Der spätere Papst Benedikt XVI. hatte von 1959 bis 1963 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie inne. Den Ruf hatte er kurz nach Übernahme einer Professur für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising erhalten. Nach weiteren universitären Stationen in Münster, Tübingen und Regensburg wurde Joseph Ratzinger 1977 Erzbischof von München und Freising. Von 1982 bis 2005 wirkte er als Präfekt der Glaubenskongregation. Am 19. April 2005 wurde Joseph Ratzinger als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt und gab sich den Namen Benedikt XVI. Zum 28. Februar 2013 trat er als erst zweiter Papst in der Kirchengeschichte zurück.
Zeit in Bonn prägend für sein Verständnis von Universität und Wissenschaft
Die Zeit in Bonn war für die Entwicklung des theologischen Denkens von Joseph Ratzinger von zentraler Bedeutung. Dies zeigt schon seine viel beachtete Antrittsvorlesung „Der Gott des Glaubens und der Gott der Philosophen“. Zugleich war diese Zeit prägend für sein Verständnis von Universität und Wissenschaft. In seiner Regensburger Rede hat Benedikt XVI. im Jahr 2006 prominent auf seine Bonner Zeit Bezug genommen. Eindrücklich schildert er seine Impressionen dieser „alten Ordinarien-Universität“, die er nicht zuletzt durch den interdisziplinären Austausch gekennzeichnet sah. Hier erlebte er ein gemeinsames Ringen um die Sache der Vernunft. Sein großes theologisches Werk ist von diesem Anliegen und der Vermittlung von Vernunft und Glaube geprägt – darin ist er immer ganz Fundamentaltheologe geblieben.
Seinen Worten zufolge ist für Joseph Ratzinger Bonn in guter Erinnerung: „Aber ich muss gestehen, dass mir das Heimweh nach Bonn, nach der Stadt am Strom, ihrer Heiterkeit und ihrer geistigen Dynamik geblieben ist.“ Die Weltoffenheit Bonns schätzte er sehr: „Nachts hörte ich die Schiffe auf dem Rhein, der am Albertinum vorbeifließt. Der große Strom mit seiner internationalen Schifffahrt gab mir ein Gefühl der Offenheit und Weite, einer Berührung der Kulturen und der Nationen, die seit Jahrhunderten hier aufeinandertrafen und sich befruchteten.“
Die Bonner Zeit markierte auch den Ausgangspunkt seines weltkirchlichen Engagements. Seit dem Beginn der 1960er Jahre war Joseph Ratzinger als Berater des Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings tätig. Er hatte von dort an maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der katholischen Kirche. Am Zweiten Vatikanischen Konzil nahm er als theologischer Berater teil. Die Reformen des Konzils hat er theologisch begleitet und mitgestaltet. Das gilt etwa für seine Mitarbeit an der Offenbarungskonstitution „Dei Verbum“.
"Vielfältiger Dialog in der Fakultät und mit anderen Fakultäten"
Benedikt XVI. blieb "seiner" Bonner Fakultät auch später verbunden und behielt ihre Entwicklung im Blick. 2007 - zwei Jahre nach seiner Papstwahl - würdigte er den "vielfältigen Dialog in der Fakultät und mit anderen Fakultäten". Weiter heißt es: "Mit Dankbarkeit und Freude sehe ich, dass auch heute die Bonner Fakultät mit hohem Rang in der theologischen Debatte steht und gleichermaßen ihren wissenschaftlichen wie ihren kirchlichen Auftrag im Blick hat", schrieb Papst Benedikt XVI. am 19. Mai 2007 an den damaligen Dekan der Fakultät, Prof. Dr. Rudolf Hoppe.
Die Universität Bonn trauert nicht nur um eine bedeutende Gestalt der Zeitgeschichte, sondern auch um einen großen Theologen und Papst, dessen Wirken und Werk in vielerlei Hinsicht prägend bleiben werden.