Wie konnten und können Gesellschaften ihren Umgang mit Sklaverei oder anderen Formen starker asymmetrischer Abhängigkeiten (wie zum Beispiel Schuldknechtschaft, Leibeigenschaft, Zwangsarbeit) mit den eigenen Werten, Normen und Institutionen vereinbaren? Der Bonner Soziologe und BCDSS Principal Investigator Rudolf Stichweh bietet einen Erklärungsversuch. Er vertritt die paradoxe These des „including exclusion“, die sich auf alle Institutionen starker asymmetrischer Abhängigkeit übertragen lasse.
Einen materielleren Zugang zu ihren Forschungsthemen bieten die Cluster-Professorinnen Julia Hillner, Claudia Jarzebowski, Pia Wiegmink und der Cluster-Professor Christoph Witzenrath. Sie stellen jeweils ein Objekt vor, das für ihren Forschungsansatz repräsentativ ist, und öffnen uns buchstäblich die Augen, wenn sie – Schicht für Schicht – die verschiedenen Abhängigkeitsdimensionen offenlegen. Man erfährt auf sehr anschauliche Weise, zum Beispiel über eine silberne Schmuckdose aus dem 4. Jahrhundert BC, dass materielle Kultur neben der Analyse von Texten einen wichtigen Zugang zur Sklaverei- und Abhängigkeitsforschung bietet.
Das DEPENDENT-Magazin bietet auch Einblick in die vielen Feldforschungsprojekte, die Forschende des BCDSS in den letzten sechs Monaten durchgeführt haben. Einige konnten die vorübergehende Lockerung der COVID-bedingten Reisebeschränkungen nutzen, um längst überfällige Exkursionen nachzuholen, andere mussten ihr Forschungsprojekt völlig umstellen. Die Cluster-eigenen "Korrespondentinnen und Korrespondenten" berichten aus erster Hand: Michael Zeuske (Kuba), Ayesha Hussain (Italien, Brescia) Paul Graf (Guatemala), Martin Bentz, Philippe Kluge und Matthias Lang (Italien, Cerveteri), Katja Girr, Ayesha Hussain (Türkei), Dita Auziņa (Belize).
Darüber hinaus informiert das Magazin stets über aktuelle Entwicklungen, neue Publikationen sowie kommende Vorlesungen, Konferenzen und Workshops – darunter die öffentlich zugänglichen Vorlesungen im Rahmen der Joseph C. Miller Memorial Lecture Series, die jeweils montags um 16h (hybrid) in englischer Sprache stattfinden. Ziel der Vorlesungen ist, die Abhängigkeits- und Sklavereiforschung des Clusters um die Perspektive hochkarätiger internationaler Gastrednerinnen und Gastredner zu erweitern und in einen Dialog zwischen Experten und Expertinnen des Clusters einerseits und interessierten Menschen außerhalb des Clusters zu treten (ob aus der Wissenschaft oder der interessierten Öffentlichkeit).
Der Exzellenzcluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS)
„Asymmetrische Abhängigkeit“ – mit diesem neuen Schlüsselkonzept eröffnet der Exzellenzcluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS) einen neuen Zugang zur Sklaverei- und Abhängigkeitsforschung. Der wissenschaftliche Diskurs war bisher von Sklaverei auf den amerikanischen Kontinenten oder in der Antike geprägt. Mit dem neuen Ansatz wird ihm ein breiterer konzeptioneller Rahmen verliehen: Der Cluster untersucht alle Formen tiefer sozialer Abhängigkeiten wie Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft sowie weitere Formen permanenter Abhängigkeiten. Dabei werden alle Epochen, Regionen und Kulturen einbezogen. Mit dieser inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Erweiterung der Perspektive öffnet sich die Abhängigkeitsforschung für transkulturelle Vergleiche.
Das Forschungsmagazin DEPENDENT
Das Forschungsmagazin DEPENDENT berichtet halbjährlich über die wissenschaftlichen Erkenntnisse und laufenden Forschungsvorhaben des Exzellenzclusters Bonn Center for Dependency and Slavery Studies der Universität Bonn. Jede Ausgabe ist einem relevanten Schwerpunktthema im Forschungsfeld der Abhängigkeits- und Sklavereiforschung gewidmet.