Die Bande zwischen der Exzellenzuniversität Bonn und der Max-Planck-Gesellschaft seien seit Jahrzehnten eng geknüpft, stellte Stratmann zu Beginn seiner Rede fest. „Ich denke hier zum Beispiel an unser Max-Planck-Institut für Radioastronomie, das aus dem Astronomischen Institut der Universität heraus gegründet wurde oder an das Hausdorff-Zentrum für Mathematik. In beiden Fällen eine wirklich idealtypische Zusammenarbeit.“ Vier Nobelpreise in den vergangenen zwei Jahren und die Fields-Medaille für den Bonner Mathematiker Peter Scholze zeigten, dass die Wissenschaft aus Deutschland international sehr präsent sei.
Das liege vor allem an der sehr gut aufgestellten Grundlagenforschung, für die die Universitäten und Institutionen wie die Max-Planck-Gesellschaft die entsprechenden Rahmenbedingungen schafften. „Wir beginnen das Zeitalter des Anthropozäns mit ganz eigenen Herausforderungen und Lösungsansätzen. Hier wird noch viel Grundlagenforschung - auch in den Geisteswissenschaften - notwendig sein.“ Politik und Öffentlichkeit würden dabei hohe Erwartungen an die Wissenschaften richten, so Stratmann weiter. Hier gelte es immer wieder zu vermitteln und die eigenen Prämissen zu erklären.
Innovationsagentur als Motor?
Im anschließenden Panel zur „Exzellenz in der Wissenschaft“ führte Stratmann im Gespräch mit dem Rektor der Universität Bonn, Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch, aus, dass vor allem die Innovationsfähigkeit im deutschen Wissenschaftssystem gestärkt werden müsse. Die Aufgaben, wie die Energiewende, seien extrem langfristig. „Braucht man nicht so etwas wie eine Innovationsagentur, die, ähnlich wie die DFG für die Grundlagenforschung, für das Innovationsgeschehen mit hoher Professionalität und unabhängig von politischen Rahmenbedingungen arbeitet“, so Stratmann. Eine solche Stärkung müsse durch Umverteilung von Fördermitteln geschehen und dürfe dabei in keinem Fall auf Kosten der Grundlagenforschung gehen.
Der Bonner Mathematiker und Träger der Fields-Medaille Prof. Peter Scholze unterstrich mit Blick auf das Fach Mathematik, dass es noch viele Fragestellungen gebe, die bisher nicht gelöst seien. Immer stärker spiele dabei die Digitalisierung eine Rolle. „Ganz aktuell schaffen es Computer Beweise, wie sie in der aktuellen Forschung vorkommen, zu formalisieren und alle Beweisschritte ganz exakt nachzuprüfen.“ Das sei eine Richtung in der mathematischen Forschung, bei der es spannend sei, was noch passiere. Er selbst arbeite bei der Beweisführung aber vor allem mit Papier, Stift und Tafel. Professorin Dr. Catharina Stroppel vom Hausdorff Center for Mathematics hob die Besonderheiten des Bonner Exzellenzclusters hervor, das die gesamte Breite der Mathematik abdecke. „Wir versuchen jetzt mit USA Top-Universitäten zu konkurrieren.“ Das sei eine andere Herausforderung für das Exzellenzcluster als noch am Anfang, als es um die generelle Sichtbarkeit gegangen sei. Nun gehe es vielmehr um Behauptung. Eine wichtige Rolle spiele dabei auch die Berufung von Wissenschaftlerinnen, wo das Cluster bereits aktiv auf talentierte Frauen zugehe.
„Jedes Individuum zählt“
In einem zweiten Panel rückte dann das hochbrisante Feld des Klimawandels und der Katastrophenvorsorge in den Fokus. Professorin Dr. Xiaomeng Shen, Vizerektorin der United Nations University Europe, hob hervor, dass rund 90% der wesentlichen Katastrophenrisiken wetterbedingt seien. In der Forschung ginge es dabei nicht nur um den weltweiten Kontext, sondern auch um die Gegebenheiten vor Ort. „Jedes Land und jedes Individuum zählt bei einer solchen Klimakrise.“ Deutschland habe da schon einen großen Beitrag für die Welt geleistet. Es brauche aber nicht nur Technologien, sondern auch einen neuen Weg des Denkens.
Mit Blick auf das Ahr-Hochwasser erklärte der Präsident des Technischen Hilfswerkes Gerd Friedmann, dass das THW damals bereits früh im Einsatz gewesen sei. Die Dimension des Hochwassers habe er in seiner Tätigkeit bisher noch nicht gesehen. Neben Hochwassern spiele auch extreme Trockenheit eine immer größere Rolle bei seiner Arbeit. „Wir haben in Deutschland ein wirklich gut funktionierendes Katastrophenschutzsystem, dass man sich an der ein oder anderen Stelle nochmal ansehen muss.“ Grundsätzlich sei man aber gut aufgestellt, auch wenn in Zukunft die Zahl der Einsätze zunehme.
Verantwortung für Nachhaltigkeit
Mit Blick auf die Nachhaltigkeit erklärte Prof. Dr. Annette Scheersoi, Prorektorin für Nachhaltigkeit, dass die Universität gerade als Exzellenzuniversität eine besondere Verantwortung für das Voranbringen der Nachhaltigkeit habe. Es gehe um die verantwortungsbewusste Nutzung von Ressourcen und die zukunftsfähige Gestaltung der Gesellschaft. „Wir möchten der Verantwortung Rechnung tragen, indem wir Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Universität ganz systematisch verankern.“ Das betreffe nicht nur Forschung und Lehre, sondern auch den Betrieb. Die Universität sei dabei schon gut aufgestellt. Die TRA 6 (Sustainable Futures) und das Exzellenzcluster Phenorob, das studentische Green Office und die Auszeichnung als Fairtrade University seien hierfür gute Beispiele. „Durch die Einrichtung der Governance-Strukturen kann das nun noch besser koordiniert werden.“
Oberbürgermeisterin Katja Dörner drückte in ihrem Grußwort die Freude aus, dass das akademische Jahr endlich wieder in Präsenz starten konnte. „Die Rheinische-Friedrich-Wilhelms Universität hält für die individuellen Pläne der Studierenden die besten Lehrangebote bereit. Seit über 200 Jahren beweist sie, dass ihre Gründung in unserer Stadt eine sehr gute und mehr als kluge Entscheidung war – exzellente Wissenschaft, innovative Forschung und die vielen Studierenden aus dem In- und Ausland sind ein Indiz dafür.“ Als Stadt sei man stolz darauf, dass die Universität zum Kreis der Exzellenzuniversitäten zählt. „Dies trägt maßgeblich zur Stärkung Bonns, als internationale Stadt, und zum Ausbau der Wissenschaftsregion bei.“
Ausblick auf das akademische Jahr
„Die zunehmende Rückkehr zu Präsenzveranstaltungen gibt Studierenden nun endlich wieder die Möglichkeit, in einen studentischen Alltag zurückzukehren“, sagte Jonathan Andraczek, der Vorsitzende des Bonner AStA, bei der traditionellen Rede aus studentischer Sicht. Die Pandemie habe soziale Missstände aufgedeckt. Vor allem Menschen, die unter prekären Verhältnissen ihr Geld verdienten, hätten sich während der Pandemie Sorgen um finanzielle Situation machen müssen – und das seien auch Studierende. Daher brauche es dringend eine Reform des BAföG, um seinen Zweck weiterhin zu erfüllen. Auch die teils unklare und wechselnde Regelungslage während der Pandemie habe das Studium stark erschwert. Wichtig sei nun, dass die digitale Infrastruktur auch nach der Pandemie Priorität habe, um eine höhere Flexibilität zu ermöglichen.
Im traditionellen Ausblick auf das kommende Semester, bedankte sich Rektor Hoch bei den Vertretern der Studierendenschaft, Jonathan Andraczek und Kay Alexander Frenken, für die großartige Leistung, die in der Pandemie erbracht wurde. „Die Studierenden haben wirklich große Entbehrungen auf sich genommen für die Gesellschaft – dafür herzlichen Dank.“ Das gelte auch für die Lehrenden, Dekaninnen und Dekane und Fakultäten und Gremien. Gleichzeitig hob er hervor, dass neben Corona auch die Exzellenzstrategie weiterhin im Blick behalten werden müsse. „Wir haben natürlich ein sehr ambitioniertes Ziel, dass wir alle sechs Exzellenzcluster wieder holen können.“ Die Cluster und TRAs entwickelten sich sehr gut und es habe sich eine unglaubliche Dynamik entwickelt. „Wir möchten durch die Rekrutierung der besten Köpfe auf allen Karrierestufen – einschließlich der Studierenden – Talente zur Entfaltung bringen und als Exzellenzuniversität bei den globalen Veränderungen unseren Beitrag leisten“, so Hoch.