„Bei Chamäleons denken die meisten vermutlich sofort an ein prächtiges Farbenspiel und dessen Bedeutung für die innerartliche Kommunikation und Tarnung“, sagt Dr. Markus Lambertz, Zoologe an der Universität Bonn und am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere (ZFMK, Museum Koenig). Auf Madagaskar gibt es aber Arten, die ganz andere Strategien verfolgen. Viele Erdchamäleons der Gattung Brookesia sind kleine, braune Tiere, die versteckt im Unterholz leben. Ihre umgestaltete Wirbelsäule ähnelt bei manchen Arten einer Säge auf dem Rücken und soll die Tiere offenbar vor Fressfeinden schützen. Besonders extrem sind diese Strukturen bei Brookesia perarmata entwickelt, eine Spezies, die auch durch spitze Dornen an Kopf, Beinen und Flanken auffällt. „Wir kennen diese Art mit ihrem bizarren Stachelpanzer seit fast einem Jahrhundert, aber es war bisher völlig unklar, was diese Strukturen überhaupt sind“, sagt Dr. Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung in München.
Die Wissenschaftler beschlossen der Sache gemeinsam auf den Grund zu gehen. Pia J. Schucht untersuchte das Gewebe dieser Hautstrukturen mikroskopisch: „Es zeigte sich sehr schnell, dass diese Auswüchse einen knöchernen Kern besitzen,“ erklärt die Doktorandin an der Universität Bonn. Solche Verknöcherungen der Lederhaut werden als Osteoderme bezeichnet. Man kennt sie zum Beispiel von Krokodilen, die man aufgrund der flächigen Körperbedeckung mit Osteodermen häufig auch als Panzerechsen bezeichnet. Wie sieht es aber nun bei unserem Erdchamäleon aus? Das Team, inzwischen um die Doktoranden Peter T. Rühr von der Universität Köln und Benedikt Geier vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen erweitert, setzte auf die Mikrocomputertomographie, um eine Vorstellung der dreidimensionalen Verteilung der Osteoderme bei Brookesia perarmata zu erlangen.
Wie die äußere Erscheinungsform bereits vermuten ließ, treten die Osteoderme nur vereinzelt entlang der Flanken und Beine auf. Einen durchgängigen Knochenpanzer gibt es nicht. Wie kann dies einen effektiven Schutz vor Beutegreifern bewirken? Erdchamäleons haben besonders Schlangen und Vögel als Räuber zu fürchten, die ihre Beute meist in einem Stück herunterschlucken. Ein flächiger Bissschutz wie bei den Krokodilen brächte ihnen also gar keinen besonders großen Vorteil. Die dornige „Osteoderm-Rüstung“ von Brookesia perarmata hingegen scheint eine ideale Abwehrstrategie, um solchen Räubern das Herunterschlucken unangenehm und schmerzhaft zu machen.
Publikation: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/jmor.21135
Pressemitteilung: https://www.zfmk.de/de/zfmk/presse/chamaeleons-in-ruestung-aus-knoechernem-stachelpanzer
Kontakt:
Dr. Markus Lambertz
Institut für Zoologie
Universität Bonn
Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere
Tel. 0228/735491
E-Mail: lambertz@uni-bonn.de
Chamäleons mit Rüstung aus knöchernem Stachelpanzer Chamäleons mit Rüstung aus knöchernem Stachelpanzer
Bonner Wissenschaftler fanden gemeinsam mit Kollegen aus München, Köln und Bremen ganz eigentümliche spitze Knochen in der Haut eines madagassischen Erdchamäleons. Diese Knochen wachsen entlang der Flanken und Beine aus der Haut heraus und sollen Fressfeinden offenbar den Appetit verderben. Die Ergebnisse sind nun im „Journal of Morphology“ veröffentlicht.
Brookesia perarmata:
- Ein Chamäleon in Ritterrüstung.
© Foto: Frank Glaw
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Rekonstruktion des Skeletts von Brookesia perarmata:
- Zahlreiche zackige Osteoderme bedecken den Rumpf und die Beine.
© Quelle: Schucht et al. 2020, J. Morphol.