Mithilfe von sogenannter alter DNA (aDNA, aus dem Englischen „ancient DNA“) können Wissenschaftler Rückschlüsse auf lange vergangene Zeiten und die dort lebenden Organismen schließen. Eine Möglichkeit, an solche DNA heranzukommen, können Insekten sein, die in Bernstein, also fossilem Baumharz, eingeschlossen sind. Bisher war die Suche nach DNA in Proben, die einige tausend Jahre alt waren, fehlgeschlagen. Der Grund: Sie enthielten zu viele Verunreinigungen aus der modernen Zeit.
„Unsere neuen Ergebnisse zeigen, dass es in der Tat möglich ist, Organismen genetisch zu untersuchen, die in Harz eingebettet waren, auch wenn wir noch nicht das zeitliche Limit kennen“, betont Studienleiter Dr. David Peris vom Institut für Geowissenschaften und Meteorologie der Universität Bonn. Das übergeordnete Ziel der Forscher ist es, Schritt für Schritt grundlegende Aspekte der DNA-Konservierung im Harz aufzulösen und die wirkliche zeitliche Grenze zu ermitteln, bis wann DNA in Harzen konserviert bleibt.
Verhältnismäßig junge Harzproben im Fokus
„Anstatt nach DNA in Bernstein von vor 100 Millionen Jahren oder mehr zu suchen und von der Wiederauferstehung der Dinosaurier zu träumen, sollten wir damit beginnen, DNA in Insekten nachzuweisen, die vor einigen Jahren in Harz eingefangen wurden“, betont David Peris. Die von ihm und seinen Kollegen verwendeten Harzproben waren sechs und zwei Jahre alt und stammten aus Madagaskar. Um die DNA der darin eingeschlossenen Käfer nachzuweisen, nutzten die Wissenschaftler eine sogenannte Polymerase-Kettenreaktion, mit der es möglich ist, Erbsubstanzen im Reagenzglas zu vervielfältigen. Das Verfahren ist in der Kriminologie bekannt und wurde vor kurzem als Basistechnologie für den Nachweis von SARS-CoV-2 ins Spiel gebracht. „Mit dieser Methode haben wir mehrere Authentizitätsprüfungen durchgeführt, sodass wir sicher sagen konnten, dass die in unseren Experimenten nachgewiesene DNA tatsächlich von den konservierten Käfern stammte“, erklärt Kathrin Janssen vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie der Universität Bonn, die zweite Hauptautorin.
Die Forscher stellten fest, dass Wasser länger als bisher angenommen in den eingebetteten Proben zurückbleibt, was sich negativ auf die Stabilität der DNA auswirkt. Nach und nach wollen die Wissenschaftler in Zukunft auch ältere Proben mit sensitiveren, modernen Methoden analysieren, unter anderem mithilfe des „Next Generation Sequencing“. „Die Untersuchung der zeitlichen Begrenzung der DNA-Konservierung und vieler anderer damit zusammenhängender Fragen ist das Ziel zukünftiger Experimente“, resümiert Kathrin Janssen.
Beteiligte Institutionen und Förderung:
Neben der Universität Bonn waren an der Studie die Universitat de Barcelona, das Instituto Geológico y Minero de España (beide Spanien), das Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt am Main und die Universität Bergen (Norwegen) beteiligt.
Die Studie erhielt finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Forschergruppe 2685 „Die Grenzen des Fossilberichtes: Analytische und experimentelle Ansätze zum Verständnis der Fossilisation“, die Alexander von Humboldt-Stiftung, die Agencia Estatal de Investigación/FEDER (Spanien), die Europäische Union (Grant CGL2017-84419), die National Geographic Global Exploration Fund Northern Europe (Grant GEFNE 127-14) und die VolkswagenStiftung (Grant 90946).
Publication: David Peris*, Kathrin Janssen*, H. Jonas Barthel, Gabriele Bierbaum, Xavier Delclòs, Enrique Peñalver, Mónica M. Solórzano-Kraemer, Bjarte H. Jordal, and Jes Rust: DNA from resin-embedded organisms: past, present and future. PLOS ONE, DOI: 10.1371/journal.pone.0239521 *Equal contribution
Link: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0239521
Kontakt für die Medien:
Dr. David Peris
Institut für Geowissenschaften und Meteorologie,
Abt: Invertebraten
Tel: +49 228 / 734682
E-Mail: daperce@gmail.com