Es gibt eine Vielzahl angeborene Störungen des Immunsystems, mit jedoch hoher Schwankungsbreite möglicher Infektionen. „Die Kunst ist zu erkennen, wann bei Kindern mit Infektionen oder auch Autoimmunerkrankungen ein Verdacht besteht, dass tatsächlich ein angeborener Immundefekt zugrunde liegen könnte“, sagt Prof. Boztug. Fast alle sind seltene Erkrankungen, für die moderne Therapien maßgeschneidert entwickelt werden können. Dabei setzt er unter anderem auf eine sehr enge Vernetzung mit der Pädiatrischen Hämatologie und Onkologie sowie den anderen pädiatrischen Fachbereichen am Eltern-Kind-Zentrum (ELKI) des UKB. „Immunologie ist ein zentrales Fach. In den letzten Jahren haben wir immer besser verstanden, dass sich beispielsweise hinter frühkindlichen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ein Immundefekt verbergen kann, oder auch, dass ein Teil der Immundefekte mit einem Risiko zur Entwicklung von Tumoren einhergeht. Deshalb ist hier die interdisziplinäre Vernetzung von entscheidender Wichtigkeit“, sagt Prof. Boztug, der eine langjährige klinische Erfahrung in der Pädiatrie mit Schwerpunktsausbildung in Immunologie sowie Hämatologie und Onkologie mitbringt. Auch mit dem Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSEB), wo er ein Schwerpunktprogramm für angeborene Immundefekte aufbauen wird, sieht er enge Interaktionsmöglichkeiten sowie mit der Rheumatologie beim Übergang von der Kinder- zu der Erwachsenen-Medizin.
Wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen
Etwa 3.000 Gene sind für das menschliche Immunsystem verantwortlich. „Die Schlüsselfrage, welches Gen für ein bestimmtes Merkmal maßgeblich ist, beantworten uns in der Regel die Betroffenen selbst“, sagt Prof. Boztug. „Denn wenn ein Gen bei einer Person mutiert ist und dies sich negativ auswirkt, dann ist es offenbar essentiell und somit relevant für die Diagnostik und Behandlung der Erkrankung.“ Im Rahmen der Diagnostik und Forschung zu angeborenen Störungen des Immunsystems wird er besonders intensiv mit der Humangenetik am UKB kooperieren.
Für sein Fach hat der pädiatrische Immunologe folgenden Traum: Besser zu verstehen, wie Immundefekte entstehen und welche Umwelteinflüsse dabei eine Rolle spielen. Mit diesem Wissen möchte er bessere Therapien entwickeln: „Kann man das für den Immundefekt verantwortliche Gen oder das zugehörige Protein derart modulieren, dass wir die Störung der Immunfunktion korrigieren oder zumindest abmildern können?“
Erstklassige Immunforschung als Magnet für Bonn
Das Exzellenzcluster ImmunoSensation2 der Universität Bonn ist ein besonderer Anreiz für Prof. Boztug: „Das zukunftsorientierte Forschungscluster war eine große Motivation für meine Entscheidung nach Bonn zu kommen und ich freue mich als neues Mitglied die Forschung an immun-abhängigen Erkrankungen entsprechend mitgestalten zu können.“ Zusätzlich ist es für Prof. Boztug, der etwa 80 Kilometer entfernt von Bonn aufgewachsen ist, auch eine Art Heimspiel. „Die offene und freundliche rheinische Art bin ich gewohnt und erleichtert auch die ersten Tage in meiner neuen Schaffenswelt.“