Nach den Erkenntnissen des Forschungsteams gibt es bislang keine interdisziplinäre und vergleichende Studie, die den Einsatz von maschinellen Lernverfahren in verschiedenen Wissenschaftsfeldern untersucht hat und dabei sowohl informatische, historische wie auch ethnographische Perspektiven berücksichtigt. “Die allgegenwärtige Behauptung einer KI-Revolution kann auf diese Weise durch konkrete und detaillierte Analysen kritisch überprüft werden”, sagt Prof. Dr. Jens Schröter von der Medienkulturwissenschaft der Universität Bonn, der auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Individuen, Institutionen und Gesellschaften“ der Universität Bonn ist. Es zeichne dieses Forschungsvorhaben aus, dass genau intersucht wird, welche Rolle KI-basierte Datenanalysen im Verhältnis zu bestehenden Methodentraditionen haben.
Das Team analysiert konkrete „Fokus-Projekte“ in unterschiedlichen Disziplinen (Filmwissenschaft, Soziologie und Geowissenschaften), die das Spektrum von Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften abdecken. Es soll untersucht werden, wie mit KI-Verfahren in unterschiedlichen Disziplinen geforscht wird. Die Forschenden haben dabei die Potentiale, aber auch die Grenzen, Risiken und Ambivalenzen von KI-basierten Methoden im Blick. Das Projekt bringt die Expertise der Medienwissenschaft, der Wissenschaftsgeschichte und der Informatik zusammen, um den Einsatz speziell von datenintensiven Verfahren in der aktuellen akademischen Forschung zu untersuchen.
Historische, medienwissenschaftliche und informatische Perspektive
Prof. Dr. Anna Echterhölter vom Institut für Geschichte der Universität Wien fertigt eine wissenschaftshistorische Tiefenstudie der Soziologie an und untersucht den Datengebrauch und die Festlegung von Klassifikationskriterien in historischen statistischen Verfahren.
Prof. Dr. Schröter von der Universität Bonn untersucht medienarchäologisch die konkreten technologischen Verfahren der KI, die in den ausgewählten Fokus-Projekten eingesetzt werden. Welche Technologien werden genau verwendet? Wie haben diese sich historisch entwickelt? Welche spezifischen Stärken und Schwächen bringen sie mit?
Privatdozent Dr. Andreas Sudmann, derzeit Gastprofessor an der Universität Regensburg und zukünftiger Koordinator des Projekts untersucht medienethnographisch, wie die technologischen Verfahren in den Fokus-Projekten Verwendung finden. Die methodischen Einsätze von KI-Technologien sollen dabei dezidiert als Medienpraktiken beobachtet und analysiert werden, also mit Blick etwa auf Prozesse der Speicherung, Generierung, Verarbeitung, Verteilung und Darstellung von Informationen.
Prof. Dr. Alexander Waibel vom Institut für Anthropomatik und Robotik des Karlsruher Instituts für Technologie entwickelt ein auf Maschinellem Lernen basiertes KI-System zur Analyse und Zusammenfassung wissenschaftlicher Texte und Vorträge, die sich selbst mit der Verwendung von KI-basierten Methoden in verschiedenen Bereichen befassen.
Publikationen und Konferenzen sind geplant
Die Forschungsergebnisse sollen in Publikationen münden, darunter eine Monografie und ein Sammelband, die im Jahr 2026 erscheinen. Darüber hinaus sind zwei internationale Konferenzen und mehrere Workshops geplant, bei denen die Resultate diskutiert werden. Die Arbeitsgruppe Informatik wird eine Datenbank zur „KI-Meta-Forschung“ aufbauen und kontinuierlich pflegen, um die im Rahmen des Projekts generierten Daten zu sammeln und zusammen mit dem entwickelten Textanalysesystem zugänglich zu machen.
Website des Projekts: https://howisaichangingscience.eu
Pressemitteilung der VolkswagenStiftung: https://www.volkswagenstiftung.de/aktuelles-presse/aktuelles/k%C3%BCnstliche-intelligenz-%E2%80%93-ihre-auswirkungen-auf-die-gesellschaft-von-morgen-rd-10-mio-euro-f%C3%B6rderung
Kontakt:
Prof. Dr. Jens Schröter
Abteilung für Medienwissenschaft
Universität Bonn
E-Mail: schroeter@uni-bonn.de