12. Januar 2024

Glanz und Schönheit in Miniatur Glanz und Schönheit in Miniatur

Gemmen im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn: Sehr kleine gravierte Edelsteine in einer neuen Ausstellung vom 21. Januar bis zum 21. April 2024 zu sehen im Interimsquartier Römerstraße.

Studierende der Klassischen Archäologie stellen mit einer neuen Ausstellung im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn 80 ausgewählte Gemmen vor, teils nur einen Zentimeter groß. Mehrere Tausend Stücke umfasst die Sammlung Prof. Dr. Klaus Jürgen Müller, welche die Bonner Universitätsstiftung auf Wunsch der Erben dauerhaft dem Akademischen Kunstmuseum zum Erforschen übergeben hat. Diese neue Ausstellung feiert das Schöne und alle sind geladen.

 

Bärtiger Pan
Bärtiger Pan - Bärtiger Gott Pan. Nahezu kreisförmiger Karneol als Ringstein, in Gold gefasst. Höhe 1,0 Zentimeter., Breite 0,97 Zentimeter. Römisch-kampanisch, spätes 2. oder frühes 1. Jhd. v. Chr. © Jutta Schubert, Akademisches Kunstmuseum / Uni Bonn
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Die Ausstellung in der Römerstraße zeigt Gemmen der antiken Welt und ihr klassizistisches Nachleben. Aus mehreren tausend Objekten der Sammlung Prof. Dr. Klaus Jürgen Müller haben die Studierenden über 500 Objekte näher betrachtet und schließlich mit Prof. Dr. Frank Rumscheid, Direktor des Akademischen Kunstmuseums der Uni Bonn, für die Ausstellung 80 Stücke ausgewählt: "Eindrucksvoll winzig“ zeigt Siegel, Schmuckstücke und Amulette. Es ist die erste Schau zu diesem Thema nach einer Gemmen-Ausstellung vor über zwanzig Jahren, damals kuratiert von Prof. Dr. Erika Zwierlein-Diehl.

Gemmen sind geschnittene (Halb-)Edelsteine, die in der Antike zu den kleinsten Bildträgern zählten. Bildmotive aus verschiedensten Lebensbereichen eröffnen tiefe Einblicke in das Leben der Menschen längst vergangener Zeiten. Gemmen entstanden auf Kreta ebenso wie in Xanten und rund um das Mittelmeer in der gesamten antiken Welt in allen gesellschaftlichen Sphären. Kunsthistorisches, naturwissenschaftliches und kulturgeschichtliches Wissen und Methodensicherheit bei der Untersuchung der winzigen, teils weniger als einen Zentimeter großen Objekte erlaubt besonders tiefe Einblicke. Die Gemmen der neuen Bonner Schau werden in Präsentationskästen gut ausgeleuchtet gezeigt.

Gemmen zeigen das ganze Leben

Wer hier mit Hilfe einer Lupe durch das Guckloch schaut, steigt in die Welt eines Siegels ein, das seinem Besitzer Prestige verschaffen sollte, je nach Größe, Farbe und Material des geschliffenen Steins. Gottheiten waren ebenso Bildmotive wie weltliche Herrscher und Potentaten. Die Gemmen visualisieren Liebe, Leid, Leben und Tod, Sieg und Niederlage. Die nährende Hausziege zählt dazu wie die Jagdszene mit Wildschwein oder auch der Lieblingshund. Gemmen dienten als Medium für die großen Erzählungen genauso wie sie alltägliche Bedürfnisse spiegeln.

Ein Amulett, gerade mal zwei Zentimeter hoch, sollte der griechischen Inschrift zufolge gegen Hüftschmerzen helfen. Andere Inschriften zeigen Namen, Grußworte, Losungen und Liebeserklärungen. Wo des Herrschers Angesicht im ganzen Land als geschliffener Edelstein leuchtet, da gibt es auch ungebetene Nachahmer, weshalb die Ausstellung neben den originalen Winzigkeiten auch Fälschungen zeigt.

Auf kleinstem Raum und durch verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Härtegraden wie Serpentin, Lapislazuli, Hämatit, Pyrit und zahlreiche Arten von Quarz ließen die Kunsthandwerker ein ganzes Panorama entstehen. Gefragte Meister ihres Fachs signierten ihre Arbeit. Nicht selten sind die Objekte bis heute erhalten und in gutem Zustand, weil sie gut verwahrt wurden und das Interesse an Gemmen nie verschwand: als Ring, Kette, Teil eines Trinkgefäßes oder auch als Zierde eines Bucheinbandes.
 
Abgesehen von den antiken Stücken enthält die Schau auch Gemmen, die erst im neuzeitlichen Klassizismus hergestellt wurden, in Erinnerung an die Antike, die zum gesellschaftlichen und künstlerischen Vorbild jener Epoche wurde. Schließlich sind Sammlungen von Gemmenabgüssen, Daktyliotheken genannt, sowie Proben von Gemmen-Rohmaterial zu sehen, die das Mineralogische Museum der Universität Bonn für die Ausstellung ausgeliehen hat. Leihgaben der Universität Heidelberg und des Gemmenschneiders Gerhard Schmidt schließlich zeigen Werkzeuge, mit denen in Antike und Neuzeit Gemmen hergestellt wurden.

Konzipieren, Messen, Schreiben, Lektorieren....

Die Arbeit an der neuen Ausstellung begann Prof. Dr. Frank Rumscheid, mit den Studierenden im Sommersemester 2021. Zu Beginn waren die Gemmen der Sammlung Müller noch auf viele Kästen, Schubladen und Schatullen verteilt. Studentin Katrin Peitz erklärt ihre Faszination: „Das Gefühl in der Hand, wenn ich eine Gemme nahm, die Menschen aus vielen Generationen vor mir auch schon berührt hatten, zu einer ganz anderen Zeit unter völlig anderen Umständen, das macht so bescheiden.“
Um eine systematische Ordnung der Gemmen herzustellen, waren Datenblätter, die noch vom Sammler selbst angelegt worden waren, den Objekten zuzuordnen und zu überprüfen. Verdienste haben sich dabei die Studierenden Kristina Hauk, Rebecca Telöken, Hendrik Wangermann und Carola Worm erworben. Außerdem haben sie am Konzept und an den Texten des Ausstellungskataloges mitgearbeitet, ebenso Yannik Becker, Anna Borucki, Chiara De Michele und Tobias Follmann.

Präsentieren....

Der Katalog entspricht ganz der Pracht der Ausstellung: Hier wurde viel Arbeit ins Konzipieren, Schreiben, Lektorieren sowie in Satz und Layout investiert. Museumsfotografin Jutta Schubert sorgte mit spezieller Aufnahmetechnik für höchste Qualität bei den Fotos. Der angemessen auf-wendige Druck des Kataloges wurde mit der großzügigen Unterstützung der Bonner Universitäts-Stiftung und des Fördervereins des Akademischen Kunstmuseums realisiert.

Neue Präsentationsvorrichtungen für die winzigen und deshalb schwer auszustellenden Gemmen konstruierte Museumsrestauratorin Melanie Schneppel mit den Studierenden. Hier geht es um Millimeterarbeit in der Höhe, Breite, Tiefe bei der Frage, wo das Licht der Präsentation ansetzen muss, um den Blick des Betrachters am Guckloch auf den relevanten Aspekt des ausgestellten Stücks zu lenken.

Jetzt schon ist klar, dass die Beschäftigung mit den Gemmen über die Dauer der Sonderausstellung hinaus anhalten wird: Eine der beteiligten Studentinnen wird die reichlich vertretenen graeco-persischen Gemmen in ihrer Masterarbeit untersuchen. Weitere Abschlussarbeiten folgen und es steht an, "bisher ausgeklammerte Sammlungsbereiche zu erschließen, die nicht zur klassischen Antike und ihrem Nachleben zählen", erklärt Prof. Dr. Frank Rumscheid.

Gemmen überliefern Mythen
Gemmen überliefern Mythen - Dem Mythos zufolge wollte Theseus dem König Minos beweisen, dass er ebenbürtig sei, indem er den Ring, den Minos ins Meer geworfen hatte, unterstützt von Delphinen und mit Hilfe der Meeresgöttin Amphitrite zurückbrachte. © Jutta Schubert, Akademisches Kunstmuseum / Uni Bonn
Kleiner als ein Cent-Stück
Kleiner als ein Cent-Stück - Gemmen zeichnen sich auch durch detailreichste Arbeiten auf geringstem Raum aus. Hier wird der Gott Pan gezeigt. Zum Vergleich die Größen des heutigen Münzgeldes. © Jutta Schubert, Akademisches Kunstmuseum / Uni Bonn
Gemmen: in allen Lebenslagen hilfreich
Gemmen: in allen Lebenslagen hilfreich - Ein Amulett gegen Hüftschmerzen: Auf der Vorderseite ein gebeugter Mann mit Schneidemesser bei der Arbeit. Um die abgebildete Szene ist eine Schlange gelegt, ein sog. Ouroboros, der die ewige Wirksamkeit des Amuletts garantieren soll. © Jutta Schubert, Akademisches Kunstmuseum / Uni Bonn

Die Sonntagsführungen des Museums sind während der Laufzeit der Ausstellung fast durchgehend den Gemmen gewidmet. Ab 28. Januar, stets sonntags um 11.15 Uhr, entführen Studierende an zehn Terminen mit einem Vortrag, einer Führung oder beidem zu einem Fest der Schönheit. Zwei zusätzliche Führungen der Studierenden richten sich ausdrücklich an Kinder. Einige der Führungen sind auch individuell zu buchen. Die Themen der einzelnen Termine und weitere Informationen zur Ausstellung gibt’s auf der Website des Museums: https://www.iak.uni-bonn.de/de/museen/akademisches-kunstmuseum

Die Ausstellung „Eindrucksvoll winzig“ ist zu sehen im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn, Römerstraße 164, 53117 Bonn, in der Zeit vom 21. Januar 2024 bis 21. April 2024, immer dienstags bis freitags von 15.00 bis 17.00 Uhr und sonntags von 11.00 bis 18.00 Uhr.

Prof. Dr. Frank Rumscheid, Direktor
Akademisches Kunstmuseum der Universität Bonn
E-Mail: akmuseum@uni-bonn.de

 

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