Die Depression ist eine schwerwiegende Erkrankung, die häufig zunächst mit Medikamenten oder Psychotherapie behandelt wird. Allerdings zeigen Medikamente oft unerwünschte Nebenwirkungen, und eine Psychotherapie kann zudem aufgrund langer Wartezeit auf einen Therapieplatz oft erst verzögert beginnen. Daher besteht ein großer Bedarf an weiteren Therapieansätzen, die effektiv, nebenwirkungsarm und kostengünstig sind. Digitale Technologien eröffnen hier neue Möglichkeiten: Bereits jetzt können sogenannte digitale Gesundheitsanwendungen auf Rezept verschrieben werden, die nachweislich depressive Symptome lindern können. Allerdings fehlen noch umfassende wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit spezifischer Inhalte und zur Eignung für unterschiedliche Patient*innengruppen. Diese sollen nun in der neuen Studie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKB unter Leitung von Prof. Dr. Alexandra Philipsen, die früh auf die Entwicklung patientenzentrierter Anwendungen im Bereich Medizintechnologie in der Klinik gesetzt hat, untersucht werden.
Dazu haben die Forschenden am UKB in Kooperation mit der Medizinzischen Fakultät der Universität Bonn eine neue App entwickelt, die in mehreren Modulen therapeutische Inhalte anbietet, welche auf Techniken der Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologie basieren. Im Gegensatz zu vielen frei verfügbaren Online-Apps basieren diese Inhalte auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und wurden von klinischen Expert*innen entwickelt. Die App enthält sechs thematisch abgegrenzte Module: Psychoedukation und Krankheitsverständnis, Aktivitätsplanung und Verhaltensaktivierung, Entspannungs- und Stressregulationstechniken, Ressourcenaktivierung und Resilienzaufbau, Stabilisierung des Selbstwertgefühls sowie Grübelkontrolle.
Im Verlauf werden die Studienteilnehmer*innen zufällig einem dieser Module zugeteilt, welche Text-, Bild- und Audioinhalte sowie Aufgaben zur Interaktion beinhalten. Diese werden von den Teilnehmenden über einen Zeitraum von vier Wochen selbstständig bearbeitet. Dabei soll die App unter anderem dabei helfen, ein tieferes Verständnis für die Erkrankung zu entwickeln, das Selbstwertgefühl zu stärken und bei wahrgenommenem Stress effektiver zu entspannen.
„Mit der Studie wollen wir insbesondere herausfinden, wie ansprechend das digitale Format für Patientinnen und Patienten ist und wie es angenommen wird. Die Ergebnisse können uns helfen, besser einzuschätzen, inwiefern digitale aufbereitete Therapiematerialien zukünftig als ergänzendes Angebot zu einer klassischen Psychotherapie geeignet sind und welche Inhalte sich als besonders wirksam erweisen“, so Dr. Niclas Braun, Forschungsgruppenleiter und psychologischer Psychotherapeut an der Klinik, der auch an der Universität Bonn forscht.
Die App bietet unmittelbare Vorteile für Patient*innen, indem sie lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz überbrückt und sofortigen Zugang zu therapeutischen Inhalten gewährt. Als ergänzende Unterstützung zur laufenden Therapie kann die App helfen, Behandlungslücken zu schließen und die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten. Das mobile Format ermöglicht es, die Therapieinhalte jederzeit und überall zu nutzen, was besonders in stressigen oder kritischen Momenten hilfreich sein kann. Diese Flexibilität und die direkte Verfügbarkeit machen den Ansatz vielversprechend und können zur Effizienz in der Behandlung psychischer Erkrankungen beitragen.
Studienteilnahme ab sofort möglich
Gesucht werden Erwachsene mit Depression im Alter von 18 bis 70 Jahren, die bereits eine Behandlung begonnen haben (bspw. Einnahme von Medikamenten oder eine Psychotherapie). Die Teilnahme erfordert drei Online-Termine zur Erfassung der Symptomatik und relevanter Daten. Nach dem ersten Termin werden die Teilnehmenden zufällig einem App-Modul oder der Kontrollgruppe zugeteilt.
Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung zu der Studie gibt es online unter: http://www.ukbonn.de/onlinekurs-studie