„Wir sind stolz, dass Nordrhein-Westfalen ein europäischer Hotspot für Quantencomputing ist“, erklärte Ministerpräsident Hendrik Wüst. Zusammen mit nationalen und europäischen Partnern sollen Mittel für herausragende Vorhaben und Infrastrukturen eingeworben werden. So kann die Strahlkraft Nordrhein-Westfalens als Standort für Quantentechnologien weiter erhöht werden. Mehr als ein Dutzend Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen (NRW) haben das Netzwerk ins Leben gerufen, um sich mit Unternehmen aus der Wirtschaft zusammenzuschließen. EIN Quantum NRW wird über einen Förderzeitraum von zunächst fünf Jahren mit bis zu 20 Millionen Euro ausgestattet. Die Besonderheit: 7,5 Millionen Euro bringen die Forschungseinrichtungen in Erwartung eines Mehrwerts durch die Kooperation mit der Wirtschaft selbst ein – ein starkes Bekenntnis zum Forschungs- und Entwicklungsstandort in NRW. Die Landesregierung flankiert diesen Beitrag mit bis zu 12,5 Millionen Euro bis 2026.
„Die Unterstützung der Landesregierung kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn derzeit werden in ganz Deutschland und Europa regionale Ökosysteme der Quantentechnologie aufgebaut“, freut sich Prof. Tommaso Calarco, Direktor des Instituts für Quantum Control am Forschungszentrum Jülich. „Die außerordentlich hohe Dichte an Quantenexpertise in Wissenschaft und Wirtschaft in unserem Land kann durch diese Bündelung ihre Wirkung vervielfachen.“
Quantentechnologien werden unseren Alltag verändern. Schon heute gehen zahlreiche technische Errungenschaften auf Erkenntnisse der Quantenphysik zurück. Die Beispiele reichen von Photovoltaikzellen über die Laser- und Medizintechnik – etwa der Magnetresonanztomographie – bis hin zum modernen Computer und dem Internet. Die fortschreitende Kontrolle einzelner Quantenteilchen rückt zunehmend weitere technologische Fähigkeiten in greifbare Nähe, die lange undenkbar schienen. Quantentechnologien sollen mithelfen, neue Antworten auf große Fragen und Herausforderungen unserer Zeit zu liefern: Etwa für komplexe Zusammenhänge des Klimawandels, den Schutz der Umwelt, bessere Verkehrsströme oder abhörsichere Kommunikation durch Quantenverschlüsselung, um etwa Risiken für kritische Infrastrukturen durch Cyber-Angriffe zu reduzieren.
„Nordrhein-Westfalen ist der Motor für die Entwicklung des Quantencomputings in Deutschland. Die Dichte von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die an Quantentechnologien forschen, ist bundesweit einzigartig. Nach Einschätzung des Expertenrats Quantencomputing der Bundesregierung ist aktuell noch nicht abzusehen, welche Technologieplattformen für Quantencomputer zielführend sein werden. Es ist ein nationales Alleinstellungsmerkmal Nordrhein-Westfalens, die vielversprechendsten Ansätze – supraleitende Schaltkreise, Ionenfallen, Photonen oder Halbleiter-basierte Ansätze – an seinen Forschungsinstitutionen in Breite und Spitze abzudecken und über Transferschnittstellen zur Wirtschaft konkrete Anwendungen zu fördern“, sagt Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.
Nordrhein-Westfalen bringt mit seiner hohen Dichte an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf einzigartige Weise Kompetenzen in diesen Quantentechnologien 2.0 zusammen. EIN Quantum NRW – das EIN steht für Education, Innovation und Networking – verbindet die exzellente Forschung und Entwicklung an mehr als einem Dutzend Standorten in den Bereichen Quantencomputing, Quantenkommunikation, Enabling Technologies sowie zu den übergreifenden Themen Lehre, Fortbildung und Technologietransfer. Die Gründungspartner des Netzwerks kommen aus ganz NRW. Zu ihnen gehören die Universitäten Aachen, Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg-Essen, Düsseldorf, Köln, Münster, Paderborn, Siegen sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Forschungszentrum Jülich und die Fraunhofer-Gesellschaft. Die Koordination erfolgt derzeit durch das Forschungszentrum Jülich und die Universität Siegen. Mittelfristig wird ein internationales Board aus Wissenschaft und Wirtschaft den Prozess begleiten.
Brückenschlag zwischen Forschung und Industrie
"Nordrhein-Westfalen ist prädestiniert für eine Vorreiterrolle bei der Realisierung und Anwendung von Quantencomputing und anderen Quantentechnologie-Feldern, wie beispielsweise der Quantenkryptografie. In Nordrhein-Westfalen haben zahlreiche Unternehmen ein enormes Interesse daran, die Chancen der Quantentechnologien zu nutzen. Sie treffen nicht nur auf hervorragendes wissenschaftliches Knowhow, sondern auch auf andere Unternehmen und Neugründungen, die bereitstehen, als Zulieferer die neuen Technologien auch in der Wirtschaft umzusetzen. Wir haben dazu die NRW-Koordinierungsstelle QT.NRW ins Leben gerufen und mit Wissenschaft, Start-ups und Industrie ein Kompetenznetzwerk mitentwickelt, das von uns finanziell unterstützt wird und nun landesweit an den Start geht“, sagt Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.
Potenzielle Anwender der neuen Technologien reichen von Großunternehmen bis hin zu spezialisierten Start-Ups, die als Partner aus der Wirtschaft an EIN Quantum NRW beteiligt werden, da der Technologietransfer und internationale Kooperationen wichtige Anliegen des Netzwerks sind. Eine der zentralen Aufgaben von EIN Quantum NRW wird es sein, die exzellente Grundlagenforschung mit Großunternehmen und Quanten-Spin-Offs des Landes noch besser zu vernetzen. Das Marktpotential ist groß. NRW verfügt als größte Chemie-, Energie- und Stahlregion Europas mit seiner starken Textil- und Bekleidungs- sowie Maschinenbau- und Elektroindustrie und dem dichtesten Verkehrsnetz über einmalige Voraussetzungen. Insbesondere im Bereich der medizinischen Wirkstoffentwicklung und des Materialdesigns, der Routenoptimierung und Verkehrssteuerung sowie des intelligenten Stromnetzmanagements werden Sprunginnovationen mit hoher wirtschaftlicher Relevanz erwartet.
Interdisziplinäre Forschung und Ausbildung
Die Partner in EIN Quantum NRW werden sich verstärkt für die Lehre einsetzen, aber auch für die Weiterbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs und Fachkräften. Denn Investitionen in Quantentechnologien können nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn entsprechend qualifizierte Expertinnen und Experten ausgebildet werden. Dies erfordert sowohl Expertise in der Physik wie auch in der Informatik und in den Ingenieurswissenschaften. An verschiedenen Standorten arbeiten die Fachbereiche daher im Rahmen des Netzwerks zunehmend eng zusammen, um entsprechende Angebote zu entwickeln. In der Rheinlandregion werden bereits unterschiedliche Programme für Bachelor- und Masterstudierende sowie Promovierende an den Universitäten Köln, Bonn und Aachen in der Research School des Exzellenzclusters Materie und Licht für Quanteninformation (ML4Q) gebündelt, an dem die Bonner Physik insbesondere auf dem Gebiet der optischen Quantenphysik beteiligt ist.