Lymphatische Filariose (Elefantiasis) und Onchozerkose (Flussblindheit) führen zu schweren Behinderungen und betreffen mehr als 72 Millionen Menschen weltweit. Diese beiden vernachlässigten Tropenkrankheiten werden durch langlebige (10-14 Jahre) parasitäre Fadenwürmer verursacht. So sind allein in Afrika über 21 Millionen Menschen mit dem Fadenwurm Onchocerca volvulus, dem Erreger der Flussblindheit, infiziert. Etwa jeder Zehnte der Betroffenen erblindet. Die Fadenwürmer sind auf eine spezielle Bakterienart, Wolbachia, angewiesen. Diese können mit einem bereits lange zugelassenen Medikament, dem Doxycyclin, eliminiert werden. „Sterben diese Bakterien, stirbt nach ein paar Monaten auch der Parasit“, sagt Prof. Achim Hoerauf, Experte für vernachlässigte Tropenerkrankungen und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie am UKB. Er ist auch Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn. Das Therapieprinzip mit Doxycyclin hat seine Gruppe bereits vor mehr als zehn Jahren in die Therapie der Filariosen eingeführt. „Allerdings schränkt die lange Behandlungszeit von mind. 4 Wochen und die Kontraindikation bei Kindern, Schwangeren und stillenden Müttern den Einsatz von Doxycyclin für die Massenbehandlung ein“, sagt Prof. Marc Hübner, Leiter des Labors für Translationale Mikrobiologie am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie des UKB und Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn.
Mit Corallopyronin A hat das Team um Prof. Hoerauf einen weiteren wirksamen Medikamenten-Kandidaten zur Bekämpfung der Parasiten gefunden, welcher durch Förderung aus dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und dem Japanischen GHIT Fund in den nächsten Jahren in die klinische Prüfung kommen soll. Dabei handelt es sich um das Naturstoff-Antibiotikum Corallopyronin A, bei dem kürzere Behandlungszeiten und wenig Nebenwirkungen erwartet werden.
Hoffnung auf neues effektives Wirkprinzip
Die gemeinsame Arzneimittelforschung des A-WOL-Teams hat nun zusätzlich zu einem ersten synthetischen Arzneimittel-Kandidaten geführt, der im Vergleich zu den derzeitigen Optionen eine noch kürzere Behandlungsdauer bieten könnte. Das Team hat außerdem weitere vielversprechende Ansatzpunkte für neue Medikamente identifiziert und arbeitet mit Astra Zeneca zusammen, um zu verstehen, wie diese neuen chemischen Klassen Wolbachien in den Würmern eliminieren können. „Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung für unsere gemeinsame Forschung, die einen potentiellen ersten synthetischen Anti-Wolbachia (AWOL)-Wirkstoff-Kandidaten gegen Filarienkrankheiten hervorgebracht hat. Das Prinzip funktioniert und erfordert weitere Optimierung“, sagt Prof. Hörauf und Prof. Hübner ergänzt: „Solche Kandidaten haben das Potential, die Eliminierung der Onchozerkose und lymphatischer Filariose erheblich zu beschleunigen und die Lebensqualität von Millionen von Menschen verbessern.“
Prof. Gill Reid, Präsidentin der Royal Society of Chemistry, gratuliert allen Preisträgern in folgendem Video: https://www.youtube.com/shorts/so6l1LLzhXk
Mehr Informationen gibt es unter: https://www.rsc.org/prizes-funding/prizes/2024-winners/