Als eine Nation zerstörungswütiger Barbaren galt das Deutsche Reich, nachdem seine Heerestruppen 1914 die belgische Stadt Löwen verwüsteten und wenig später die Kathedrale von Reims bombardiert wurde. Weltweites Entsetzen löste dies aus. Daraufhin wurde eine dem Auswärtigen Amt unterstellte Behörde unter der Bezeichnung „Kunstschutz“ begründet. Sie sollte Denkmäler vor Kriegsbeschädigungen schützen und damit ein positives Bild Deutschlands als Kulturnation zeichnen, festgehalten in zahlreichen Fotografien. Bis heute beherbergt das Kunsthistorische Institut der Universität Bonn einen großen Bestand von Abzügen aus diesen Kampagnen.
Paul Clemen (1866-1947), Professor für Kunstgeschichte an der Universität Bonn und Provinzialkonservator der Rheinprovinz, widmete mehrere propagandistische Publikationen dem Thema „Kunstschutz“ und leitete selbst Fotokampagnen in Frankreich und Belgien. Diese Fotografien sollten den sorgsamen Umgang der Deutschen mit Denkmälern beweisen oder deren Beschädigung durch den Feind belegen. Nach Kriegsende diente dieses Bildmaterial der Rekonstruktion und Wiederherstellung von beschädigten oder zerstörten Kunstgütern; darüber hinaus wurde das Bildmaterial auch in der Forschung der ersten Nachkriegsjahre genutzt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Franz Graf Wolff Metternich (1893-1978) „Beauftragter für Kunstschutz“; auch er lehrte an der Universität Bonn und war wie sein Vorgänger Paul Clemen Provinzialkonservator der Rheinprovinz. In den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten sollte der „Kunstschutz“ Kulturgüter vor Kriegsschäden oder Plünderung sichern. Auch diesmal ging die Erfassung von schützenswerten Denkmälern mit einer fotografischen Dokumentation einher, inzwischen auch mit Farbfotos.
Die neue Wechselausstellung im Bonner Universitätsmuseum unter dem Titel „Kunstschutz“: Fotografie zwischen Propaganda und Denkmalpflege thematisiert dieses komplexe Thema. Aus den umfangreichen Beständen des Paul-Clemen-Museums des Kunsthistorischen Instituts der Universität Bonn sind Fotografien, historische Glasdiapositive und Projektoren, Farbdias sowie Gipsabgüsse zu sehen, ergänzt durch zeitgenössische Publikationen und Dokumente.
Die von Dr. Hilja Droste und Dr. Gernot Mayer, beide Wissenschaftliche Mitarbeiter am Kunsthistorischen Institut der Uni Bonn, kuratierte Ausstellung entstand im Rahmen einer Lehrveranstaltung mit Studierenden. Das Thema der Ausstellung ist nach wie vor aktuell, wie Bilder von zerstörten Kulturgütern in Afghanistan, Irak, Syrien oder auch in der Ukraine zeigen.
Ergänzend zur Ausstellung im Universitätsmuseum wurde auch eine online-Ausstellung erarbeitet: https://www.khi.uni-bonn.de/forschung/projekte/photography-1/kunstschutz
Die Ausstellung wird eröffnet am 5. Oktober 2023 um18:00 Uhr, im Universitätsmuseum der Uni Bonn, Regina-Pacis-Weg 3, 53113 Bonn, Kaiserplatzflügel.
Weitere Infos auf den Seiten des Kunsthistorischen Instituts:
https://www.khi.uni-bonn.de/nachrichten/veranstaltungen/ausstellungseroeffnung
Kontakt für die Medien:
Dr. Gernot Mayer, Dr. Hilja Droste
Kunsthistorisches Institut, Universität Bonn
Rabinstraße 8, 53113 Bonn
Tel. 0228-73-5829
E-Mail: gernot.mayer@uni-bonn.de