Eins der Ergebnisse: Die meisten Befragten empfanden eine Teilnahme als positiv, schreibt das Team. Die Erkenntnisse sollen helfen, Empfehlungen für Kliniken zu entwickeln, die Betroffene in Tumorkonferenzen einbinden möchten.
„Ob Patientinnen und Patienten wirklich davon profitieren, wenn sie bei den oft sehr fachlichen Diskussionen dabei sind, ist bisher umstritten – und leider wenig untersucht“, sagt die Oldenburger Versorgungsforscherin und Erstautorin der Studie, Prof. Dr. Lena Ansmann. Allerdings werde international verstärkt nach Möglichkeiten gesucht, Betroffene stärker an der Planung ihrer Therapie zu beteiligen. Ziel des Forschungsteams war daher, einen größeren Datensatz zusammenzutragen und zu analysieren.
„Soweit wir wissen, ist unsere Studie eine der ersten größeren Untersuchungen zu diesem Thema“, sagt Co-Autorin Prof. Dr. Nicole Ernstmann von der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und vom Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) Köln Bonn – Standort Bonn, dem interdisziplinären Krebszentrum des Universitätsklinikums Bonn. Die Wissenschaftlerin ist auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) “Leben und Gesundheit”.
Der größte Teil aller Brustkrebspatientinnen in Deutschland wird derzeit an zertifizierten Krebszentren behandelt. Tumorkonferenzen sind hier vorgeschrieben, eine Beteiligung der Betroffenen allerdings nicht. „Aus vorangegangenen Studien wissen wir, dass etwa fünf bis sieben Prozent der Erkrankten schon einmal an einer Tumorkonferenz teilgenommen haben“, erläutert Ansmann. Doch welche Rolle Patientinnen in den Konferenzen einnehmen, wie die Konferenzen vonstattengehen und welche Erfahrungen die Beteiligten letztlich machen, war bislang unklar.
Um diese Wissenslücke zu verkleinern, befragten die Forschenden 87 Patientinnen mit Brustkrebs oder einem gynäkologischen Tumor vor und direkt nach ihrer Teilnahme an einer Tumorkonferenz sowie vier Wochen später. Zum Vergleich befragten sie 155 Erkrankte, die nicht an der sie betreffenden Tumorkonferenz teilnahmen. Außerdem beobachtete das Team insgesamt 317 Fallbesprechungen in Tumorkonferenzen – direkt sowie mit Hilfe von Video- und Tonaufzeichnungen. An 95 dieser Fallbesprechungen waren Betroffene beteiligt.
Dabei zeigt sich, dass die Tumorkonferenzen mit Beteiligung der Erkrankten sehr unterschiedlich abliefen. Manche Kliniken ließen die Patientinnen an der gesamten Konferenz teilnehmen. Andere hielten die eigentliche Konferenz ohne die Erkrankten ab, ließen sie aber anschließend an einer kleineren Runde teilhaben, die etwa über Therapieempfehlungen informierte. Auch andere Bedingungen der Konferenzen variierten, etwa die Dauer oder die Sitzanordnung.
Aus den Befragungen ging hervor, dass die Erkrankten eine eher passive Rolle in den Konferenzen spielten. Beispielsweise berichteten nur 61 Prozent an der Entscheidung zur Therapie beteiligt worden zu sein. Insgesamt nahmen die meisten Patientinnen die Konferenzen als eher positiv wahr, empfanden sie etwa als informativ und empfahlen die Teilnahme weiter. Einige Betroffene berichteten allerdings, dass die Konferenzen bei ihnen Angst und Verunsicherung ausgelöst haben – ein Umstand, den künftige Untersuchungen stärker in den Blick nehmen müssten, betont Ansmann.
Publikation: Ansmann, Lena; Heuser, Christian; Diekmann, Annika; Schellenberger, Barbara; Biehl, Claudia; Danaei, Mahmoud; Eichler, Christian; Heinz, Dina; Hocke, Andrea; Malter, Wolfram; Melekian, Badrig; Metin, Havva; Mustea, Alexander; Palatty, Jenci; Peisker, Uwe; Petschat, Ines; Ernstmann, Nicole: Patient participation in multidisciplinary tumor conferences: How is it implemented? What is the patients’ role? What are patients’ experiences?, Journla Cancer Medicine, DOI: 10.1002/cam4.4213