Material beim Erwärmen wie von selbst in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Dahinter stecken spezielle Gitterstrukturen, die wie einzelne Bauklötze unterschiedlich kombiniert werden, und auf diese Weise das Materialverhalten beeinflussen. “Mathematisch führt dies zu vielen sehr spannenden und herausfordernden Fragen.”
Darüber hinaus befasst sich die Mathematikerin mit sogenannten “inversen Problemen”: Dabei geht es darum, Informationen aus indirekten Messungen zu rekonstruieren, wie es etwa bei Röntgentomographien oder Ultraschalluntersuchungen geschieht. “Aus diesen indirekten Informationen lässt sich auf die Beschaffenheit des Körpers schließen, ohne Gewebeproben entnehmen zu müssen”, erklärt Angkana Rüland. Auch in der Natur treten solche Phänomene auf, etwa bei der Ultraschall-Ortung von Fledermäusen, mit der die fliegenden Säugetiere navigieren. “Meine Forschung beschäftigt sich hauptsächlich mit einer bestimmten Klasse dieser Probleme, dem sogenannten Calderón Problem und nichtlokalen Varianten davon.”
Zur Person
Angkana Rüland ist Alumna der Universität Bonn. Bereits als Schülerin nahm sie am Frühstudium „FFF - Fördern, Fordern, Forschen“ der Bonner Alma mater im Fach Mathematik teil. Nach dem Abitur setzte sie ihr Mathe-Studium an der Universität Bonn fort und gehörte zum Gründungsteam des Bonner Matheclubs für die Klassen sieben bis zehn. Im Jahr 2014 promovierte sie bei Prof. Dr. Herbert Koch am Mathematischen Institut und erhielt für ihre Doktorarbeit den „Hausdorff-Gedächtnispreis“ für die beste Dissertation im Fach Mathematik in Bonn.
Nach ihrer Promotion ging sie als Postdoktorandin an die Universität Oxford und wurde 2017 Nachwuchsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften in Leipzig. Im Jahr 2020 erhielt Angkana Rüland einen Ruf als W3-Professorin an die Universität Heidelberg. Seit März 2023 ist sie zurück in Bonn und ergänzt als Inhaberin eines Hausdorff Chairs den exzellenten Kreis der Spitzenforschenden am Hausdorff Center for Mathematics.
Über die Preise
Der 2012 von den Sponsoren Sergey Brin, Priscilla Chan & Mark Zuckerberg, Julia & Yuri Milner und Anne Wojcicki gegründete Breakthrough Prize ist laut der Stftung der weltweit größte internationale Wissenschaftspreis, der jährlich vergeben wird. Jeder der fünf Hauptpreise - drei in den Biowissenschaften, einer in der Grundlagenphysik und einer in der Mathematik - ist mit drei Millionen US-Dollar dotiert. Die Preise für Nachwuchswissenschaftler, New Horizons Prizes in Physik und Mathematik, sind mit 100.000 US-Dollar ausgestattet. In diesem Jahr werden insgesamt 15,75 Millionen US-Dollar vergeben. Der Breakthrough Prize, der auch als Wissenschafts-Oscar bekannt ist, wird im Rahmen einer Live-Gala im April in Los Angeles verliehen.
Informationen: https://breakthroughprize.org/