In den vergangenen Jahren haben sich die Fähigkeiten von Computersystemen, Bilder oder Videos aus dem Internet zu klassifizieren, enorm verbessert. Auch die Schätzung menschlicher Posen für Spieleanwendungen ist heutzutage kein Problem mehr. Die dahinterliegenden Systeme analysieren jedoch die Vergangenheit oder im Falle von Echtzeitsystemen die Gegenwart mit einer Verzögerung von wenigen Millisekunden. „Für Anwendungen, bei denen die Systeme reagieren oder mit Menschen interagieren müssen, reicht dies nicht aus“, betont der Informatiker Prof. Dr. Jürgen Gall, Sprecher der Forschungsgruppe. „Roboter, die zum Beispiel mit Menschen zusammenarbeiten, müssen nicht nur in der Lage sein, die aktuelle Situation wahrzunehmen, sondern sie müssen auch das Verhalten von Menschen und zukünftige Situationen antizipieren, damit sie ihre eigenen Bewegungen entsprechend planen können.“ Hier setzt die Forschungsgruppe an: Um das Problem in seiner Gesamtheit zu betrachten, arbeiten die Wissenschaftler an Vorhersagen, die von groben Beschreibungen der Tätigkeit bis hin zu detaillierten menschlichen Bewegungen für Zeithorizonte von Millisekunden bis Stunden reichen.
Bedeutung von Servicerobotern nimmt zu
Damit Serviceroboter von Menschen akzeptiert werden und effizient arbeiten können, müssen sie das menschliche Verhalten in verschiedenen Detaillierungsgraden vorhersagen können. Die Roboter müssen wissen, wann ihre Hilfe benötigt wird, sollen aber nicht im Weg stehen. Bei Aufgaben wie der gemeinsamen Montage eines Gegenstands oder der Zubereitung einer Mahlzeit, müssen sie sowohl die Intention der Person als auch den detaillierten Bewegungsablauf vorhersehen.
Serviceroboter werden insbesondere aufgrund der in Deutschland und anderen Ländern immer älter werdenden Bevölkerung benötigt, um beeinträchtigte oder ältere Menschen häuslich zu unterstützen. Der demographische Wandel gehört zu einer der globalen Herausforderungen, die es derzeit für eine nachhaltige Zukunft zu lösen gilt. Daher ist die Forschergruppe nicht nur im mathematisch-informatisch ausgerichteten transdisziplinären Forschungsbereich „Mathematik, Modellierung und Simulation komplexer Systeme“ angesiedelt, sondern auch im Forschungsbereich „Innovation und Technologie für eine nachhaltige Zukunft“. In den insgesamt sechs transdisziplinären Forschungsbereichen der Universität kommen Wissenschaftler aus den unterschiedlichen Fakultäten und Disziplinen zusammen, um gemeinsam an zukunftsrelevanten Forschungsthemen zu arbeiten.
DFG-Forschergruppe „Anticipating Human Behavior“: http://for2535.cv-uni-bonn.de
Kontakt:
Prof. Dr. Jürgen Gall
Universität Bonn
Department of Information Systems and Artificial Intelligence
E-Mail: gall@iai.uni-bonn.de
Tel.: +49 228 73 69600