Traditionell eröffnet die Universität Bonn an ihrem Gründungstag, dem 18. Oktober, das neue Akademische Jahr. Neben traditionellen Elementen wie dem feierlichen Einzug standen wissenschaftlich und musikalisch Erbauliches sowie ein Überblick und Ausblick zu den Zielen und Herausforderungen der Exzellenzuniversität auf dem Programm.
Solidarität mit Israel
Zu Beginn seiner Ausführungen ging Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch auf die aktuellen Krisen in der Welt ein: „Noch immer führt die Russische Föderation ihren völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und wir stehen heute unter dem Eindruck der Angriffe der Hamas auf Israel. Terror, der ganz bewusst und strategisch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung anwendet.“ Nach ihrer Grundordnung hat die Universität den Auftrag, ihren Beitrag zu einer friedlichen und demokratischen Welt zu leisten. Nicht zuletzt deshalb habe sie die Anschläge umgehend und öffentlich mit einer Stellungnahme auf das Schärfste verurteilt. Auch sei man telefonisch und schriftlich mit den zahlreichen Kontakten der Universität in Israel in Kontakt getreten, um Mitgefühl und Solidarität zu äußern. „Wir stehen gegen Antisemitismus, Terror, Hass, Gewalt und Krieg und für Frieden, Freiheit und Demokratie. Das ist wesentlicher Teil unseres Selbstverständnisses – heute und in Zukunft.“
Veranstaltungen mit Rekordbeteiligung
Prof. Hoch berichtete von vielen nach der Pandemie wieder möglichen und sehr gut besuchten Veranstaltungen. So nahmen vor zwei Wochen im Schloss und im Livestream mehrere Tausend Erstsemester am „Ersti-Welcome“ teil – mehr als je zuvor. Beim Universitätsfest Anfang Juli waren 1.700 Absolventinnen und Absolventen aus 70 Nationen vertreten – ein weiterer Rekord. Premiere hate tags drauf das neue Wissenschaftsfestivals, das trotz Hitze Tausende mit Präsentationen, „Wissenschaft zum Mitmachen“, und Einblicken in die Arbeit der TRAs, Exzellenzcluster und Prorektorate lockte.
In seiner Rede hob Prof. Hoch die Bedeutung von Neugier und Leidenschaft für die Wissenschaft hervor. Gleichzeitig sei Beharrlichkeit eine Schlüsselqualität für Forschende. Beispielhaft nannte er Katalin Karikó und Drew Weissmann, die für ihre Beiträge zur Entwicklung der mRNA-Biotechnologie den diesjährigen Medizin-Nobelpreis erhalten, eine Technologie, die neuartige Impfstoffe gegen das Coronavirus ermöglichte. Dabei war der Weg zur Anerkennung in der Fachwelt für die beiden steinig. „Es war letztlich das Durchhaltevermögen dieser beiden Forschenden, die trotz Wiederständen nicht aufgaben, und damit einen entscheidenden Weg hinaus aus der globalen Corona-Pandemie ebneten. Was für eine faszinierende Geschichte!“ sagte Prof. Hoch, der selbst Entwicklungsbiologe ist. Und er betonte die Bedeutung der Grundlagenforschung: „Fortschritt an Erkenntnis hängt eben nicht zwangsläufig von einer Zweckorientierung ab. Der praktische Nutzen neugewonnener Erkenntnisse ist oftmals zunächst überhaupt nicht erkennbar.“ Forschungsstarke Universitäten wie Bonn nähmen hierbei die zentrale Rolle im Wissenschaftssystem ein und würden dieser jeden Tag aufs Neue gerecht.
Der Rektor zählte zahlreiche Erfolge und Auszeichnungen der Universität Bonn und ihrer Mitglieder auf, darunter die Einwerbung von Drittmittel-Projekten, Top-Platzierungen in Rankings und Preise und Förderungen für herausragende Forschungsarbeiten. Prof. Hoch hob auch die Entwicklung des Innovationsparks Köln-Bonn der beiden benachbarten rheinischen Universitäten hervor – ein „Jahrhundertprojekt“ für die Wissenschaftsregion, wie Hoch betonte. „Das gemeinsame Ziel: Die Entwicklung einer Innovationslandschaft mit starken Partnern aus Wirtschaft und Industrie. Exzellente Wissenschaft, innovative Lehre, Transfer mit Start-ups und Neugründungen.“ Bei der Entwicklung seien die beiden Universitäten in den letzten Monaten mit Unterstützung der Landesregierung weit vorangekommen.
Große Fortschritte in der Exzellenzstrategie
Große Fortschritte habe die Universität auch in ihrer Exzellenzstrategie zu verzeichnen, etwa bei der Besetzung der Exzellenzprofessuren und der dynamischen Entwicklung der Fakultäten und Transdisziplinären Forschungsbereiche (TRAs). Die sechs Bonner Exzellenzcluster hätten sich 2023 erneut prächtig entwickelt und gute Aussichten, trotz harten Wettbewerbs weiterhin gefördert zu werden. Darüber hinaus seien Skizzen für neue Cluster eingereicht worden. Man sei sehr zuversichtlich, was die Aufforderung zum Einreichen von Vollanträgen im Februar 2024 angeht. Die Kooperation mit außeruniversitären Partnern wurde institutionalisiert und die internationale Vernetzung weiter vorangetrieben.
Auch in einem Herzensanliegen konnte Rektor Hoch einen beachtlichen Fortschritt vermelden: Das im Exzellenzantrag formulierte Ziel, bis zum Jahr 2026 einen Anteil von 30 Prozent weiblich besetzter Professuren zu erreichen, ist zum Greifen nahe: „Ich kann für den Stichtag 1. Oktober 2023 vermelden: 29,2 Prozent! Viele hielten dies für kaum möglich, kommen wir doch von 19,2 Prozent im Jahr 2018. Was für eine unglaubliche Entwicklung im Sinne der Chancengerechtigkeit und Diversität!“ „Wir sind ‚auf Kurs‘!“ resümierte Magnifizenz seinen Vortrag.
Studienfinanzierung bleibt die größte Sorge
Aus studentischer Sicht berichtete die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), Janna Reif. Die Missstände, mit denen Studierende zu kämpfen hätten, seien nicht neu, sagte sie. So gelte die größte Sorge nach wie vor der Finanzierung des Studiums. Gerade einmal elf Prozent der Studierenden erhielten BAFöG, das selbst im Höchstsatz nicht auskömmlich sei für ein Studium in Bonn. Die 200 Euro Einmalzahlung zur Kompensation der gestiegen Energiekosten seien schnell „verdampft“. Immerhin: An der Universität Bonn habe die Information dazu reibungslos und viel besser, als an anderen Universitäten funktioniert. Reif mahnte eine baldige Klärung der Frage an, was vor dem Hintergrund des Deutschlandtickets aus dem Semesterticket wird. Hier sei trotz „Zuständigkeits-Pingpong“ zwischen Verkehrsbetrieben und Politik noch immer keine Entscheidung gefallen. Der Hochschulleitung dankte Janna Reif ausdrücklich für ihre Unterstützung: „Das Rektorat räumt den studentischen Belangen stets eine hohe Priorität ein!“
Faszination der Wissenschaft
Carlotta Grünjes und Tristan Peña Hoffmann vom Campusradio bonnFM moderierten die Veranstaltung, in deren Rahmen auch eine Podiumsdiskussion zur Faszination von Wissenschaft stand. Dabei gingen sie mit Hightech auf Spurensuche in der Vergangenheit: Fünf Forschende aus unterschiedlichen Disziplinen der Universität erklärten ihre Arbeitsweise anhand von Forschungsobjekten, die sie mitgebracht hatten – vom Totenschädel bis zum virtuellen 3D-Modell der Krypta des Markusdoms in Venedig.
Die Prorektorin für Internationales, Prof. Dr. Birgit Ulrike Münch, stellte die acht anwesenden Bonn University Ambassadors vor, die wissenschaftlich und persönlich eng mit der Universität Bonn verbunden sind und sie in ihren jeweiligen Ländern in aller Welt vertreten. Diese machten mit ihren Statements deutlich, wie wichtig internationale Zusammenarbeit und Vernetzung für die Wissenschaft im Allgemeinen und für die Universität Bonn im Besonderen ist.
Für gute Stimmung sorgten der Jazzchor, der Internationale Chor, das Collegium musicum und das Ensemble Campus Brass des Forums Musik der Universität Bonn. Die Veranstaltung wurde in Gebärdensprache übersetzt und simultan ins Englische übertragen.
Weitere Informationen: https://www.uni-bonn.de/de/universitaet/unileben/veranstaltungen/eroeffnung-des-akademischen-jahres