In bestimmten Kriegssituationen wurden bisweilen besondere Gewaltdynamiken freigesetzt: Massaker, Vergewaltigungen, Versklavungen. Aus heutiger Sicht offenbart gerade der Zusammenhang zwischen Krieg und Gewalt neue Erkenntnisse über vormoderne Gesellschaften und trägt zu einem vertieften Verständnis der damaligen Gesellschaftsnormen bei, davon sind Historikerinnen und Historiker überzeugt.
Wie blickten die Menschen auf legitime und illegitime Gewalt? Welche Gewalt war im Krieg erlaubt, welche innerhalb der Gesellschaften? Um diese Fragen zu beantworten, fokussieren sich die Forschenden bei der Konferenz auf unterschiedliche Gesellschaften der Vormoderne: das antike Griechenland, die römische Republik, das feudale Japan, das spätmittelalterliche Zentral- und Südasien, das Inkareich und das mittelalterliche Mitteleuropa. Ziel ist es, in diesen Kulturen die Wechselwirkungen zwischen Kriegsgewalt und Gesellschaft zu verstehen und die Erkenntnisse dann miteinander zu vergleichen.
Die Vortragenden kommen aus unterschiedlichen Disziplinen und Ländern – unter ihnen sind sowohl etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch Nachwuchsforschende. Unter anderem spricht Prof. Dr. David Bachrach von der University of New Hampshire über Fehde, Staatsgewalt und das Gleichgewicht der Kräfte in der Kriegsführung im ottonischen Deutschland, Jun.-Prof. Daniel Schley von der Universität Bonn über den buddhistischen Diskurs der religiösen Gewalt im mittelalterlichen Japan, Prof. John Serrati von der University of Ottawa über Männlichkeit und weibliches Handeln in Kriegen der römischen Republik und Prof. Dr. Beth Scaffidi von der University of California über Trophäenköpfe als Mittel der Kriegsführung zwischen Gruppen in den prähispanischen Anden.
Transdisziplinäre Forschung an der Universität Bonn
Veranstalter der Konferenz ist Dr. Lennart Gilhaus vom Institut für Geschichtswissenschaft und Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Present Pasts“ der Universität Bonn. Er beschäftigt sich mit Krieg und Gewalt in der Griechischen Antike und wird seit vergangenem Jahr von der Daimler und Benz Stiftung gefördert, wodurch auch die Konferenz ermöglicht wurde – unterstützt von der TRA „Present Pasts“.
„Gewalt und Kultur gehören in menschlichen Gesellschaften zusammen“, betont Lennart Gilhaus. „Daher ist es wichtig, die emotionalen und psychischen Mechanismen eskalierender Gewaltsituationen und -exzesse zu ergründen und die Phänomene in ihrem jeweiligen kulturellen Kontext zu verstehen.“ Da die für die Konferenz ausgewählten Beispiele bemerkenswert unterschiedlich sind, könne ihre Gegenüberstellung ganz neue Faktoren über soziale Normen aufdecken, die den Umgang mit Gewalt und die Anwendung von Gewaltpraktiken regeln.